Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

[Abbildung]
Die australischen Gewässer.


Vor hundert Jahren war Australien noch ein nahezu unbekanntes
Land; man wusste davon nicht viel mehr, als dass es ein aus-
gedehnter Continent mit sehr geringer Bevölkerung im Südosten
von Asien sei. Wie das Land in seiner Ausdehnung beschaffen
sei, was es in seinem Inneren berge, davon wusste kaum irgend
Jemand Näheres. Von den Holländern im XVI. Jahrhunderte als "Terra
australis" entdeckt, erhielt der Continent den Namen "Neuholland", die
grossen Inseln die Namen "Neuseeland" und "Vandiemensland" (jetzt
Tasmanien). Zur Besiedlung besass der wasserarme, menschenleere, in
seiner äusseren Physiognomie so sehr armselige Erdtheil für die Hol-
länder, welche ihre ganze colonisatorische Kraft der Sundasee zu-
wandten, keine Reize. Sie erhoben auch keine Einsprache, als Ende
des XVIII. Jahrhunderts die Engländer auf den Rath Cooks den Continent
zu besetzen begannen und Verbrechercolonien anlegten, indem sie durch
das System der Deportation die Gefängnisse zu ersparen hofften. Im
Jahre 1788 trafen die ersten Deportirten aus England in der Botany-
Bay ein.

Heute birgt Australien eine Reihe von Gemeinwesen, welche in
staatlicher, socialer und materieller Beziehung hoch entwickelt sind
und durchaus einen europäischen Eindruck machen. Die Urbevölkerung
ist fast ganz verschwunden; durch Einwanderung hat sich dagegen
eine neue Bevölkerung zumeist europäischer Herkunft entwickelt, deren
Kopfzahl auf mehr als drei Millionen veranschlagt werden kann.



[Abbildung]
Die australischen Gewässer.


Vor hundert Jahren war Australien noch ein nahezu unbekanntes
Land; man wusste davon nicht viel mehr, als dass es ein aus-
gedehnter Continent mit sehr geringer Bevölkerung im Südosten
von Asien sei. Wie das Land in seiner Ausdehnung beschaffen
sei, was es in seinem Inneren berge, davon wusste kaum irgend
Jemand Näheres. Von den Holländern im XVI. Jahrhunderte als „Terra
australis“ entdeckt, erhielt der Continent den Namen „Neuholland“, die
grossen Inseln die Namen „Neuseeland“ und „Vandiemensland“ (jetzt
Tasmanien). Zur Besiedlung besass der wasserarme, menschenleere, in
seiner äusseren Physiognomie so sehr armselige Erdtheil für die Hol-
länder, welche ihre ganze colonisatorische Kraft der Sundasee zu-
wandten, keine Reize. Sie erhoben auch keine Einsprache, als Ende
des XVIII. Jahrhunderts die Engländer auf den Rath Cooks den Continent
zu besetzen begannen und Verbrechercolonien anlegten, indem sie durch
das System der Deportation die Gefängnisse zu ersparen hofften. Im
Jahre 1788 trafen die ersten Deportirten aus England in der Botany-
Bay ein.

Heute birgt Australien eine Reihe von Gemeinwesen, welche in
staatlicher, socialer und materieller Beziehung hoch entwickelt sind
und durchaus einen europäischen Eindruck machen. Die Urbevölkerung
ist fast ganz verschwunden; durch Einwanderung hat sich dagegen
eine neue Bevölkerung zumeist europäischer Herkunft entwickelt, deren
Kopfzahl auf mehr als drei Millionen veranschlagt werden kann.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0765" n="[749]"/>
          <figure/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Die australischen Gewässer.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">V</hi>or hundert Jahren war Australien noch ein nahezu unbekanntes<lb/>
Land; man wusste davon nicht viel mehr, als dass es ein aus-<lb/>
gedehnter Continent mit sehr geringer Bevölkerung im Südosten<lb/>
von Asien sei. Wie das Land in seiner Ausdehnung beschaffen<lb/>
sei, was es in seinem Inneren berge, davon wusste kaum irgend<lb/>
Jemand Näheres. Von den Holländern im XVI. Jahrhunderte als &#x201E;Terra<lb/>
australis&#x201C; entdeckt, erhielt der Continent den Namen &#x201E;Neuholland&#x201C;, die<lb/>
grossen Inseln die Namen &#x201E;Neuseeland&#x201C; und &#x201E;Vandiemensland&#x201C; (jetzt<lb/>
Tasmanien). Zur Besiedlung besass der wasserarme, menschenleere, in<lb/>
seiner äusseren Physiognomie so sehr armselige Erdtheil für die Hol-<lb/>
länder, welche ihre ganze colonisatorische Kraft der Sundasee zu-<lb/>
wandten, keine Reize. Sie erhoben auch keine Einsprache, als Ende<lb/>
des XVIII. Jahrhunderts die Engländer auf den Rath Cooks den Continent<lb/>
zu besetzen begannen und Verbrechercolonien anlegten, indem sie durch<lb/>
das System der Deportation die Gefängnisse zu ersparen hofften. Im<lb/>
Jahre 1788 trafen die ersten Deportirten aus England in der Botany-<lb/>
Bay ein.</p><lb/>
        <p>Heute birgt Australien eine Reihe von Gemeinwesen, welche in<lb/>
staatlicher, socialer und materieller Beziehung hoch entwickelt sind<lb/>
und durchaus einen europäischen Eindruck machen. Die Urbevölkerung<lb/>
ist fast ganz verschwunden; durch Einwanderung hat sich dagegen<lb/>
eine neue Bevölkerung zumeist europäischer Herkunft entwickelt, deren<lb/>
Kopfzahl auf mehr als drei Millionen veranschlagt werden kann.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[749]/0765] [Abbildung] Die australischen Gewässer. Vor hundert Jahren war Australien noch ein nahezu unbekanntes Land; man wusste davon nicht viel mehr, als dass es ein aus- gedehnter Continent mit sehr geringer Bevölkerung im Südosten von Asien sei. Wie das Land in seiner Ausdehnung beschaffen sei, was es in seinem Inneren berge, davon wusste kaum irgend Jemand Näheres. Von den Holländern im XVI. Jahrhunderte als „Terra australis“ entdeckt, erhielt der Continent den Namen „Neuholland“, die grossen Inseln die Namen „Neuseeland“ und „Vandiemensland“ (jetzt Tasmanien). Zur Besiedlung besass der wasserarme, menschenleere, in seiner äusseren Physiognomie so sehr armselige Erdtheil für die Hol- länder, welche ihre ganze colonisatorische Kraft der Sundasee zu- wandten, keine Reize. Sie erhoben auch keine Einsprache, als Ende des XVIII. Jahrhunderts die Engländer auf den Rath Cooks den Continent zu besetzen begannen und Verbrechercolonien anlegten, indem sie durch das System der Deportation die Gefängnisse zu ersparen hofften. Im Jahre 1788 trafen die ersten Deportirten aus England in der Botany- Bay ein. Heute birgt Australien eine Reihe von Gemeinwesen, welche in staatlicher, socialer und materieller Beziehung hoch entwickelt sind und durchaus einen europäischen Eindruck machen. Die Urbevölkerung ist fast ganz verschwunden; durch Einwanderung hat sich dagegen eine neue Bevölkerung zumeist europäischer Herkunft entwickelt, deren Kopfzahl auf mehr als drei Millionen veranschlagt werden kann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/765
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [749]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/765>, abgerufen am 21.11.2024.