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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Freetown.

Auch die britische Colonie Sierra Leone verdankt ihr Ent-
stehen der Agitation englischer Philantropen (1787) zu Gunsten der
befreiten Neger. Ursprünglich Eigenthum der englisch-afrikanischen
Gesellschaft, welche damit ein Territorium erworben hatte, um be-
freite Sclaven anzusiedeln, wurde dasselbe schon im Jahre 1808 von
der Krone übernommen. Die Besiedelung des Landes, insoweit nicht
schon eine autochthone Bevölkerung vorhanden war, geschah durch
die verschiedenartigsten Elemente des schwarzen Stammes, je nach-
dem die Umstände solche als Erfolg der Jagd auf Sclavenschiffe
dahin schafften. Auch brachte man viele Maronneger -- Nachkömm-
linge der durch die Spanier nach Jamaica eingeführten und ihnen
daselbst entsprungenen Neger -- von der letztgenannten Insel dahin.
Diese Maronneger haben sich ziemlich rein erhalten und leben in der
neuen Heimat fast ganz für sich abgeschlossen, während aus den
übrigen Ansiedlern ein sehr buntes Gemisch entstand, welches Kenn-
zeichen aller in Afrika überhaupt vorkommenden Rassen an sich trägt.

Freetown (ursprünglich Granvilletown), auf einer Halbinsel,
ist der Mittelpunkt dieser Colonie. Der Ankerplatz ist gut und leicht
zu erreichen. Die Stadt, welche 1794 von einem französischen Ge-
schwader gänzlich zerstört, aber dann wieder aufgebaut worden ist,
liegt am linken Ufer des Rokelleflusses, amphitheatralisch von Bergen
umschlossen, deren reich bewässerte Abhänge im frischesten Grün
prangen und daher einen sehr hübschen Anblick gewähren. Sie
zeichnet sich gegenüber anderen ostafrikanischen Plätzen vortheilhaft
durch ihre stattliche Anlage und durch die mit besonderem Geschmacke
erbauten Häuser aus. Es gibt mehrere Kirchen, welche ebenso wie
das von einem Parke umgebene Palais des Gouverneurs, die Resi-
denz des Bischofs, zwei Missionen, das Postamt und die Markthalle
Erwähnung verdienen. Die Strassen der Stadt sind zwar nicht gepfla-
stert, aber breit und durchschneiden sich zumeist in senkrechter Rich-

Freetown.

Auch die britische Colonie Sierra Leone verdankt ihr Ent-
stehen der Agitation englischer Philantropen (1787) zu Gunsten der
befreiten Neger. Ursprünglich Eigenthum der englisch-afrikanischen
Gesellschaft, welche damit ein Territorium erworben hatte, um be-
freite Sclaven anzusiedeln, wurde dasselbe schon im Jahre 1808 von
der Krone übernommen. Die Besiedelung des Landes, insoweit nicht
schon eine autochthone Bevölkerung vorhanden war, geschah durch
die verschiedenartigsten Elemente des schwarzen Stammes, je nach-
dem die Umstände solche als Erfolg der Jagd auf Sclavenschiffe
dahin schafften. Auch brachte man viele Maronneger — Nachkömm-
linge der durch die Spanier nach Jamaica eingeführten und ihnen
daselbst entsprungenen Neger — von der letztgenannten Insel dahin.
Diese Maronneger haben sich ziemlich rein erhalten und leben in der
neuen Heimat fast ganz für sich abgeschlossen, während aus den
übrigen Ansiedlern ein sehr buntes Gemisch entstand, welches Kenn-
zeichen aller in Afrika überhaupt vorkommenden Rassen an sich trägt.

Freetown (ursprünglich Granvilletown), auf einer Halbinsel,
ist der Mittelpunkt dieser Colonie. Der Ankerplatz ist gut und leicht
zu erreichen. Die Stadt, welche 1794 von einem französischen Ge-
schwader gänzlich zerstört, aber dann wieder aufgebaut worden ist,
liegt am linken Ufer des Rokelleflusses, amphitheatralisch von Bergen
umschlossen, deren reich bewässerte Abhänge im frischesten Grün
prangen und daher einen sehr hübschen Anblick gewähren. Sie
zeichnet sich gegenüber anderen ostafrikanischen Plätzen vortheilhaft
durch ihre stattliche Anlage und durch die mit besonderem Geschmacke
erbauten Häuser aus. Es gibt mehrere Kirchen, welche ebenso wie
das von einem Parke umgebene Palais des Gouverneurs, die Resi-
denz des Bischofs, zwei Missionen, das Postamt und die Markthalle
Erwähnung verdienen. Die Strassen der Stadt sind zwar nicht gepfla-
stert, aber breit und durchschneiden sich zumeist in senkrechter Rich-

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[[718]/0734] Freetown. Auch die britische Colonie Sierra Leone verdankt ihr Ent- stehen der Agitation englischer Philantropen (1787) zu Gunsten der befreiten Neger. Ursprünglich Eigenthum der englisch-afrikanischen Gesellschaft, welche damit ein Territorium erworben hatte, um be- freite Sclaven anzusiedeln, wurde dasselbe schon im Jahre 1808 von der Krone übernommen. Die Besiedelung des Landes, insoweit nicht schon eine autochthone Bevölkerung vorhanden war, geschah durch die verschiedenartigsten Elemente des schwarzen Stammes, je nach- dem die Umstände solche als Erfolg der Jagd auf Sclavenschiffe dahin schafften. Auch brachte man viele Maronneger — Nachkömm- linge der durch die Spanier nach Jamaica eingeführten und ihnen daselbst entsprungenen Neger — von der letztgenannten Insel dahin. Diese Maronneger haben sich ziemlich rein erhalten und leben in der neuen Heimat fast ganz für sich abgeschlossen, während aus den übrigen Ansiedlern ein sehr buntes Gemisch entstand, welches Kenn- zeichen aller in Afrika überhaupt vorkommenden Rassen an sich trägt. Freetown (ursprünglich Granvilletown), auf einer Halbinsel, ist der Mittelpunkt dieser Colonie. Der Ankerplatz ist gut und leicht zu erreichen. Die Stadt, welche 1794 von einem französischen Ge- schwader gänzlich zerstört, aber dann wieder aufgebaut worden ist, liegt am linken Ufer des Rokelleflusses, amphitheatralisch von Bergen umschlossen, deren reich bewässerte Abhänge im frischesten Grün prangen und daher einen sehr hübschen Anblick gewähren. Sie zeichnet sich gegenüber anderen ostafrikanischen Plätzen vortheilhaft durch ihre stattliche Anlage und durch die mit besonderem Geschmacke erbauten Häuser aus. Es gibt mehrere Kirchen, welche ebenso wie das von einem Parke umgebene Palais des Gouverneurs, die Resi- denz des Bischofs, zwei Missionen, das Postamt und die Markthalle Erwähnung verdienen. Die Strassen der Stadt sind zwar nicht gepfla- stert, aber breit und durchschneiden sich zumeist in senkrechter Rich-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [718]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/734>, abgerufen am 21.11.2024.