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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Madras.

Zu den ältesten Plätzen englischen Besitzes in Indien gehört
Madras, das trotz seiner für den Seeverkehr ganz besonders un-
günstigen Lage dennoch im Laufe der Zeit die drittgrösste Stadt
Indiens und ein Verkehrscentrum von ansehnlicher Bedeutung ge-
worden ist. Allerdings war hiefür der Umstand massgebend, dass
Madras vor langer Zeit zur Hauptstadt einer Präsidentschaft erhoben
worden ist und durch diese wichtige politische Stellung auch der
commercielle Mittelpunkt der umliegenden Gebiete wurde.

Von Ceylon bis Orissa ist die Ostküste von Indien von der
Natur höchst stiefmütterlich bedacht; keine bedeutenderen Fluss-
mündungen, Einbuchtungen oder vorliegende Inseln finden sich hier
vor, kein einziger natürlicher oder durch seine Verhältnisse sicherer
Hafenplatz bietet sich den Schiffen, zu deren Schutz künstliche und
kostspielige Hafenbauten geschaffen werden mussten.

Die dringende Nothwendigkeit der letzteren für Madras wird durch
den oft beträchtlichen Seegang auf dessen offener Rhede und durch
die fast alljährlich ein- oder zweimal zur Zeit des Monsunwechsels
diese Küste berührenden Drehstürme klar dargelegt. Wie gefährlich
diese Stürme den vor Madras liegenden Schiffen werden können,
zeigt am besten ein Blick in die Statistik der bezüglichen Unglücks-
fälle. Am 3. October 1746, wenige Tage nach der Einnahme von
Madras durch de Labourdonnais gingen 3 französische Kriegsschiffe
mit 1200 Mann, 2 Prisen und 20 andere Schiffe durch einen Dreh-
sturm gänzlich verloren; am 20. October 1807 und am 2. Mai 1811
traten furchtbare und grossen Schaden verursachende Orkane auf;
bei letzterem gingen die Fregatte "Dover" und ein Handelsschiff
zu Grunde, 90 Küstenfahrer wurden von ihren Ankern gerissen.
Endlich war am 2. Mai 1872 bei einem ähnlichen Sturme der Verlust
von 9 europäischen Schiffen und 20 Küstenfahrern zu beklagen.

Wenngleich in den letzten Jahrzehnten Madras seinen künst-
lichen Hafen erhalten hat, so müssen doch auch noch heutzutage

Madras.

Zu den ältesten Plätzen englischen Besitzes in Indien gehört
Madras, das trotz seiner für den Seeverkehr ganz besonders un-
günstigen Lage dennoch im Laufe der Zeit die drittgrösste Stadt
Indiens und ein Verkehrscentrum von ansehnlicher Bedeutung ge-
worden ist. Allerdings war hiefür der Umstand massgebend, dass
Madras vor langer Zeit zur Hauptstadt einer Präsidentschaft erhoben
worden ist und durch diese wichtige politische Stellung auch der
commercielle Mittelpunkt der umliegenden Gebiete wurde.

Von Ceylon bis Orissa ist die Ostküste von Indien von der
Natur höchst stiefmütterlich bedacht; keine bedeutenderen Fluss-
mündungen, Einbuchtungen oder vorliegende Inseln finden sich hier
vor, kein einziger natürlicher oder durch seine Verhältnisse sicherer
Hafenplatz bietet sich den Schiffen, zu deren Schutz künstliche und
kostspielige Hafenbauten geschaffen werden mussten.

Die dringende Nothwendigkeit der letzteren für Madras wird durch
den oft beträchtlichen Seegang auf dessen offener Rhede und durch
die fast alljährlich ein- oder zweimal zur Zeit des Monsunwechsels
diese Küste berührenden Drehstürme klar dargelegt. Wie gefährlich
diese Stürme den vor Madras liegenden Schiffen werden können,
zeigt am besten ein Blick in die Statistik der bezüglichen Unglücks-
fälle. Am 3. October 1746, wenige Tage nach der Einnahme von
Madras durch de Labourdonnais gingen 3 französische Kriegsschiffe
mit 1200 Mann, 2 Prisen und 20 andere Schiffe durch einen Dreh-
sturm gänzlich verloren; am 20. October 1807 und am 2. Mai 1811
traten furchtbare und grossen Schaden verursachende Orkane auf;
bei letzterem gingen die Fregatte „Dover“ und ein Handelsschiff
zu Grunde, 90 Küstenfahrer wurden von ihren Ankern gerissen.
Endlich war am 2. Mai 1872 bei einem ähnlichen Sturme der Verlust
von 9 europäischen Schiffen und 20 Küstenfahrern zu beklagen.

Wenngleich in den letzten Jahrzehnten Madras seinen künst-
lichen Hafen erhalten hat, so müssen doch auch noch heutzutage

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[[564]/0580] Madras. Zu den ältesten Plätzen englischen Besitzes in Indien gehört Madras, das trotz seiner für den Seeverkehr ganz besonders un- günstigen Lage dennoch im Laufe der Zeit die drittgrösste Stadt Indiens und ein Verkehrscentrum von ansehnlicher Bedeutung ge- worden ist. Allerdings war hiefür der Umstand massgebend, dass Madras vor langer Zeit zur Hauptstadt einer Präsidentschaft erhoben worden ist und durch diese wichtige politische Stellung auch der commercielle Mittelpunkt der umliegenden Gebiete wurde. Von Ceylon bis Orissa ist die Ostküste von Indien von der Natur höchst stiefmütterlich bedacht; keine bedeutenderen Fluss- mündungen, Einbuchtungen oder vorliegende Inseln finden sich hier vor, kein einziger natürlicher oder durch seine Verhältnisse sicherer Hafenplatz bietet sich den Schiffen, zu deren Schutz künstliche und kostspielige Hafenbauten geschaffen werden mussten. Die dringende Nothwendigkeit der letzteren für Madras wird durch den oft beträchtlichen Seegang auf dessen offener Rhede und durch die fast alljährlich ein- oder zweimal zur Zeit des Monsunwechsels diese Küste berührenden Drehstürme klar dargelegt. Wie gefährlich diese Stürme den vor Madras liegenden Schiffen werden können, zeigt am besten ein Blick in die Statistik der bezüglichen Unglücks- fälle. Am 3. October 1746, wenige Tage nach der Einnahme von Madras durch de Labourdonnais gingen 3 französische Kriegsschiffe mit 1200 Mann, 2 Prisen und 20 andere Schiffe durch einen Dreh- sturm gänzlich verloren; am 20. October 1807 und am 2. Mai 1811 traten furchtbare und grossen Schaden verursachende Orkane auf; bei letzterem gingen die Fregatte „Dover“ und ein Handelsschiff zu Grunde, 90 Küstenfahrer wurden von ihren Ankern gerissen. Endlich war am 2. Mai 1872 bei einem ähnlichen Sturme der Verlust von 9 europäischen Schiffen und 20 Küstenfahrern zu beklagen. Wenngleich in den letzten Jahrzehnten Madras seinen künst- lichen Hafen erhalten hat, so müssen doch auch noch heutzutage

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [564]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/580>, abgerufen am 21.11.2024.