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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Verbrennung und Reduction.
processe hervorging. Die Kenntniss dieser Wärmemengen ist von
Wichtigkeit für das Verständniss und die richtige Beurtheilung metal-
lurgischer, insbesondere auch eisenhüttenmännischer Processe.

Reduction und Oxydation (Verbrennung) gehen gewöhnlich neben
einander her; zur Reduction eines Körpers wird ein anderer benutzt,
dessen Vereinigungsbestreben zum Sauerstoff (beziehentlich zum Schwefel
u. s. w.) grösser ist als das des ersten, so dass er diesem seinen
Sauerstoff u. s. w. entzieht, dabei selbst mit demselben sich chemisch
verbindend. Ist die Verbrennungswärme des reducirenden Körpers
grösser als diejenige des reducirten, so wird bei diesem Vorgange
Wärme gewonnen und es tritt Temperatursteigerung ein; im entgegen-
gesetzten Falle wird Wärme verbraucht und muss von aussen her, d. h.
aus einer besondern Wärmequelle, ersetzt werden, wenn nicht Abkühlung
eintreten soll, welche unter Umständen ein Aufhören des Reductions-
processes zur Folge haben kann.

Nur wenige Körper wirken bei gewöhnlicher Temperatur oxydirend
beziehentlich reducirend auf einander. Bei allen hüttenmännischen
Processen ist eine erhöhte Temperatur erforderlich, welche das Oxy-
dationsbestreben des als Reductionsmittel dienenden Körpers (seine Ver-
wandtschaft oder Affinität zum Sauerstoff u. s. w.) steigert; selbst-
verständlich wird aber durch diese Einwirkung der gesteigerten Tempe-
ratur überhaupt nur dann eine Reduction eintreten können, wenn nicht
auch die Verwandtschaft des anderen Körpers, welcher reducirt werden
soll, in dem gleichen Maasse zunimmt. Mit anderen Worten: Reduction
durch Einwirkung zweier Körper im erhitzten Zustande auf einander
ist die Folge einer durch die Erhitzung bewirkten einseitigen Steige-
rung der Verwandtschaft des als Reductionsmittel dienenden Körpers
zum Sauerstoff u. s. w.; unter Umständen auch einer durch die Er-
hitzung hervorgerufenen einseitigen Verringerung der Verwandtschaft
des aus einer Verbindung zu reducirenden Körpers. 1)

Diese Thatsache, so leicht verständlich sie auch ist, wird vielfach
bei dem Studium metallurgischer Processe unbeachtet gelassen, und
man erschwert sich dadurch nicht unwesentlich das Verständniss der-
selben. Es folgt aus jenen Beziehungen zwischen Temperatur und
chemischer Verwandtschaft, dass, wie die Praxis bestätigt, nicht allein
die Reductionstemperaturen für verschiedene Körper und auch bei An-
wendung verschiedener Reductionsmittel sehr verschieden sein können,
sondern dass auch Reductionsmittel, welche in dem einen Falle benutz-
bar sind, doch in anderen Fällen, d. h. bei anderen zu reducirenden
Körpern, oft vollständig wirkungslos bleiben, sofern es eben nicht gelingt,
ihre Verwandtschaft zum Sauerstoffe u. s. w. durch Erhitzung auf einen
höheren Grad als bei dem zu reducirenden Körper zu steigern. Von
diesen Umständen muss die Wahl des Reductionsmittels wie die Höhe
der anzuwendenden Temperatur abhängig sein.

Bei den Reductionsprocessen der Eisendarstellung werden fast

1) Es ist bekannt, dass manche Körper schon durch einfache Erhitzung ohne
Einwirkung eines zweiten Körpers zerlegt -- diessociirt -- werden. Je näher die
Temperatur diesem Dissociationspunkte rückt, desto geringer wird gewöhnlich die
Verwandtschaft der verbundenen Körper, desto leichter ist Reduction zu bewirken.

Verbrennung und Reduction.
processe hervorging. Die Kenntniss dieser Wärmemengen ist von
Wichtigkeit für das Verständniss und die richtige Beurtheilung metal-
lurgischer, insbesondere auch eisenhüttenmännischer Processe.

Reduction und Oxydation (Verbrennung) gehen gewöhnlich neben
einander her; zur Reduction eines Körpers wird ein anderer benutzt,
dessen Vereinigungsbestreben zum Sauerstoff (beziehentlich zum Schwefel
u. s. w.) grösser ist als das des ersten, so dass er diesem seinen
Sauerstoff u. s. w. entzieht, dabei selbst mit demselben sich chemisch
verbindend. Ist die Verbrennungswärme des reducirenden Körpers
grösser als diejenige des reducirten, so wird bei diesem Vorgange
Wärme gewonnen und es tritt Temperatursteigerung ein; im entgegen-
gesetzten Falle wird Wärme verbraucht und muss von aussen her, d. h.
aus einer besondern Wärmequelle, ersetzt werden, wenn nicht Abkühlung
eintreten soll, welche unter Umständen ein Aufhören des Reductions-
processes zur Folge haben kann.

Nur wenige Körper wirken bei gewöhnlicher Temperatur oxydirend
beziehentlich reducirend auf einander. Bei allen hüttenmännischen
Processen ist eine erhöhte Temperatur erforderlich, welche das Oxy-
dationsbestreben des als Reductionsmittel dienenden Körpers (seine Ver-
wandtschaft oder Affinität zum Sauerstoff u. s. w.) steigert; selbst-
verständlich wird aber durch diese Einwirkung der gesteigerten Tempe-
ratur überhaupt nur dann eine Reduction eintreten können, wenn nicht
auch die Verwandtschaft des anderen Körpers, welcher reducirt werden
soll, in dem gleichen Maasse zunimmt. Mit anderen Worten: Reduction
durch Einwirkung zweier Körper im erhitzten Zustande auf einander
ist die Folge einer durch die Erhitzung bewirkten einseitigen Steige-
rung der Verwandtschaft des als Reductionsmittel dienenden Körpers
zum Sauerstoff u. s. w.; unter Umständen auch einer durch die Er-
hitzung hervorgerufenen einseitigen Verringerung der Verwandtschaft
des aus einer Verbindung zu reducirenden Körpers. 1)

Diese Thatsache, so leicht verständlich sie auch ist, wird vielfach
bei dem Studium metallurgischer Processe unbeachtet gelassen, und
man erschwert sich dadurch nicht unwesentlich das Verständniss der-
selben. Es folgt aus jenen Beziehungen zwischen Temperatur und
chemischer Verwandtschaft, dass, wie die Praxis bestätigt, nicht allein
die Reductionstemperaturen für verschiedene Körper und auch bei An-
wendung verschiedener Reductionsmittel sehr verschieden sein können,
sondern dass auch Reductionsmittel, welche in dem einen Falle benutz-
bar sind, doch in anderen Fällen, d. h. bei anderen zu reducirenden
Körpern, oft vollständig wirkungslos bleiben, sofern es eben nicht gelingt,
ihre Verwandtschaft zum Sauerstoffe u. s. w. durch Erhitzung auf einen
höheren Grad als bei dem zu reducirenden Körper zu steigern. Von
diesen Umständen muss die Wahl des Reductionsmittels wie die Höhe
der anzuwendenden Temperatur abhängig sein.

Bei den Reductionsprocessen der Eisendarstellung werden fast

1) Es ist bekannt, dass manche Körper schon durch einfache Erhitzung ohne
Einwirkung eines zweiten Körpers zerlegt — diessociirt — werden. Je näher die
Temperatur diesem Dissociationspunkte rückt, desto geringer wird gewöhnlich die
Verwandtschaft der verbundenen Körper, desto leichter ist Reduction zu bewirken.
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[11/0039] Verbrennung und Reduction. processe hervorging. Die Kenntniss dieser Wärmemengen ist von Wichtigkeit für das Verständniss und die richtige Beurtheilung metal- lurgischer, insbesondere auch eisenhüttenmännischer Processe. Reduction und Oxydation (Verbrennung) gehen gewöhnlich neben einander her; zur Reduction eines Körpers wird ein anderer benutzt, dessen Vereinigungsbestreben zum Sauerstoff (beziehentlich zum Schwefel u. s. w.) grösser ist als das des ersten, so dass er diesem seinen Sauerstoff u. s. w. entzieht, dabei selbst mit demselben sich chemisch verbindend. Ist die Verbrennungswärme des reducirenden Körpers grösser als diejenige des reducirten, so wird bei diesem Vorgange Wärme gewonnen und es tritt Temperatursteigerung ein; im entgegen- gesetzten Falle wird Wärme verbraucht und muss von aussen her, d. h. aus einer besondern Wärmequelle, ersetzt werden, wenn nicht Abkühlung eintreten soll, welche unter Umständen ein Aufhören des Reductions- processes zur Folge haben kann. Nur wenige Körper wirken bei gewöhnlicher Temperatur oxydirend beziehentlich reducirend auf einander. Bei allen hüttenmännischen Processen ist eine erhöhte Temperatur erforderlich, welche das Oxy- dationsbestreben des als Reductionsmittel dienenden Körpers (seine Ver- wandtschaft oder Affinität zum Sauerstoff u. s. w.) steigert; selbst- verständlich wird aber durch diese Einwirkung der gesteigerten Tempe- ratur überhaupt nur dann eine Reduction eintreten können, wenn nicht auch die Verwandtschaft des anderen Körpers, welcher reducirt werden soll, in dem gleichen Maasse zunimmt. Mit anderen Worten: Reduction durch Einwirkung zweier Körper im erhitzten Zustande auf einander ist die Folge einer durch die Erhitzung bewirkten einseitigen Steige- rung der Verwandtschaft des als Reductionsmittel dienenden Körpers zum Sauerstoff u. s. w.; unter Umständen auch einer durch die Er- hitzung hervorgerufenen einseitigen Verringerung der Verwandtschaft des aus einer Verbindung zu reducirenden Körpers. 1) Diese Thatsache, so leicht verständlich sie auch ist, wird vielfach bei dem Studium metallurgischer Processe unbeachtet gelassen, und man erschwert sich dadurch nicht unwesentlich das Verständniss der- selben. Es folgt aus jenen Beziehungen zwischen Temperatur und chemischer Verwandtschaft, dass, wie die Praxis bestätigt, nicht allein die Reductionstemperaturen für verschiedene Körper und auch bei An- wendung verschiedener Reductionsmittel sehr verschieden sein können, sondern dass auch Reductionsmittel, welche in dem einen Falle benutz- bar sind, doch in anderen Fällen, d. h. bei anderen zu reducirenden Körpern, oft vollständig wirkungslos bleiben, sofern es eben nicht gelingt, ihre Verwandtschaft zum Sauerstoffe u. s. w. durch Erhitzung auf einen höheren Grad als bei dem zu reducirenden Körper zu steigern. Von diesen Umständen muss die Wahl des Reductionsmittels wie die Höhe der anzuwendenden Temperatur abhängig sein. Bei den Reductionsprocessen der Eisendarstellung werden fast 1) Es ist bekannt, dass manche Körper schon durch einfache Erhitzung ohne Einwirkung eines zweiten Körpers zerlegt — diessociirt — werden. Je näher die Temperatur diesem Dissociationspunkte rückt, desto geringer wird gewöhnlich die Verwandtschaft der verbundenen Körper, desto leichter ist Reduction zu bewirken.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/39>, abgerufen am 26.04.2024.