Einfluss. Russland ist keineswegs arm an Eisenerzen; Holz, welches im verkohlten Zustande vorläufig noch das vorzugsweise benutzte Material für den Hochofenbetrieb bildet, ist an manchen Orten noch im Ueberflusse vorhanden, Steinkohlenlager sind wenigstens in einigen Gegenden aufgeschlossen. Die ungeheueren Entfernungen aber zwischen einzelnen dieser Vorkommnisse und den Küstengebieten, wo natur- gemäss der lebhaftere Handel auch einen stärkeren Eisenverbrauch mit sich bringt, und der erforderliche Landtransport vertheuern in einer Weise das Eisen, dass trotz eines hohen Schutzzolles ausländisches Eisen oft billiger als einheimisches und an einen Export kaum zu denken ist.
Besonders reich an Eisenerzen ist der Ural. Mächtige Lager von Magneteisenerzen finden sich in den Regierungsbezirken Perm und Orenburg; der Ort Visokaja-Gora im Permer Bezirk liefert allein jähr- lich mehr als eine Million Tonnen vortrefflicher Magneteisenerze an verschiedene umliegende Eisenhütten. Auch Lager hochhaltiger Braun- eisenerze werden an verschiedenen Punkten des Ural abgebaut (Je- katharinenburg, Ir-Kiskan u. a. a. O.). Jüngere Brauneisenerze und Sphärosiderite, häufig phosphorhaltig, werden in den südlich von Moskau gelegenen Bezirken (Tula, Kaluga, Orlow, Tambow u. s. w.) sowie in Polen gewonnen; Rasenerze sind sehr verbreitet in verschiedenen Be- zirken; Eisenglanz findet sich am Tulmsee, 42 km vom Ladogasee ent- fernt, in der Nähe der Grenze Finnlands sowie im Süden Russlands bei Cherson.
Die abgetrennte Lage einzelner russischer Hochofenwerke, die Schwierigkeiten, mit denen eben infolge dieser Lage dieselben zu kämpfen haben, erklären es, dass auf einzelnen solcher Werke die Ein- richtungen noch im Wesentlichen die nämlichen sind als sie vor fünfzig Jahren auf deutschen, mit Holzkohlen betriebenen Werken angetroffen wurden. Andere günstiger gelegene Werke sind dagegen sowohl in der Construction der Hochöfen als in der Betriebsleitung mit der Zeit fortgeschritten, und einige besitzen Hochöfen neuester Construction (Nischnje-Saldinsk, Nischnje-Tagilsk).
Das Haupterzeugniss ist graues Roheisen, theils für die Giesserei zum unmittelbaren Gusse, theils auch für den Bessemerprocess be- stimmt: Spiegeleisen mit 10--12 Proc. Mangan wird aus Brauneisen- erzen von Visokaja-Gora auf dem Eisenwerke Jurjazan, Ferromangan wird in Tagilsk erzeugt.
Schweden.
Die eisenindustriellen Verhältnisse Schwedens besitzen mit den oben geschilderten Verhältnissen der österreichischen Alpenländer inso- fern eine gewisse Aehnlichkeit, als auch Schweden reich ist an vor- züglichen Eisenerzen, während mineralische Brennstoffe fast vollständig fehlen. Es kommt hinzu, dass der Besitz der ausgedehnten Erzlager oft ausserordentlich zersplittert ist, ein Umstand, der wieder die Aus- beutung derselben im grossartigen Maassstabe -- etwa unter Benutzung fremder Koks -- nicht wenig erschwert. Aus diesem Grunde ist Holz- kohle, unter Umständen in Gemeinschaft mit rohem Holze, das für den
37*
Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.
Einfluss. Russland ist keineswegs arm an Eisenerzen; Holz, welches im verkohlten Zustande vorläufig noch das vorzugsweise benutzte Material für den Hochofenbetrieb bildet, ist an manchen Orten noch im Ueberflusse vorhanden, Steinkohlenlager sind wenigstens in einigen Gegenden aufgeschlossen. Die ungeheueren Entfernungen aber zwischen einzelnen dieser Vorkommnisse und den Küstengebieten, wo natur- gemäss der lebhaftere Handel auch einen stärkeren Eisenverbrauch mit sich bringt, und der erforderliche Landtransport vertheuern in einer Weise das Eisen, dass trotz eines hohen Schutzzolles ausländisches Eisen oft billiger als einheimisches und an einen Export kaum zu denken ist.
Besonders reich an Eisenerzen ist der Ural. Mächtige Lager von Magneteisenerzen finden sich in den Regierungsbezirken Perm und Orenburg; der Ort Visokaja-Gora im Permer Bezirk liefert allein jähr- lich mehr als eine Million Tonnen vortrefflicher Magneteisenerze an verschiedene umliegende Eisenhütten. Auch Lager hochhaltiger Braun- eisenerze werden an verschiedenen Punkten des Ural abgebaut (Je- katharinenburg, Ir-Kiskan u. a. a. O.). Jüngere Brauneisenerze und Sphärosiderite, häufig phosphorhaltig, werden in den südlich von Moskau gelegenen Bezirken (Tula, Kaluga, Orlow, Tambow u. s. w.) sowie in Polen gewonnen; Rasenerze sind sehr verbreitet in verschiedenen Be- zirken; Eisenglanz findet sich am Tulmsee, 42 km vom Ladogasee ent- fernt, in der Nähe der Grenze Finnlands sowie im Süden Russlands bei Cherson.
Die abgetrennte Lage einzelner russischer Hochofenwerke, die Schwierigkeiten, mit denen eben infolge dieser Lage dieselben zu kämpfen haben, erklären es, dass auf einzelnen solcher Werke die Ein- richtungen noch im Wesentlichen die nämlichen sind als sie vor fünfzig Jahren auf deutschen, mit Holzkohlen betriebenen Werken angetroffen wurden. Andere günstiger gelegene Werke sind dagegen sowohl in der Construction der Hochöfen als in der Betriebsleitung mit der Zeit fortgeschritten, und einige besitzen Hochöfen neuester Construction (Nischnje-Saldinsk, Nischnje-Tagilsk).
Das Haupterzeugniss ist graues Roheisen, theils für die Giesserei zum unmittelbaren Gusse, theils auch für den Bessemerprocess be- stimmt: Spiegeleisen mit 10—12 Proc. Mangan wird aus Brauneisen- erzen von Visokaja-Gora auf dem Eisenwerke Jurjazan, Ferromangan wird in Tagilsk erzeugt.
Schweden.
Die eisenindustriellen Verhältnisse Schwedens besitzen mit den oben geschilderten Verhältnissen der österreichischen Alpenländer inso- fern eine gewisse Aehnlichkeit, als auch Schweden reich ist an vor- züglichen Eisenerzen, während mineralische Brennstoffe fast vollständig fehlen. Es kommt hinzu, dass der Besitz der ausgedehnten Erzlager oft ausserordentlich zersplittert ist, ein Umstand, der wieder die Aus- beutung derselben im grossartigen Maassstabe — etwa unter Benutzung fremder Koks — nicht wenig erschwert. Aus diesem Grunde ist Holz- kohle, unter Umständen in Gemeinschaft mit rohem Holze, das für den
37*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0639"n="579"/><fwplace="top"type="header">Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.</fw><lb/>
Einfluss. Russland ist keineswegs arm an Eisenerzen; Holz, welches<lb/>
im verkohlten Zustande vorläufig noch das vorzugsweise benutzte<lb/>
Material für den Hochofenbetrieb bildet, ist an manchen Orten noch<lb/>
im Ueberflusse vorhanden, Steinkohlenlager sind wenigstens in einigen<lb/>
Gegenden aufgeschlossen. Die ungeheueren Entfernungen aber zwischen<lb/>
einzelnen dieser Vorkommnisse und den Küstengebieten, wo natur-<lb/>
gemäss der lebhaftere Handel auch einen stärkeren Eisenverbrauch<lb/>
mit sich bringt, und der erforderliche Landtransport vertheuern in einer<lb/>
Weise das Eisen, dass trotz eines hohen Schutzzolles ausländisches<lb/>
Eisen oft billiger als einheimisches und an einen Export kaum zu<lb/>
denken ist.</p><lb/><p>Besonders reich an Eisenerzen ist der Ural. Mächtige Lager von<lb/>
Magneteisenerzen finden sich in den Regierungsbezirken Perm und<lb/>
Orenburg; der Ort Visokaja-Gora im Permer Bezirk liefert allein jähr-<lb/>
lich mehr als eine Million Tonnen vortrefflicher Magneteisenerze an<lb/>
verschiedene umliegende Eisenhütten. Auch Lager hochhaltiger Braun-<lb/>
eisenerze werden an verschiedenen Punkten des Ural abgebaut (Je-<lb/>
katharinenburg, Ir-Kiskan u. a. a. O.). Jüngere Brauneisenerze und<lb/>
Sphärosiderite, häufig phosphorhaltig, werden in den südlich von Moskau<lb/>
gelegenen Bezirken (Tula, Kaluga, Orlow, Tambow u. s. w.) sowie in<lb/>
Polen gewonnen; Rasenerze sind sehr verbreitet in verschiedenen Be-<lb/>
zirken; Eisenglanz findet sich am Tulmsee, 42 km vom Ladogasee ent-<lb/>
fernt, in der Nähe der Grenze Finnlands sowie im Süden Russlands<lb/>
bei Cherson.</p><lb/><p>Die abgetrennte Lage einzelner russischer Hochofenwerke, die<lb/>
Schwierigkeiten, mit denen eben infolge dieser Lage dieselben zu<lb/>
kämpfen haben, erklären es, dass auf einzelnen solcher Werke die Ein-<lb/>
richtungen noch im Wesentlichen die nämlichen sind als sie vor fünfzig<lb/>
Jahren auf deutschen, mit Holzkohlen betriebenen Werken angetroffen<lb/>
wurden. Andere günstiger gelegene Werke sind dagegen sowohl in<lb/>
der Construction der Hochöfen als in der Betriebsleitung mit der Zeit<lb/>
fortgeschritten, und einige besitzen Hochöfen neuester Construction<lb/>
(Nischnje-Saldinsk, Nischnje-Tagilsk).</p><lb/><p>Das Haupterzeugniss ist graues Roheisen, theils für die Giesserei<lb/>
zum unmittelbaren Gusse, theils auch für den Bessemerprocess be-<lb/>
stimmt: Spiegeleisen mit 10—12 Proc. Mangan wird aus Brauneisen-<lb/>
erzen von Visokaja-Gora auf dem Eisenwerke Jurjazan, Ferromangan<lb/>
wird in Tagilsk erzeugt.</p></div><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Schweden.</hi></head><lb/><p>Die eisenindustriellen Verhältnisse Schwedens besitzen mit den<lb/>
oben geschilderten Verhältnissen der österreichischen Alpenländer inso-<lb/>
fern eine gewisse Aehnlichkeit, als auch Schweden reich ist an vor-<lb/>
züglichen Eisenerzen, während mineralische Brennstoffe fast vollständig<lb/>
fehlen. Es kommt hinzu, dass der Besitz der ausgedehnten Erzlager<lb/>
oft ausserordentlich zersplittert ist, ein Umstand, der wieder die Aus-<lb/>
beutung derselben im grossartigen Maassstabe — etwa unter Benutzung<lb/>
fremder Koks — nicht wenig erschwert. Aus diesem Grunde ist Holz-<lb/>
kohle, unter Umständen in Gemeinschaft mit rohem Holze, das für den<lb/><fwplace="bottom"type="sig">37*</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[579/0639]
Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.
Einfluss. Russland ist keineswegs arm an Eisenerzen; Holz, welches
im verkohlten Zustande vorläufig noch das vorzugsweise benutzte
Material für den Hochofenbetrieb bildet, ist an manchen Orten noch
im Ueberflusse vorhanden, Steinkohlenlager sind wenigstens in einigen
Gegenden aufgeschlossen. Die ungeheueren Entfernungen aber zwischen
einzelnen dieser Vorkommnisse und den Küstengebieten, wo natur-
gemäss der lebhaftere Handel auch einen stärkeren Eisenverbrauch
mit sich bringt, und der erforderliche Landtransport vertheuern in einer
Weise das Eisen, dass trotz eines hohen Schutzzolles ausländisches
Eisen oft billiger als einheimisches und an einen Export kaum zu
denken ist.
Besonders reich an Eisenerzen ist der Ural. Mächtige Lager von
Magneteisenerzen finden sich in den Regierungsbezirken Perm und
Orenburg; der Ort Visokaja-Gora im Permer Bezirk liefert allein jähr-
lich mehr als eine Million Tonnen vortrefflicher Magneteisenerze an
verschiedene umliegende Eisenhütten. Auch Lager hochhaltiger Braun-
eisenerze werden an verschiedenen Punkten des Ural abgebaut (Je-
katharinenburg, Ir-Kiskan u. a. a. O.). Jüngere Brauneisenerze und
Sphärosiderite, häufig phosphorhaltig, werden in den südlich von Moskau
gelegenen Bezirken (Tula, Kaluga, Orlow, Tambow u. s. w.) sowie in
Polen gewonnen; Rasenerze sind sehr verbreitet in verschiedenen Be-
zirken; Eisenglanz findet sich am Tulmsee, 42 km vom Ladogasee ent-
fernt, in der Nähe der Grenze Finnlands sowie im Süden Russlands
bei Cherson.
Die abgetrennte Lage einzelner russischer Hochofenwerke, die
Schwierigkeiten, mit denen eben infolge dieser Lage dieselben zu
kämpfen haben, erklären es, dass auf einzelnen solcher Werke die Ein-
richtungen noch im Wesentlichen die nämlichen sind als sie vor fünfzig
Jahren auf deutschen, mit Holzkohlen betriebenen Werken angetroffen
wurden. Andere günstiger gelegene Werke sind dagegen sowohl in
der Construction der Hochöfen als in der Betriebsleitung mit der Zeit
fortgeschritten, und einige besitzen Hochöfen neuester Construction
(Nischnje-Saldinsk, Nischnje-Tagilsk).
Das Haupterzeugniss ist graues Roheisen, theils für die Giesserei
zum unmittelbaren Gusse, theils auch für den Bessemerprocess be-
stimmt: Spiegeleisen mit 10—12 Proc. Mangan wird aus Brauneisen-
erzen von Visokaja-Gora auf dem Eisenwerke Jurjazan, Ferromangan
wird in Tagilsk erzeugt.
Schweden.
Die eisenindustriellen Verhältnisse Schwedens besitzen mit den
oben geschilderten Verhältnissen der österreichischen Alpenländer inso-
fern eine gewisse Aehnlichkeit, als auch Schweden reich ist an vor-
züglichen Eisenerzen, während mineralische Brennstoffe fast vollständig
fehlen. Es kommt hinzu, dass der Besitz der ausgedehnten Erzlager
oft ausserordentlich zersplittert ist, ein Umstand, der wieder die Aus-
beutung derselben im grossartigen Maassstabe — etwa unter Benutzung
fremder Koks — nicht wenig erschwert. Aus diesem Grunde ist Holz-
kohle, unter Umständen in Gemeinschaft mit rohem Holze, das für den
37*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/639>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.