Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.
erzeugten Holzkohlenroheisens nach den übrigen Staaten voranzustehen
pflegt), Virginia, Kentucky, Missouri, New York; u. a. m.

Einige der grösseren Hochofenanlagen Nordamerikas wurden be-
reits in Früherem mehrfach erwähnt; für ein eingehenderes Studium
der nordamerikanischen Verhältnisse möge auf die unten gegebene
Literatur verwiesen werden.

Deutschland.

Nicht so leicht als den britischen Eisenhüttenleuten ist den deut-
schen die Lösung der Aufgabe gemacht, ihrer Industrie eine hervor-
ragende Stellung sowohl unter den verschiedenen Gewerbszweigen ihres
eigenen Landes als innerhalb der gesammten Eisenindustrie der Erde
zu sichern. Zwar besitzt Deutschland verschiedene wichtige Eisenerz-
lagerstätten; auch Steinkohlen treten in mitunter ausgedehnten Lagern
auf (Oberschlesien, Sachsen, Rheinland-Westfalen); beide Materialien
finden sich aber seltener als in Grossbritannien in unmittelbarer Nach-
barschaft, die Steinkohlen sind häufiger als dort aschenreich, und vor
allen Dingen vertheuert die geographische Beschaffenheit des Landes
weit mehr als dort die Verfrachtung sowohl der verschiedenen Materia-
lien zu einander als der Erzeugnisse nach den Absatzgebieten. Ist doch
die Wasserfracht von einem der Häfen Grossbritanniens nach der deut-
schen Küste und von hier auf einem der schiffbaren Ströme hinauf
bis zum Herzen Deutschlands, ja selbst bis nach Böhmen, oft kaum
bedeutender als die Eisenbahnfracht von einem deutschen Eisenwerke
nach derselben Stelle.

In den Vereinigten Staaten walten, wie schon erwähnt wurde,
ähnliche Verhältnisse ob; dort aber erleichtern die grössere Entfernung
von anderen eisenerzeugenden Ländern und ein höherer Schutzzoll
nicht unwesentlich den Kampf mit der Concurrenz des Auslandes.

Während daher die Eisenindustrie Grossbritanniens vornehmlich
durch ihre Grossartigkeit, die Eisenindustrie Nordamerikas durch die
oft kühne Ueberwindung technischer Schwierigkeiten und die rasche
Entfaltung innerhalb kurzer Zeiträume unser Interesse erweckt, lehrt
die deutsche Eisenindustrie vornehmlich, wie man im Stande ist, durch
thunlichste Vervollkommnung der Apparate, möglichst ausgedehnte Be-
nutzung aller auf Brennstoffersparung u. s. w. gerichteten Mittel, und
Leitung des Betriebes nach wissenschaftlichen, aber durch die Praxis
erprobten Grundsätzen auch unter äusseren ungünstigen Verhältnissen
noch mit Nutzen zu arbeiten.

Nicht darf hier verschwiegen werden, dass, wie schon aus dem
früher Gesagten zum grossen Theile hervorgeht, die deutschen Eisen-
hüttenleute eine grosse Zahl ihrer Einrichtungen, auch was den Hoch-
ofenbetrieb anbelangt, ursprünglich dem britischen Erfindungsgeiste und
der älteren britischen Eisenindustrie verdanken (Cylindergebläse, Be-
trieb mit Koks, Winderhitzung u. a.); aber diese Einrichtungen mussten
den oft abweichenden deutschen Betriebsverhältnissen angepasst werden
und wurden oft nicht unwesentlich verbessert (Langen'scher, von
Hoff's
cher, Buderus'scher Gasfang an Stelle des Parry'schen
Trichters, u. a. m.).

Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.
erzeugten Holzkohlenroheisens nach den übrigen Staaten voranzustehen
pflegt), Virginia, Kentucky, Missouri, New York; u. a. m.

Einige der grösseren Hochofenanlagen Nordamerikas wurden be-
reits in Früherem mehrfach erwähnt; für ein eingehenderes Studium
der nordamerikanischen Verhältnisse möge auf die unten gegebene
Literatur verwiesen werden.

Deutschland.

Nicht so leicht als den britischen Eisenhüttenleuten ist den deut-
schen die Lösung der Aufgabe gemacht, ihrer Industrie eine hervor-
ragende Stellung sowohl unter den verschiedenen Gewerbszweigen ihres
eigenen Landes als innerhalb der gesammten Eisenindustrie der Erde
zu sichern. Zwar besitzt Deutschland verschiedene wichtige Eisenerz-
lagerstätten; auch Steinkohlen treten in mitunter ausgedehnten Lagern
auf (Oberschlesien, Sachsen, Rheinland-Westfalen); beide Materialien
finden sich aber seltener als in Grossbritannien in unmittelbarer Nach-
barschaft, die Steinkohlen sind häufiger als dort aschenreich, und vor
allen Dingen vertheuert die geographische Beschaffenheit des Landes
weit mehr als dort die Verfrachtung sowohl der verschiedenen Materia-
lien zu einander als der Erzeugnisse nach den Absatzgebieten. Ist doch
die Wasserfracht von einem der Häfen Grossbritanniens nach der deut-
schen Küste und von hier auf einem der schiffbaren Ströme hinauf
bis zum Herzen Deutschlands, ja selbst bis nach Böhmen, oft kaum
bedeutender als die Eisenbahnfracht von einem deutschen Eisenwerke
nach derselben Stelle.

In den Vereinigten Staaten walten, wie schon erwähnt wurde,
ähnliche Verhältnisse ob; dort aber erleichtern die grössere Entfernung
von anderen eisenerzeugenden Ländern und ein höherer Schutzzoll
nicht unwesentlich den Kampf mit der Concurrenz des Auslandes.

Während daher die Eisenindustrie Grossbritanniens vornehmlich
durch ihre Grossartigkeit, die Eisenindustrie Nordamerikas durch die
oft kühne Ueberwindung technischer Schwierigkeiten und die rasche
Entfaltung innerhalb kurzer Zeiträume unser Interesse erweckt, lehrt
die deutsche Eisenindustrie vornehmlich, wie man im Stande ist, durch
thunlichste Vervollkommnung der Apparate, möglichst ausgedehnte Be-
nutzung aller auf Brennstoffersparung u. s. w. gerichteten Mittel, und
Leitung des Betriebes nach wissenschaftlichen, aber durch die Praxis
erprobten Grundsätzen auch unter äusseren ungünstigen Verhältnissen
noch mit Nutzen zu arbeiten.

Nicht darf hier verschwiegen werden, dass, wie schon aus dem
früher Gesagten zum grossen Theile hervorgeht, die deutschen Eisen-
hüttenleute eine grosse Zahl ihrer Einrichtungen, auch was den Hoch-
ofenbetrieb anbelangt, ursprünglich dem britischen Erfindungsgeiste und
der älteren britischen Eisenindustrie verdanken (Cylindergebläse, Be-
trieb mit Koks, Winderhitzung u. a.); aber diese Einrichtungen mussten
den oft abweichenden deutschen Betriebsverhältnissen angepasst werden
und wurden oft nicht unwesentlich verbessert (Langen’scher, von
Hoff’s
cher, Buderus’scher Gasfang an Stelle des Parry’schen
Trichters, u. a. m.).

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0631" n="571"/><fw place="top" type="header">Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern.</fw><lb/>
erzeugten Holzkohlenroheisens nach den übrigen Staaten voranzustehen<lb/>
pflegt), Virginia, Kentucky, Missouri, New York; u. a. m.</p><lb/>
              <p>Einige der grösseren Hochofenanlagen Nordamerikas wurden be-<lb/>
reits in Früherem mehrfach erwähnt; für ein eingehenderes Studium<lb/>
der nordamerikanischen Verhältnisse möge auf die unten gegebene<lb/>
Literatur verwiesen werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Deutschland.</hi> </head><lb/>
              <p>Nicht so leicht als den britischen Eisenhüttenleuten ist den deut-<lb/>
schen die Lösung der Aufgabe gemacht, ihrer Industrie eine hervor-<lb/>
ragende Stellung sowohl unter den verschiedenen Gewerbszweigen ihres<lb/>
eigenen Landes als innerhalb der gesammten Eisenindustrie der Erde<lb/>
zu sichern. Zwar besitzt Deutschland verschiedene wichtige Eisenerz-<lb/>
lagerstätten; auch Steinkohlen treten in mitunter ausgedehnten Lagern<lb/>
auf (Oberschlesien, Sachsen, Rheinland-Westfalen); beide Materialien<lb/>
finden sich aber seltener als in Grossbritannien in unmittelbarer Nach-<lb/>
barschaft, die Steinkohlen sind häufiger als dort aschenreich, und vor<lb/>
allen Dingen vertheuert die geographische Beschaffenheit des Landes<lb/>
weit mehr als dort die Verfrachtung sowohl der verschiedenen Materia-<lb/>
lien zu einander als der Erzeugnisse nach den Absatzgebieten. Ist doch<lb/>
die Wasserfracht von einem der Häfen Grossbritanniens nach der deut-<lb/>
schen Küste und von hier auf einem der schiffbaren Ströme hinauf<lb/>
bis zum Herzen Deutschlands, ja selbst bis nach Böhmen, oft kaum<lb/>
bedeutender als die Eisenbahnfracht von einem deutschen Eisenwerke<lb/>
nach derselben Stelle.</p><lb/>
              <p>In den Vereinigten Staaten walten, wie schon erwähnt wurde,<lb/>
ähnliche Verhältnisse ob; dort aber erleichtern die grössere Entfernung<lb/>
von anderen eisenerzeugenden Ländern und ein höherer Schutzzoll<lb/>
nicht unwesentlich den Kampf mit der Concurrenz des Auslandes.</p><lb/>
              <p>Während daher die Eisenindustrie Grossbritanniens vornehmlich<lb/>
durch ihre Grossartigkeit, die Eisenindustrie Nordamerikas durch die<lb/>
oft kühne Ueberwindung technischer Schwierigkeiten und die rasche<lb/>
Entfaltung innerhalb kurzer Zeiträume unser Interesse erweckt, lehrt<lb/>
die deutsche Eisenindustrie vornehmlich, wie man im Stande ist, durch<lb/>
thunlichste Vervollkommnung der Apparate, möglichst ausgedehnte Be-<lb/>
nutzung aller auf Brennstoffersparung u. s. w. gerichteten Mittel, und<lb/>
Leitung des Betriebes nach wissenschaftlichen, aber durch die Praxis<lb/>
erprobten Grundsätzen auch unter äusseren ungünstigen Verhältnissen<lb/>
noch mit Nutzen zu arbeiten.</p><lb/>
              <p>Nicht darf hier verschwiegen werden, dass, wie schon aus dem<lb/>
früher Gesagten zum grossen Theile hervorgeht, die deutschen Eisen-<lb/>
hüttenleute eine grosse Zahl ihrer Einrichtungen, auch was den Hoch-<lb/>
ofenbetrieb anbelangt, ursprünglich dem britischen Erfindungsgeiste und<lb/>
der älteren britischen Eisenindustrie verdanken (Cylindergebläse, Be-<lb/>
trieb mit Koks, Winderhitzung u. a.); aber diese Einrichtungen mussten<lb/>
den oft abweichenden deutschen Betriebsverhältnissen angepasst werden<lb/>
und wurden oft nicht unwesentlich verbessert (<hi rendition="#g">Langen&#x2019;s</hi>cher, <hi rendition="#g">von<lb/>
Hoff&#x2019;s</hi>cher, <hi rendition="#g">Buderus&#x2019;s</hi>cher Gasfang an Stelle des <hi rendition="#g">Parry&#x2019;s</hi>chen<lb/>
Trichters, u. a. m.).</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[571/0631] Der Hochofenbetrieb in verschiedenen Ländern. erzeugten Holzkohlenroheisens nach den übrigen Staaten voranzustehen pflegt), Virginia, Kentucky, Missouri, New York; u. a. m. Einige der grösseren Hochofenanlagen Nordamerikas wurden be- reits in Früherem mehrfach erwähnt; für ein eingehenderes Studium der nordamerikanischen Verhältnisse möge auf die unten gegebene Literatur verwiesen werden. Deutschland. Nicht so leicht als den britischen Eisenhüttenleuten ist den deut- schen die Lösung der Aufgabe gemacht, ihrer Industrie eine hervor- ragende Stellung sowohl unter den verschiedenen Gewerbszweigen ihres eigenen Landes als innerhalb der gesammten Eisenindustrie der Erde zu sichern. Zwar besitzt Deutschland verschiedene wichtige Eisenerz- lagerstätten; auch Steinkohlen treten in mitunter ausgedehnten Lagern auf (Oberschlesien, Sachsen, Rheinland-Westfalen); beide Materialien finden sich aber seltener als in Grossbritannien in unmittelbarer Nach- barschaft, die Steinkohlen sind häufiger als dort aschenreich, und vor allen Dingen vertheuert die geographische Beschaffenheit des Landes weit mehr als dort die Verfrachtung sowohl der verschiedenen Materia- lien zu einander als der Erzeugnisse nach den Absatzgebieten. Ist doch die Wasserfracht von einem der Häfen Grossbritanniens nach der deut- schen Küste und von hier auf einem der schiffbaren Ströme hinauf bis zum Herzen Deutschlands, ja selbst bis nach Böhmen, oft kaum bedeutender als die Eisenbahnfracht von einem deutschen Eisenwerke nach derselben Stelle. In den Vereinigten Staaten walten, wie schon erwähnt wurde, ähnliche Verhältnisse ob; dort aber erleichtern die grössere Entfernung von anderen eisenerzeugenden Ländern und ein höherer Schutzzoll nicht unwesentlich den Kampf mit der Concurrenz des Auslandes. Während daher die Eisenindustrie Grossbritanniens vornehmlich durch ihre Grossartigkeit, die Eisenindustrie Nordamerikas durch die oft kühne Ueberwindung technischer Schwierigkeiten und die rasche Entfaltung innerhalb kurzer Zeiträume unser Interesse erweckt, lehrt die deutsche Eisenindustrie vornehmlich, wie man im Stande ist, durch thunlichste Vervollkommnung der Apparate, möglichst ausgedehnte Be- nutzung aller auf Brennstoffersparung u. s. w. gerichteten Mittel, und Leitung des Betriebes nach wissenschaftlichen, aber durch die Praxis erprobten Grundsätzen auch unter äusseren ungünstigen Verhältnissen noch mit Nutzen zu arbeiten. Nicht darf hier verschwiegen werden, dass, wie schon aus dem früher Gesagten zum grossen Theile hervorgeht, die deutschen Eisen- hüttenleute eine grosse Zahl ihrer Einrichtungen, auch was den Hoch- ofenbetrieb anbelangt, ursprünglich dem britischen Erfindungsgeiste und der älteren britischen Eisenindustrie verdanken (Cylindergebläse, Be- trieb mit Koks, Winderhitzung u. a.); aber diese Einrichtungen mussten den oft abweichenden deutschen Betriebsverhältnissen angepasst werden und wurden oft nicht unwesentlich verbessert (Langen’scher, von Hoff’scher, Buderus’scher Gasfang an Stelle des Parry’schen Trichters, u. a. m.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/631
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/631>, abgerufen am 22.12.2024.