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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Flusseisens.

Die geringe Menge des freien Sauerstoffes lässt auf eine hohe
Anfangstemperatur schliessen, welche auch wegen des geringen Silicium-
gehaltes des verarbeiteten Roheisens erforderlich gewesen sein wird. Nach
2 -- 33/4 Minuten wird dieselbe ihren höchsten Stand erreicht haben,
um dann wieder abzunehmen. Es beträgt nämlich nach 23/4 -- 31/4
Minuten die Menge des zugeführten Sauerstoffes:

durch 64.39 Raumtheile Stickstoff [Formel 2] 26.5     17.06 Raumthle.
" 1.68 " Wasserstoff     0.84 "
17.90 Raumthle.

Die Gase enthielten:

freien Sauerstoff     0.12
in 4.87 Raumtheilen Kohlensäure     4.87
in 28.94 " Kohlenoxyd     14.47
19.46 "

Die Gase enthielten mehr Sauerstoff als durch den Gebläsewind
zugeführt wurde; d. h. also: ein Theil des in den ersten 2 Minuten
oxydirten Eisens wurde jetzt wieder durch den Kohlenstoffgehalt redu-
cirt, nachdem durch die Verbrennung des anwesenden Siliciumgehaltes
die Temperatur des Eisenbades um etwa 250 Grade gesteigert worden
war. 1) In dem Abschnitte des Processes gegen Beendigung desselben,
wo die zweite Gasprobe genommen wurde, ergiebt dagegen eine gleicher-
weise wie oben angestellte Rechnung, dass die Gase weniger Sauerstoff
enthielten, als dem Bade zugeführt wurde; der Kohlenstoff war seiner
grössten Menge nach verbrannt (das fertige Eisen enthielt nur 0.06 Proc.),
die Temperatur gesunken; jetzt wurde wieder Eisen oxydirt und ver-
schlackt. In der That ergab die Analyse der Endschlacke bei Ver-
arbeitung dieses Einsatzes den hohen Eisenoxydulgehalt von 33.44 Proc.
neben 18.28 Proc. Mangan, 45.04 Proc. Kieselsäure, 2.46 Proc. Thonerde
und Kalk.

Hinsichtlich der übrigen von Tamm auf den genannten Eisen-
werken ausgeführten Untersuchungen möge auf die betreffende Abhand-
lung selbst verwiesen werden. Vorstehende Mittheilungen werden aus-
reichend sein, die Beziehungen zwischen der Zusammensetzung der
Gase und dem Verlaufe des Processes zu erörtern.

Die Erzeugnisse.

Unter allen Flusseisensorten ist das Bessemer- und Thomas-
eisen
dasjenige, welches durchschnittlich am reichsten ist an ein-
geschlossenen Gasen und deshalb auch am schwierigsten dichte Güsse
liefert. Die Eigenthümlichkeiten des Herstellungsverfahrens, die ununter-
brochene Einwirkung stark gepressten, niemals wasserfreien, Windes
auf das flüssige Eisen erklären zur Genüge diese Thatsache. Daher
ist auch die Benutzung dieses Eisens zur Herstellung von Gebrauchs-
gegenständen in Formguss schwieriger als bei dem Martin- und Tiegel-
gussstahlprocesse, und nur sehr ausnahmsweise hat man das Erzeugniss
der Bessemerbirne für diesen Zweck verwendet.

1) S. 883.
Die Darstellung des Flusseisens.

Die geringe Menge des freien Sauerstoffes lässt auf eine hohe
Anfangstemperatur schliessen, welche auch wegen des geringen Silicium-
gehaltes des verarbeiteten Roheisens erforderlich gewesen sein wird. Nach
2 — 3¾ Minuten wird dieselbe ihren höchsten Stand erreicht haben,
um dann wieder abzunehmen. Es beträgt nämlich nach 2¾ — 3¼
Minuten die Menge des zugeführten Sauerstoffes:

durch 64.39 Raumtheile Stickstoff [Formel 2] 26.5     17.06 Raumthle.
„ 1.68 „ Wasserstoff     0.84 „
17.90 Raumthle.

Die Gase enthielten:

freien Sauerstoff     0.12
in 4.87 Raumtheilen Kohlensäure     4.87
in 28.94 „ Kohlenoxyd     14.47
19.46 „

Die Gase enthielten mehr Sauerstoff als durch den Gebläsewind
zugeführt wurde; d. h. also: ein Theil des in den ersten 2 Minuten
oxydirten Eisens wurde jetzt wieder durch den Kohlenstoffgehalt redu-
cirt, nachdem durch die Verbrennung des anwesenden Siliciumgehaltes
die Temperatur des Eisenbades um etwa 250 Grade gesteigert worden
war. 1) In dem Abschnitte des Processes gegen Beendigung desselben,
wo die zweite Gasprobe genommen wurde, ergiebt dagegen eine gleicher-
weise wie oben angestellte Rechnung, dass die Gase weniger Sauerstoff
enthielten, als dem Bade zugeführt wurde; der Kohlenstoff war seiner
grössten Menge nach verbrannt (das fertige Eisen enthielt nur 0.06 Proc.),
die Temperatur gesunken; jetzt wurde wieder Eisen oxydirt und ver-
schlackt. In der That ergab die Analyse der Endschlacke bei Ver-
arbeitung dieses Einsatzes den hohen Eisenoxydulgehalt von 33.44 Proc.
neben 18.28 Proc. Mangan, 45.04 Proc. Kieselsäure, 2.46 Proc. Thonerde
und Kalk.

Hinsichtlich der übrigen von Tamm auf den genannten Eisen-
werken ausgeführten Untersuchungen möge auf die betreffende Abhand-
lung selbst verwiesen werden. Vorstehende Mittheilungen werden aus-
reichend sein, die Beziehungen zwischen der Zusammensetzung der
Gase und dem Verlaufe des Processes zu erörtern.

Die Erzeugnisse.

Unter allen Flusseisensorten ist das Bessemer- und Thomas-
eisen
dasjenige, welches durchschnittlich am reichsten ist an ein-
geschlossenen Gasen und deshalb auch am schwierigsten dichte Güsse
liefert. Die Eigenthümlichkeiten des Herstellungsverfahrens, die ununter-
brochene Einwirkung stark gepressten, niemals wasserfreien, Windes
auf das flüssige Eisen erklären zur Genüge diese Thatsache. Daher
ist auch die Benutzung dieses Eisens zur Herstellung von Gebrauchs-
gegenständen in Formguss schwieriger als bei dem Martin- und Tiegel-
gussstahlprocesse, und nur sehr ausnahmsweise hat man das Erzeugniss
der Bessemerbirne für diesen Zweck verwendet.

1) S. 883.
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[928/1016] Die Darstellung des Flusseisens. Die geringe Menge des freien Sauerstoffes lässt auf eine hohe Anfangstemperatur schliessen, welche auch wegen des geringen Silicium- gehaltes des verarbeiteten Roheisens erforderlich gewesen sein wird. Nach 2[FORMEL] — 3¾ Minuten wird dieselbe ihren höchsten Stand erreicht haben, um dann wieder abzunehmen. Es beträgt nämlich nach 2¾ — 3¼ Minuten die Menge des zugeführten Sauerstoffes: durch 64.39 Raumtheile Stickstoff [FORMEL] 26.5 17.06 Raumthle. „ 1.68 „ Wasserstoff 0.84 „ 17.90 Raumthle. Die Gase enthielten: freien Sauerstoff 0.12 in 4.87 Raumtheilen Kohlensäure 4.87 in 28.94 „ Kohlenoxyd 14.47 19.46 „ Die Gase enthielten mehr Sauerstoff als durch den Gebläsewind zugeführt wurde; d. h. also: ein Theil des in den ersten 2 Minuten oxydirten Eisens wurde jetzt wieder durch den Kohlenstoffgehalt redu- cirt, nachdem durch die Verbrennung des anwesenden Siliciumgehaltes die Temperatur des Eisenbades um etwa 250 Grade gesteigert worden war. 1) In dem Abschnitte des Processes gegen Beendigung desselben, wo die zweite Gasprobe genommen wurde, ergiebt dagegen eine gleicher- weise wie oben angestellte Rechnung, dass die Gase weniger Sauerstoff enthielten, als dem Bade zugeführt wurde; der Kohlenstoff war seiner grössten Menge nach verbrannt (das fertige Eisen enthielt nur 0.06 Proc.), die Temperatur gesunken; jetzt wurde wieder Eisen oxydirt und ver- schlackt. In der That ergab die Analyse der Endschlacke bei Ver- arbeitung dieses Einsatzes den hohen Eisenoxydulgehalt von 33.44 Proc. neben 18.28 Proc. Mangan, 45.04 Proc. Kieselsäure, 2.46 Proc. Thonerde und Kalk. Hinsichtlich der übrigen von Tamm auf den genannten Eisen- werken ausgeführten Untersuchungen möge auf die betreffende Abhand- lung selbst verwiesen werden. Vorstehende Mittheilungen werden aus- reichend sein, die Beziehungen zwischen der Zusammensetzung der Gase und dem Verlaufe des Processes zu erörtern. Die Erzeugnisse. Unter allen Flusseisensorten ist das Bessemer- und Thomas- eisen dasjenige, welches durchschnittlich am reichsten ist an ein- geschlossenen Gasen und deshalb auch am schwierigsten dichte Güsse liefert. Die Eigenthümlichkeiten des Herstellungsverfahrens, die ununter- brochene Einwirkung stark gepressten, niemals wasserfreien, Windes auf das flüssige Eisen erklären zur Genüge diese Thatsache. Daher ist auch die Benutzung dieses Eisens zur Herstellung von Gebrauchs- gegenständen in Formguss schwieriger als bei dem Martin- und Tiegel- gussstahlprocesse, und nur sehr ausnahmsweise hat man das Erzeugniss der Bessemerbirne für diesen Zweck verwendet. 1) S. 883.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 928. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1016>, abgerufen am 21.11.2024.