Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.VII. Abschnitt. III. Fragment. Beylage H. 1. Des IV Ban-des XXXIII. Tafel. Cosm. Medizes. J. Lipsius. Die Stirn an Cosmus Medizes ist nicht charakteristisch genug gezeichnet. Aber Man bemerke sich in diesem Gesichte besonders den seltsamen Umriß der Augen unter dieser Man bemerke sich die abermals an sich allein für überwindende Kraft entscheidende Nase. 2. Lipsius, wie er hier erscheint, wie ganz anders als der Vandykische, nach welchem der Jm Bogen der Augenbraune liegt ein wesentlich verschiedener Ausdruck von dem Vandyki- Das Auge ist hell und scharfsehend; schnell und ganz auffassend; die Nase, obgleich ver- Das Ganze hell, kalt, feurig. Kann nicht warm lieben, aber heftig verfolgen. Cosmus Nase, verglichen mit Lipsius, wird erstaunlich viel aufschließen. Die Lip- Das Vandykische Porträt von Lipsius hat was scheues, gespanntes, hasenfüßiges. Es Beylage
VII. Abſchnitt. III. Fragment. Beylage H. 1. Des IV Ban-des XXXIII. Tafel. Cosm. Medizes. J. Lipſius. Die Stirn an Cosmus Medizes iſt nicht charakteriſtiſch genug gezeichnet. Aber Man bemerke ſich in dieſem Geſichte beſonders den ſeltſamen Umriß der Augen unter dieſer Man bemerke ſich die abermals an ſich allein fuͤr uͤberwindende Kraft entſcheidende Naſe. 2. Lipſius, wie er hier erſcheint, wie ganz anders als der Vandykiſche, nach welchem der Jm Bogen der Augenbraune liegt ein weſentlich verſchiedener Ausdruck von dem Vandyki- Das Auge iſt hell und ſcharfſehend; ſchnell und ganz auffaſſend; die Naſe, obgleich ver- Das Ganze hell, kalt, feurig. Kann nicht warm lieben, aber heftig verfolgen. Cosmus Naſe, verglichen mit Lipſius, wird erſtaunlich viel aufſchließen. Die Lip- Das Vandykiſche Portraͤt von Lipſius hat was ſcheues, geſpanntes, haſenfuͤßiges. Es Beylage
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VII. Abſchnitt. III. Fragment.
Beylage H.
1.
Die Stirn an Cosmus Medizes iſt nicht charakteriſtiſch genug gezeichnet. Aber
alles uͤbrige ſpricht von Drang und großer That. So ein Kopf kann aufhoͤren zu ath-
men, aber ſo lange er athmet, kaum aufhoͤren groß zu handeln.
Man bemerke ſich in dieſem Geſichte beſonders den ſeltſamen Umriß der Augen unter dieſer
ſo tief gegen die Naſe herabſinkenden Augenbraune.
Man bemerke ſich die abermals an ſich allein fuͤr uͤberwindende Kraft entſcheidende Naſe.
Vor allen Dingen aber bemerke man ſich den aͤußerſt ſeltenen und aͤußerſt bedeutenden Mund. Die-
ſe Schweifung! dieſe ruhige Geſchloſſenheit! dieſe Oberlippe vorzuͤglich — welche kraftvolle Weis-
heit und Klugheit in allen Zuͤgen, beſonders im Munde! O mit zween Menſchen dieſes Mundes,
was waͤre da nicht auszurichten?
2.
Lipſius, wie er hier erſcheint, wie ganz anders als der Vandykiſche, nach welchem der
im deutſchen Merkur wohl kopiert iſt! der, ſo wir vor uns haben, iſt voll Groͤße, ohne Groß-
heit der Hauptform.
Jm Bogen der Augenbraune liegt ein weſentlich verſchiedener Ausdruck von dem Vandyki-
ſchen. Hier liegt wahre Groͤße, die keiner der Koͤrperlichkeiten und Kleinheiten faͤhig iſt, die man
von Lipſius erzaͤhlt.
Das Auge iſt hell und ſcharfſehend; ſchnell und ganz auffaſſend; die Naſe, obgleich ver-
zeichnet, iſt fein und treu.
Das Ganze hell, kalt, feurig. Kann nicht warm lieben, aber heftig verfolgen.
Cosmus Naſe, verglichen mit Lipſius, wird erſtaunlich viel aufſchließen. Die Lip-
ſiusſche hat den Charakter des erleſenden, ausarbeitenden Fleißes. Die Cosmiſche ſchneller, großer,
kuͤhner, kluger That.
Das Vandykiſche Portraͤt von Lipſius hat was ſcheues, geſpanntes, haſenfuͤßiges. Es
druͤckt aber das ungeheure Gedaͤchtniß beſſer aus.
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