24) Mit kurzen, runzlichten, knotigten, irregulären, auf der einen Seite eingedrückten, ausgekerbten Stirnen -- die sich immer anders falten -- mache keine vertraute Freundschaft.
25) Sey nie verzagt, so lange ein Mensch, ein Freund, ein Feind, ein Kind, ein Bru- der -- ja sogar ein Verbrecher noch eine gute, wohl proportionirte, offne Stirne hat. Es ist gewiß allemal noch vieles mit ihm anzufangen, und vieles von ihm zu hoffen.
Nähere und mehrere Bestimmungen versparen wir auf die physiognomischen Linien.
Zweytes Fragment. Beylage A. Stirnmaaß.
Je genauer sich die Umrisse des menschlichen Kopfes bestimmen lassen, desto wissenschaftlicher und sicherer wird die Physiognomik.
Täglich fühlte ich das Bedürfniß, besonders die Stirnumrisse bestimmter zu bezeichnen. Freylich, das Profil läßt sich, theils nach der Natur, theils nach dem Schatten, leicht nachzeichnen, aber nicht so leicht die Grundlinie der Stirn. Und selbst das genaueste vom Schatten abgenommene Profil ist größtentheils komponirt. Die meisten Stirnen haben Buckeln über den Augenbraunen, und sind zwischen denselben ein wenig vertieft. Man erhält also im Schattenrisse einen Theil der Mittellinie, und einen Theil der Stirnbuckeln. Es ward also immer mehr Bedürfniß, auf ein neues Bestimmungsmittel der Stirnform zu denken. Erst maß ich sie nur mit einem Quadranten -- und diese mangelhaften Versuche führten mich ganz natürlich zu einem Jnstrumente, vermittelst des- sen sich nun beynahe alle Profile und alle Grundlinien aller Stirnen mit vollkommen hinlänglicher Genauigkeit messen lassen; das Jnstrument, dessen ich mich bediene -- ist verkürzt in beyliegenden Zeichnungen zu sehen.
Beschreibung des Stirnmaßes.
Des IV. Ban- des VIII. und IX. Tafel. Stirnmaß.
Die 1. und 2. Figur das Gestell des Stirnmessers, welches vermöge der Schrau- ben oben bey dem eisernen Bleche bey A, an der Wand fest gemacht wird; unten bey B sind zwo Schrauben mit Spitzen angebracht, welche das Gestell beweglich machen, um es perpendikulär und horizontal stellen zu können.
Bey
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Ueber die Stirne.
24) Mit kurzen, runzlichten, knotigten, irregulaͤren, auf der einen Seite eingedruͤckten, ausgekerbten Stirnen — die ſich immer anders falten — mache keine vertraute Freundſchaft.
25) Sey nie verzagt, ſo lange ein Menſch, ein Freund, ein Feind, ein Kind, ein Bru- der — ja ſogar ein Verbrecher noch eine gute, wohl proportionirte, offne Stirne hat. Es iſt gewiß allemal noch vieles mit ihm anzufangen, und vieles von ihm zu hoffen.
Naͤhere und mehrere Beſtimmungen verſparen wir auf die phyſiognomiſchen Linien.
Zweytes Fragment. Beylage A. Stirnmaaß.
Je genauer ſich die Umriſſe des menſchlichen Kopfes beſtimmen laſſen, deſto wiſſenſchaftlicher und ſicherer wird die Phyſiognomik.
Taͤglich fuͤhlte ich das Beduͤrfniß, beſonders die Stirnumriſſe beſtimmter zu bezeichnen. Freylich, das Profil laͤßt ſich, theils nach der Natur, theils nach dem Schatten, leicht nachzeichnen, aber nicht ſo leicht die Grundlinie der Stirn. Und ſelbſt das genaueſte vom Schatten abgenommene Profil iſt groͤßtentheils komponirt. Die meiſten Stirnen haben Buckeln uͤber den Augenbraunen, und ſind zwiſchen denſelben ein wenig vertieft. Man erhaͤlt alſo im Schattenriſſe einen Theil der Mittellinie, und einen Theil der Stirnbuckeln. Es ward alſo immer mehr Beduͤrfniß, auf ein neues Beſtimmungsmittel der Stirnform zu denken. Erſt maß ich ſie nur mit einem Quadranten — und dieſe mangelhaften Verſuche fuͤhrten mich ganz natuͤrlich zu einem Jnſtrumente, vermittelſt deſ- ſen ſich nun beynahe alle Profile und alle Grundlinien aller Stirnen mit vollkommen hinlaͤnglicher Genauigkeit meſſen laſſen; das Jnſtrument, deſſen ich mich bediene — iſt verkuͤrzt in beyliegenden Zeichnungen zu ſehen.
Beſchreibung des Stirnmaßes.
Des IV. Ban- des VIII. und IX. Tafel. Stirnmaß.
Die 1. und 2. Figur das Geſtell des Stirnmeſſers, welches vermoͤge der Schrau- ben oben bey dem eiſernen Bleche bey A, an der Wand feſt gemacht wird; unten bey B ſind zwo Schrauben mit Spitzen angebracht, welche das Geſtell beweglich machen, um es perpendikulaͤr und horizontal ſtellen zu koͤnnen.
Bey
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Ueber die Stirne.
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ausgekerbten Stirnen — die ſich immer anders falten — mache keine vertraute Freundſchaft.
25) Sey nie verzagt, ſo lange ein Menſch, ein Freund, ein Feind, ein Kind, ein Bru-
der — ja ſogar ein Verbrecher noch eine gute, wohl proportionirte, offne Stirne hat. Es iſt gewiß
allemal noch vieles mit ihm anzufangen, und vieles von ihm zu hoffen.
Naͤhere und mehrere Beſtimmungen verſparen wir auf die phyſiognomiſchen Linien.
Zweytes Fragment.
Beylage A. Stirnmaaß.
Je genauer ſich die Umriſſe des menſchlichen Kopfes beſtimmen laſſen, deſto wiſſenſchaftlicher und
ſicherer wird die Phyſiognomik.
Taͤglich fuͤhlte ich das Beduͤrfniß, beſonders die Stirnumriſſe beſtimmter zu bezeichnen.
Freylich, das Profil laͤßt ſich, theils nach der Natur, theils nach dem Schatten, leicht nachzeichnen,
aber nicht ſo leicht die Grundlinie der Stirn. Und ſelbſt das genaueſte vom Schatten abgenommene
Profil iſt groͤßtentheils komponirt. Die meiſten Stirnen haben Buckeln uͤber den Augenbraunen,
und ſind zwiſchen denſelben ein wenig vertieft. Man erhaͤlt alſo im Schattenriſſe einen Theil der
Mittellinie, und einen Theil der Stirnbuckeln. Es ward alſo immer mehr Beduͤrfniß, auf ein
neues Beſtimmungsmittel der Stirnform zu denken. Erſt maß ich ſie nur mit einem Quadranten —
und dieſe mangelhaften Verſuche fuͤhrten mich ganz natuͤrlich zu einem Jnſtrumente, vermittelſt deſ-
ſen ſich nun beynahe alle Profile und alle Grundlinien aller Stirnen mit vollkommen hinlaͤnglicher
Genauigkeit meſſen laſſen; das Jnſtrument, deſſen ich mich bediene — iſt verkuͤrzt in beyliegenden
Zeichnungen zu ſehen.
Beſchreibung des Stirnmaßes.
Die 1. und 2. Figur das Geſtell des Stirnmeſſers, welches vermoͤge der Schrau-
ben oben bey dem eiſernen Bleche bey A, an der Wand feſt gemacht wird; unten bey B
ſind zwo Schrauben mit Spitzen angebracht, welche das Geſtell beweglich machen,
um es perpendikulaͤr und horizontal ſtellen zu koͤnnen.
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/271>, abgerufen am 23.02.2025.
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