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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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V. Fragment.
Tafel A.
Vier griechiſche Koͤpfe. Zween Namenloſe. Hippokrates; Priamus.

A. Numern ſind uns hier, was Namen; und Namen, was Numern. Alle vier
gelten fuͤr Copeyen von griechiſchen Weiſen. Und in der That keiner ſieht einem
Dummkopf, oder einem ſchwachen Menſchen aͤhnlich. Nicht nur die Baͤrte — dieſe
Zierde der Menſchheit — machen ſie zu Weiſen. Nein, Groͤße, das iſt, uͤber ihre Zeitgenoſſen und
viele tauſend andere Menſchen emporſtrebende Empfindung und Wuͤrkungskraft — iſt in allen die-
ſen 4. Geſichtern. Zwar in allen vieren ſind die Augen am ſchlechteſten bearbeitet, obwohl ſie in
keinem ganz gemein ſind. Aus 1. laͤßt ſich noch die meiſte Groͤße vermuthen. Der Umriß, die
Form von allen iſt Umriß und Form von Groͤße und Kraft. Priamus ſcheint am meiſten Fe-
ſtigkeit, ruhige Geſetztheit; 2. am meiſten Verſtand und Theilnehmung; 1. am meiſten Tieſſinn,
Stolz und Anmaßung zu haben; Hippokrates am meiſten Menſchlichkeit und Adel. Dieß ſitzt
nicht ſo faſt in der Stirne, die, ſo wie ſie da erſcheint — freylich nicht gemein, dennoch unten den
Stirnen vorzuͤglichen Verſtandes — wenn man deren 50. Grade annaͤhme, hoͤchſtens zwiſchen 30.
und 35. waͤre. Von der Augenbraune an bis zum (obgleich etwas zu tiefen) Munde, adelt ſich
das Geſicht. Theilnehmung und Ergreifung iſt in den Augen ſichtbar — und im Umriſſe der
Naſe. Der offne Mund in 1 — macht das Geſicht beynah unertraͤglich. Laͤßigkeit, Kaͤlte, Ver-
achtung ſcheinen mit dem Hauche des Odems heraus zu wehen. Aber in der Augenbraune, der
Naſe iſt Groͤße — und in der herrlichen Rundung des Hinterhaupts — Weisheit. Etwas weni-
ger Feinheit der Empfindung im Hinterhaupte von 2, wo auch der Mund zu weit abſteht von der
Naſe, die an ſich und in Verbindung mit der Stirne voll Ausdrucks feſter maͤnnlicher Weisheit iſt.
Der ſogenannte Priamus hat etwas wolluͤſtiges und ſchalkhaftes im Munde.



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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/68>, abgerufen am 02.03.2025.