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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Künstler.
Achtes Fragment.
Vier Umrisse von italiänischen Künstlern.
Ghiberti, Lombardi, da Vinci, Ferrucci.
Des III. Ban-
des LIV.
Tafel.

Wenn ich nichts, nicht das mindeste von diesen vier Gesichtern wüßte -- wär's
möglich, nicht auf den Charakter von allen vieren zu treffen? Möglich, den Jtaliäner
in Einem von allen vieren zu übersehen? Einige wollen in Ghiberti, ich will in Ferrucci am
meisten Jtalienismus finden. Alle vier Gesichter sind auffallend physiognomisch. So, wie sie da
sind, ist nur Lombardi seines gut, und allenfalls eines Apostels nicht ganz unwürdig. Ghiber-
tis
Aug ist das beste, das sehendste, das denkendste; Lombardis das edelste; er überhaupt den-
kender, tieferdringend, als der vorige -- Da Vincis das treffendste, festeste; Ferruccis das
Genievollste und boshafteste.

Sehet hier auch vier Stufen von Stirnen; Kraft- und Schöpfungsstirnen. Die erste --
die gebogenste und redendste -- gewiß die biegsamste und Jmaginationsreichste. Die zweyte
kräftiger und verständiger; schon geradlinigter. Die dritte perpendikularer -- mehr Steifsinn,
Trotzsinn, Eisensinn. Die vierte beynah eben so geradlinigt, aber viel liegender. Weniger Starr-
sinn als 3, aber Bosheit.

Die Nasen von allen vieren äußerst signifikatif.

Ghibertis am meisten Verstand; Lombardis mehr Geschmack; da Vincis beydes zu-
sammen in hohem Grade; Ferruccis am meisten Kühnheit und Stolz.

Ghibertis Mund -- wenigstens zehnmal besser, als Ferruccis.

Ghibertis Physiognomie, wie sie hier erscheint, im Ganzen, die Geschmackreichste;
Lombardis die edelste; da Vincis die größte; Ferruccis die roheste, gewaltsamste, frucht-
und furchtbarste.

Nachste-
Phys. Fragm. III Versuch. A a
Kuͤnſtler.
Achtes Fragment.
Vier Umriſſe von italiaͤniſchen Kuͤnſtlern.
Ghiberti, Lombardi, da Vinci, Ferrucci.
Des III. Ban-
des LIV.
Tafel.

Wenn ich nichts, nicht das mindeſte von dieſen vier Geſichtern wuͤßte — waͤr’s
moͤglich, nicht auf den Charakter von allen vieren zu treffen? Moͤglich, den Jtaliaͤner
in Einem von allen vieren zu uͤberſehen? Einige wollen in Ghiberti, ich will in Ferrucci am
meiſten Jtalienismus finden. Alle vier Geſichter ſind auffallend phyſiognomiſch. So, wie ſie da
ſind, iſt nur Lombardi ſeines gut, und allenfalls eines Apoſtels nicht ganz unwuͤrdig. Ghiber-
tis
Aug iſt das beſte, das ſehendſte, das denkendſte; Lombardis das edelſte; er uͤberhaupt den-
kender, tieferdringend, als der vorige — Da Vincis das treffendſte, feſteſte; Ferruccis das
Genievollſte und boshafteſte.

Sehet hier auch vier Stufen von Stirnen; Kraft- und Schoͤpfungsſtirnen. Die erſte
die gebogenſte und redendſte — gewiß die biegſamſte und Jmaginationsreichſte. Die zweyte
kraͤftiger und verſtaͤndiger; ſchon geradlinigter. Die dritte perpendikularer — mehr Steifſinn,
Trotzſinn, Eiſenſinn. Die vierte beynah eben ſo geradlinigt, aber viel liegender. Weniger Starr-
ſinn als 3, aber Bosheit.

Die Naſen von allen vieren aͤußerſt ſignifikatif.

Ghibertis am meiſten Verſtand; Lombardis mehr Geſchmack; da Vincis beydes zu-
ſammen in hohem Grade; Ferruccis am meiſten Kuͤhnheit und Stolz.

Ghibertis Mund — wenigſtens zehnmal beſſer, als Ferruccis.

Ghibertis Phyſiognomie, wie ſie hier erſcheint, im Ganzen, die Geſchmackreichſte;
Lombardis die edelſte; da Vincis die groͤßte; Ferruccis die roheſte, gewaltſamſte, frucht-
und furchtbarſte.

Nachſte-
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[185/0309] Kuͤnſtler. Achtes Fragment. Vier Umriſſe von italiaͤniſchen Kuͤnſtlern. Ghiberti, Lombardi, da Vinci, Ferrucci. Wenn ich nichts, nicht das mindeſte von dieſen vier Geſichtern wuͤßte — waͤr’s moͤglich, nicht auf den Charakter von allen vieren zu treffen? Moͤglich, den Jtaliaͤner in Einem von allen vieren zu uͤberſehen? Einige wollen in Ghiberti, ich will in Ferrucci am meiſten Jtalienismus finden. Alle vier Geſichter ſind auffallend phyſiognomiſch. So, wie ſie da ſind, iſt nur Lombardi ſeines gut, und allenfalls eines Apoſtels nicht ganz unwuͤrdig. Ghiber- tis Aug iſt das beſte, das ſehendſte, das denkendſte; Lombardis das edelſte; er uͤberhaupt den- kender, tieferdringend, als der vorige — Da Vincis das treffendſte, feſteſte; Ferruccis das Genievollſte und boshafteſte. Sehet hier auch vier Stufen von Stirnen; Kraft- und Schoͤpfungsſtirnen. Die erſte — die gebogenſte und redendſte — gewiß die biegſamſte und Jmaginationsreichſte. Die zweyte kraͤftiger und verſtaͤndiger; ſchon geradlinigter. Die dritte perpendikularer — mehr Steifſinn, Trotzſinn, Eiſenſinn. Die vierte beynah eben ſo geradlinigt, aber viel liegender. Weniger Starr- ſinn als 3, aber Bosheit. Die Naſen von allen vieren aͤußerſt ſignifikatif. Ghibertis am meiſten Verſtand; Lombardis mehr Geſchmack; da Vincis beydes zu- ſammen in hohem Grade; Ferruccis am meiſten Kuͤhnheit und Stolz. Ghibertis Mund — wenigſtens zehnmal beſſer, als Ferruccis. Ghibertis Phyſiognomie, wie ſie hier erſcheint, im Ganzen, die Geſchmackreichſte; Lombardis die edelſte; da Vincis die groͤßte; Ferruccis die roheſte, gewaltſamſte, frucht- und furchtbarſte. Nachſte- Phyſ. Fragm. III Verſuch. A a

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/309>, abgerufen am 17.11.2024.