Hier das Löwengesicht in zwey Profilen. Etwas von Cäsars Felsenstirne -- aber unten abgerundeter. Die obere etwas länglichtere Stirn ist weder so edel, noch so geistreich, als die untere. Der obere Theil des untenstehenden Umrisses empfängt viel mehr, und giebt viel mehr, und ist mit dem ganzen Charakter des Mannes und des Gesichtes harmo- nischer, als beym obern. Das Aug in beyden ist gewiß zu breit und zu matt. Der Stern im obern besser und treffender im Hinschauen, als im untern. So wie hingegen der Vordrang der Stirn im untern wahrer, kräftiger, erfinderischer ist, als im obern. Die Nase im obern ist schöner -- im untern um ein Haar bizarrer und unedler. Ohne Grazie ist der Mund in beyden. Kinn und Haarwuchs -- sichere Zeichen von Vordrang und Fruchtbarkeit. Die Breite des Oberhaupts im untern -- ist äußerst vortheilhaft für den Eindruck von Reichthum und Erfindungskraft. Das Eckigte des Ohres, besonders in 2, ist bemerkenswerth -- ist nicht jungfräulich und weiblich.
Einen
Kuͤnſtler.
b.Michelange Buonarotti. Zwey Profile.
Des III. Ban- des LIII. Tafel.
Hier das Loͤwengeſicht in zwey Profilen. Etwas von Caͤſars Felſenſtirne — aber unten abgerundeter. Die obere etwas laͤnglichtere Stirn iſt weder ſo edel, noch ſo geiſtreich, als die untere. Der obere Theil des untenſtehenden Umriſſes empfaͤngt viel mehr, und giebt viel mehr, und iſt mit dem ganzen Charakter des Mannes und des Geſichtes harmo- niſcher, als beym obern. Das Aug in beyden iſt gewiß zu breit und zu matt. Der Stern im obern beſſer und treffender im Hinſchauen, als im untern. So wie hingegen der Vordrang der Stirn im untern wahrer, kraͤftiger, erfinderiſcher iſt, als im obern. Die Naſe im obern iſt ſchoͤner — im untern um ein Haar bizarrer und unedler. Ohne Grazie iſt der Mund in beyden. Kinn und Haarwuchs — ſichere Zeichen von Vordrang und Fruchtbarkeit. Die Breite des Oberhaupts im untern — iſt aͤußerſt vortheilhaft fuͤr den Eindruck von Reichthum und Erfindungskraft. Das Eckigte des Ohres, beſonders in 2, iſt bemerkenswerth — iſt nicht jungfraͤulich und weiblich.
Einen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0305"n="183"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Kuͤnſtler.</hi></hi></fw><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">b.</hi><hirendition="#g">Michelange Buonarotti.<lb/>
Zwey Profile.</hi></hi></head><lb/><noteplace="left">Des <hirendition="#aq">III.</hi> Ban-<lb/>
des <hirendition="#aq">LIII.</hi><lb/>
Tafel.</note><p><hirendition="#in">H</hi>ier das Loͤwengeſicht in zwey Profilen. Etwas von Caͤſars Felſenſtirne —<lb/>
aber unten abgerundeter. Die obere etwas laͤnglichtere Stirn iſt weder ſo edel, noch<lb/>ſo geiſtreich, als die untere. Der obere Theil des untenſtehenden Umriſſes empfaͤngt viel mehr,<lb/>
und giebt viel mehr, und iſt mit dem ganzen Charakter des Mannes und des Geſichtes harmo-<lb/>
niſcher, als beym obern. Das Aug in beyden iſt gewiß zu breit und zu matt. Der Stern<lb/>
im obern beſſer und treffender im Hinſchauen, als im untern. So wie hingegen der Vordrang<lb/>
der Stirn im untern wahrer, kraͤftiger, erfinderiſcher iſt, als im obern. Die Naſe im obern<lb/>
iſt ſchoͤner — im untern um ein Haar bizarrer und unedler. Ohne Grazie iſt der Mund in<lb/>
beyden. Kinn und Haarwuchs —ſichere Zeichen von Vordrang und Fruchtbarkeit. Die<lb/>
Breite des Oberhaupts im untern — iſt aͤußerſt vortheilhaft fuͤr den Eindruck von Reichthum<lb/>
und Erfindungskraft. Das Eckigte des Ohres, beſonders in 2, iſt bemerkenswerth — iſt nicht<lb/>
jungfraͤulich und weiblich.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Einen</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[183/0305]
Kuͤnſtler.
b. Michelange Buonarotti.
Zwey Profile.
Hier das Loͤwengeſicht in zwey Profilen. Etwas von Caͤſars Felſenſtirne —
aber unten abgerundeter. Die obere etwas laͤnglichtere Stirn iſt weder ſo edel, noch
ſo geiſtreich, als die untere. Der obere Theil des untenſtehenden Umriſſes empfaͤngt viel mehr,
und giebt viel mehr, und iſt mit dem ganzen Charakter des Mannes und des Geſichtes harmo-
niſcher, als beym obern. Das Aug in beyden iſt gewiß zu breit und zu matt. Der Stern
im obern beſſer und treffender im Hinſchauen, als im untern. So wie hingegen der Vordrang
der Stirn im untern wahrer, kraͤftiger, erfinderiſcher iſt, als im obern. Die Naſe im obern
iſt ſchoͤner — im untern um ein Haar bizarrer und unedler. Ohne Grazie iſt der Mund in
beyden. Kinn und Haarwuchs — ſichere Zeichen von Vordrang und Fruchtbarkeit. Die
Breite des Oberhaupts im untern — iſt aͤußerſt vortheilhaft fuͤr den Eindruck von Reichthum
und Erfindungskraft. Das Eckigte des Ohres, beſonders in 2, iſt bemerkenswerth — iſt nicht
jungfraͤulich und weiblich.
Einen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/305>, abgerufen am 17.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.