Hier eine furchtbar sprechende Gruppe von Menschen, Thieren und Ungeheuern. Wie herrlich leuchtet das edle Pferd hervor! Gleichsam mit ernst betrachtendem -- überlegendem Blicke schaut das eine hervor; im Zornblicke des andern ist treffender Sinn. Auf der Stirne ist beynahe Falte denkender Menschlichkeit -- Jn der Gelenksamkeit des Halses, der fliegenden Mähne, der Breite der Brust, welche Kraft! welcher Adel! welche Ma- jestät -- Aber sein Reuter! -- wo ist da Maaß zwischen Adel und Adel! -- Nur die Nähe und Weite der Augen an und von einander -- in beyden! wie giebt und nimmt diese -- Seele! dann die breite Stirn; dann die, wie Himmelweit verschiedene Nase! diese mißkannte Ehre der Mensch- heit! Vom Munde nichts -- Der aufgehobene, drohende, treffende Arm -- wie scheint in dem wie- der die hohe herrschende Menschheit über die edelste Thierheit hervor zu ragen!
Die Ausgedehntheit, Gelenksamkeit der Hunde -- und ihre Art anzupacken -- wie phy- siognomisch! Bild so vieler nichts weniger, als fest gegliederter -- nur gelenksamer, nur verfolgen- der, nur anpackender und verwundender -- nur durch die Kraft sich auszudehnen und die Haut anzugreifen furchtbarer, im Grunde dennoch kraftloser, furchtsamer -- Feinde der Religion und der Tugend.
Ueber das Behemoth-Ungeheuer nur zwo Anmerkungen. Die entsetzliche gleichfortge- hende Breite der Stirn und Nase -- oder vielmehr der Nasenlöcher und des Mauls -- welch ein Ausdruck von dummwilder Unerbittlichkeit -- und dann die Unregelmäßigkeit in der Positur und Figur der Zähne -- -- welch eigentlicher Charakter, teuflischer doch planloser, sich selbst zer- störender Bosheit! Vielleicht giebt's auch solche Ungeheuer von Verbrechern unter den Menschen, die etwas von diesem Charakter haben. Gewiß ist, daß proportionirte und wohl gereihete, schön- geformte Zähne eines der sichersten, besten, entscheidendsten Zeichen von Gemüthsadel und Grund- güte eines menschlichen Charakters sind. --
Wie
II.Abſchnitt.III.Fragment.
Drittes Fragment. Ein Thierſtuͤck.Cr ... I.
Des III. Ban- des XI. Tafel. C ... l.
Hier eine furchtbar ſprechende Gruppe von Menſchen, Thieren und Ungeheuern. Wie herrlich leuchtet das edle Pferd hervor! Gleichſam mit ernſt betrachtendem — uͤberlegendem Blicke ſchaut das eine hervor; im Zornblicke des andern iſt treffender Sinn. Auf der Stirne iſt beynahe Falte denkender Menſchlichkeit — Jn der Gelenkſamkeit des Halſes, der fliegenden Maͤhne, der Breite der Bruſt, welche Kraft! welcher Adel! welche Ma- jeſtaͤt — Aber ſein Reuter! — wo iſt da Maaß zwiſchen Adel und Adel! — Nur die Naͤhe und Weite der Augen an und von einander — in beyden! wie giebt und nimmt dieſe — Seele! dann die breite Stirn; dann die, wie Himmelweit verſchiedene Naſe! dieſe mißkannte Ehre der Menſch- heit! Vom Munde nichts — Der aufgehobene, drohende, treffende Arm — wie ſcheint in dem wie- der die hohe herrſchende Menſchheit uͤber die edelſte Thierheit hervor zu ragen!
Die Ausgedehntheit, Gelenkſamkeit der Hunde — und ihre Art anzupacken — wie phy- ſiognomiſch! Bild ſo vieler nichts weniger, als feſt gegliederter — nur gelenkſamer, nur verfolgen- der, nur anpackender und verwundender — nur durch die Kraft ſich auszudehnen und die Haut anzugreifen furchtbarer, im Grunde dennoch kraftloſer, furchtſamer — Feinde der Religion und der Tugend.
Ueber das Behemoth-Ungeheuer nur zwo Anmerkungen. Die entſetzliche gleichfortge- hende Breite der Stirn und Naſe — oder vielmehr der Naſenloͤcher und des Mauls — welch ein Ausdruck von dummwilder Unerbittlichkeit — und dann die Unregelmaͤßigkeit in der Poſitur und Figur der Zaͤhne — — welch eigentlicher Charakter, teufliſcher doch planloſer, ſich ſelbſt zer- ſtoͤrender Bosheit! Vielleicht giebt’s auch ſolche Ungeheuer von Verbrechern unter den Menſchen, die etwas von dieſem Charakter haben. Gewiß iſt, daß proportionirte und wohl gereihete, ſchoͤn- geformte Zaͤhne eines der ſicherſten, beſten, entſcheidendſten Zeichen von Gemuͤthsadel und Grund- guͤte eines menſchlichen Charakters ſind. —
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II. Abſchnitt. III. Fragment.
Drittes Fragment.
Ein Thierſtuͤck. Cr ... I.
Hier eine furchtbar ſprechende Gruppe von Menſchen, Thieren und Ungeheuern.
Wie herrlich leuchtet das edle Pferd hervor! Gleichſam mit ernſt betrachtendem —
uͤberlegendem Blicke ſchaut das eine hervor; im Zornblicke des andern iſt treffender
Sinn. Auf der Stirne iſt beynahe Falte denkender Menſchlichkeit — Jn der Gelenkſamkeit des
Halſes, der fliegenden Maͤhne, der Breite der Bruſt, welche Kraft! welcher Adel! welche Ma-
jeſtaͤt — Aber ſein Reuter! — wo iſt da Maaß zwiſchen Adel und Adel! — Nur die Naͤhe und
Weite der Augen an und von einander — in beyden! wie giebt und nimmt dieſe — Seele! dann
die breite Stirn; dann die, wie Himmelweit verſchiedene Naſe! dieſe mißkannte Ehre der Menſch-
heit! Vom Munde nichts — Der aufgehobene, drohende, treffende Arm — wie ſcheint in dem wie-
der die hohe herrſchende Menſchheit uͤber die edelſte Thierheit hervor zu ragen!
Die Ausgedehntheit, Gelenkſamkeit der Hunde — und ihre Art anzupacken — wie phy-
ſiognomiſch! Bild ſo vieler nichts weniger, als feſt gegliederter — nur gelenkſamer, nur verfolgen-
der, nur anpackender und verwundender — nur durch die Kraft ſich auszudehnen und die Haut
anzugreifen furchtbarer, im Grunde dennoch kraftloſer, furchtſamer — Feinde der Religion und
der Tugend.
Ueber das Behemoth-Ungeheuer nur zwo Anmerkungen. Die entſetzliche gleichfortge-
hende Breite der Stirn und Naſe — oder vielmehr der Naſenloͤcher und des Mauls — welch ein
Ausdruck von dummwilder Unerbittlichkeit — und dann die Unregelmaͤßigkeit in der Poſitur
und Figur der Zaͤhne — — welch eigentlicher Charakter, teufliſcher doch planloſer, ſich ſelbſt zer-
ſtoͤrender Bosheit! Vielleicht giebt’s auch ſolche Ungeheuer von Verbrechern unter den Menſchen,
die etwas von dieſem Charakter haben. Gewiß iſt, daß proportionirte und wohl gereihete, ſchoͤn-
geformte Zaͤhne eines der ſicherſten, beſten, entſcheidendſten Zeichen von Gemuͤthsadel und Grund-
guͤte eines menſchlichen Charakters ſind. —
Wie
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/112>, abgerufen am 18.12.2024.
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