Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.XXXIII. Fragment. Wilde Thiere. Zweyte Tafel. Löwen. 1) Ruhige Stille eines alten Löwen, der lange Zeit seiner Freyheit beraubt gewesen. 2) Nicht zu nahe dieser mütterlichen Liebe -- sie ist grausam. Jhren Tod achtet diese Bemerket übrigens die Profilumrisse dieser Thiere -- wie leicht ließen sie sich vermenschli- Welche gelenksame Stärke ist im gähnenden Löwen sichtbar! Dritte Tafel. Ein alter abgelebter Löwe, gewohnt, seine gehemmte Freyheit zu ertragen. Sein Profil ist phy- ihre
XXXIII. Fragment. Wilde Thiere. Zweyte Tafel. Loͤwen. 1) Ruhige Stille eines alten Loͤwen, der lange Zeit ſeiner Freyheit beraubt geweſen. 2) Nicht zu nahe dieſer muͤtterlichen Liebe — ſie iſt grauſam. Jhren Tod achtet dieſe Bemerket uͤbrigens die Profilumriſſe dieſer Thiere — wie leicht ließen ſie ſich vermenſchli- Welche gelenkſame Staͤrke iſt im gaͤhnenden Loͤwen ſichtbar! Dritte Tafel. Ein alter abgelebter Loͤwe, gewohnt, ſeine gehemmte Freyheit zu ertragen. Sein Profil iſt phy- ihre
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XXXIII. Fragment. Wilde Thiere.
Zweyte Tafel.
Loͤwen.
1) Ruhige Stille eines alten Loͤwen, der lange Zeit ſeiner Freyheit beraubt geweſen.
2) Nicht zu nahe dieſer muͤtterlichen Liebe — ſie iſt grauſam. Jhren Tod achtet dieſe
Beſtie nicht, aber das Leben ihrer Brut, und wehe ſieben geruͤſteten Reutern, die ſie anfallen
wollen! Dieſe hier hat Wind von Nachſtellung. Jhr Auge drohet Tod, und ihre Zaͤhne zerreiſ-
ſende Wuth. Jhre Stellung — Bereitſchaft — aufzufahren und zu zerreiſſen. — Wie dieſe klei-
nen ſchon den Charakter der Mutter mit der Muttermilch eingeſogen! Grauſamkeit, Wildheit,
Frechheit, wie ſie ſich ſtraͤuben in Zuverſicht auf ihre Mutter! — Furchtbare Familie!
Bemerket uͤbrigens die Profilumriſſe dieſer Thiere — wie leicht ließen ſie ſich vermenſchli-
chen, ohne den Hauptcharakter, der ihnen aufgedruͤckt iſt, zu verlieren.
Welche gelenkſame Staͤrke iſt im gaͤhnenden Loͤwen ſichtbar!
Dritte Tafel.
Ein alter abgelebter Loͤwe, gewohnt, ſeine gehemmte Freyheit zu ertragen. Sein Profil iſt phy-
ſiognomiſch merkwuͤrdig; beſonders der Graͤnzumriß von Stirn und Naſe, und wie ſich dieſe
Graͤnzlinie faſt in einen rechten Winkel zuruͤckbeugt von der Naſe bis zum Unterkiefer. Noch deut-
licher ſieht man’s an dem ſchoͤnen Profile des großen halbliegenden Loͤwen auf derſelben Tafel.
Ein Menſch mit dieſem Stirn- und Naſenprofile, vom linken Ohre des Loͤwen an gerechnet, wuͤrde
ſicherlich kein gemeiner Menſch ſeyn, obgleich ich in dieſer Geradheit noch kein Menſchenprofil geſe-
hen; — die Naſe des Loͤwen iſt freylich bey weitem nicht ſo hervorſpringend, wie die des Men-
ſchen, aber doch hervorſpringender, als bey allen andern vierfuͤßigen Thieren. Sichtbarer Aus-
druck thierkoͤniglicher Staͤrke und ſtolzer Anmaßung iſt — theils dieſer Bogen der Naſe, theils
ihre
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