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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

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Fürsten und Helden.

Jm Blicke und in der Nase Staatsklugheit.

Feste Treue, Huld und Güte im Munde.

Das Ganze macht den Eindruck von Ruhe voll leiser innerer Bedächtlichkeit ohne
Kleinheit. --

Dritte Tafel.
Rudolph I. Kaiser.

Ein Gesicht, das sogleich Theilnehmung erweckt, das aber im bloßen unschattirten Umrisse von
seinem sanftern Adel viel verloren hat.

Die Stirn ist voll Entwürfe. Augenbraunen und Raum zwischen den Augen voll
kräftig würkender Gedanken. Die Augen sind mehr des hell- als tiefsehenden, und voll sinnli-
cher Reizbarkeit. Die Nase ist nicht ganz gemein; nicht sonderlich edel; nicht erhaben. Der
Mund, im schattirten Originale, nach Soutmann und Van Sompel, viel ruhiger, edler
und fester -- Hier hat er in der Mitte, und in der allzu hart abgeschnittenen Unterlippe etwas
schwach wollüstiges. Die Stellung des Kopfes ist des staunenden Entwurfmachers -- Ent-
wurf, der sich aus Thaten, nicht Worten, formt.

Vierte Tafel.
Albert I.

Stirn und Nase, besonders im Originale -- wahrhaft kaiserlich, stolz und eigensinnig, abermal
das Nasenloch ausgenommen, das beynah' in allen Sompelischen und Snyderhofischen
Stichen kleinlich, hart, und abgeschnitten ist. Der Mund, besonders die Unterlippe, und das
Kinn haben was äusserst rohes, gewaltthätiges, grausames. Davon ist auch das stark verzeich-
nete Aug' nicht frey.

Fünfte Tafel.
Friedrich III. der Schöne.

Von der Schönheit hat dieser Umriß viel verloren -- und nach dem Originale von Snyder-
hof
ist der Kopf auch nur bis auf den Untertheil des Gesichtes schön -- denn den wird gewiß,
etwa die Oberlippe im Originale ausgenommen, niemand schön finden. Aber schön, edel, fest ist

die
Phys. Fragm. II Versuch. C c
Fuͤrſten und Helden.

Jm Blicke und in der Naſe Staatsklugheit.

Feſte Treue, Huld und Guͤte im Munde.

Das Ganze macht den Eindruck von Ruhe voll leiſer innerer Bedaͤchtlichkeit ohne
Kleinheit. —

Dritte Tafel.
Rudolph I. Kaiſer.

Ein Geſicht, das ſogleich Theilnehmung erweckt, das aber im bloßen unſchattirten Umriſſe von
ſeinem ſanftern Adel viel verloren hat.

Die Stirn iſt voll Entwuͤrfe. Augenbraunen und Raum zwiſchen den Augen voll
kraͤftig wuͤrkender Gedanken. Die Augen ſind mehr des hell- als tiefſehenden, und voll ſinnli-
cher Reizbarkeit. Die Naſe iſt nicht ganz gemein; nicht ſonderlich edel; nicht erhaben. Der
Mund, im ſchattirten Originale, nach Soutmann und Van Sompel, viel ruhiger, edler
und feſter — Hier hat er in der Mitte, und in der allzu hart abgeſchnittenen Unterlippe etwas
ſchwach wolluͤſtiges. Die Stellung des Kopfes iſt des ſtaunenden Entwurfmachers — Ent-
wurf, der ſich aus Thaten, nicht Worten, formt.

Vierte Tafel.
Albert I.

Stirn und Naſe, beſonders im Originale — wahrhaft kaiſerlich, ſtolz und eigenſinnig, abermal
das Naſenloch ausgenommen, das beynah’ in allen Sompeliſchen und Snyderhofiſchen
Stichen kleinlich, hart, und abgeſchnitten iſt. Der Mund, beſonders die Unterlippe, und das
Kinn haben was aͤuſſerſt rohes, gewaltthaͤtiges, grauſames. Davon iſt auch das ſtark verzeich-
nete Aug’ nicht frey.

Fuͤnfte Tafel.
Friedrich III. der Schoͤne.

Von der Schoͤnheit hat dieſer Umriß viel verloren — und nach dem Originale von Snyder-
hof
iſt der Kopf auch nur bis auf den Untertheil des Geſichtes ſchoͤn — denn den wird gewiß,
etwa die Oberlippe im Originale ausgenommen, niemand ſchoͤn finden. Aber ſchoͤn, edel, feſt iſt

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Phyſ. Fragm. II Verſuch. C c
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[201/0311] Fuͤrſten und Helden. Jm Blicke und in der Naſe Staatsklugheit. Feſte Treue, Huld und Guͤte im Munde. Das Ganze macht den Eindruck von Ruhe voll leiſer innerer Bedaͤchtlichkeit ohne Kleinheit. — Dritte Tafel. Rudolph I. Kaiſer. Ein Geſicht, das ſogleich Theilnehmung erweckt, das aber im bloßen unſchattirten Umriſſe von ſeinem ſanftern Adel viel verloren hat. Die Stirn iſt voll Entwuͤrfe. Augenbraunen und Raum zwiſchen den Augen voll kraͤftig wuͤrkender Gedanken. Die Augen ſind mehr des hell- als tiefſehenden, und voll ſinnli- cher Reizbarkeit. Die Naſe iſt nicht ganz gemein; nicht ſonderlich edel; nicht erhaben. Der Mund, im ſchattirten Originale, nach Soutmann und Van Sompel, viel ruhiger, edler und feſter — Hier hat er in der Mitte, und in der allzu hart abgeſchnittenen Unterlippe etwas ſchwach wolluͤſtiges. Die Stellung des Kopfes iſt des ſtaunenden Entwurfmachers — Ent- wurf, der ſich aus Thaten, nicht Worten, formt. Vierte Tafel. Albert I. Stirn und Naſe, beſonders im Originale — wahrhaft kaiſerlich, ſtolz und eigenſinnig, abermal das Naſenloch ausgenommen, das beynah’ in allen Sompeliſchen und Snyderhofiſchen Stichen kleinlich, hart, und abgeſchnitten iſt. Der Mund, beſonders die Unterlippe, und das Kinn haben was aͤuſſerſt rohes, gewaltthaͤtiges, grauſames. Davon iſt auch das ſtark verzeich- nete Aug’ nicht frey. Fuͤnfte Tafel. Friedrich III. der Schoͤne. Von der Schoͤnheit hat dieſer Umriß viel verloren — und nach dem Originale von Snyder- hof iſt der Kopf auch nur bis auf den Untertheil des Geſichtes ſchoͤn — denn den wird gewiß, etwa die Oberlippe im Originale ausgenommen, niemand ſchoͤn finden. Aber ſchoͤn, edel, feſt iſt die Phyſ. Fragm. II Verſuch. C c

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/311>, abgerufen am 17.11.2024.