Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.XVI. Fragment. Sechzehntes Fragment. Von einigen Physiognomisten. Wenn ich so gelehrt wäre, als ich seyn sollte, um ein physiognomisches Werk zu schreiben, so So viel ist zum voraus wahrscheinlich, und wird bey der Untersuchung gewiß -- daß Jtzt nur etwas Weniges von ehmaligen und noch lebenden großen Physiognomisten. Plato, Pythagoras, -- und Zopyrus scheinen dieses feine Menschengefühl in einem Von Demokritus werden feine Bemerkungen erzählt, deren Zuverläßigkeit ich aber Von Julius Cäsar Scaliger les' ich, "daß er eine bewunderungswürdige Feinsichtig- Jn seiner Abhandlung **) wird ein Beyspiel angeführt, welches ich hier auszuschreiben "frappe *) Eloges des Scavans tires de l' Histoire de Mr. de Thou. P. I. Mem. de l' Acad. de Berlin. XXV. 769. & 458. 59. **) T. XXV. p. 471.
XVI. Fragment. Sechzehntes Fragment. Von einigen Phyſiognomiſten. Wenn ich ſo gelehrt waͤre, als ich ſeyn ſollte, um ein phyſiognomiſches Werk zu ſchreiben, ſo So viel iſt zum voraus wahrſcheinlich, und wird bey der Unterſuchung gewiß — daß Jtzt nur etwas Weniges von ehmaligen und noch lebenden großen Phyſiognomiſten. Plato, Pythagoras, — und Zopyrus ſcheinen dieſes feine Menſchengefuͤhl in einem Von Demokritus werden feine Bemerkungen erzaͤhlt, deren Zuverlaͤßigkeit ich aber Von Julius Caͤſar Scaliger leſ' ich, „daß er eine bewunderungswuͤrdige Feinſichtig- Jn ſeiner Abhandlung **) wird ein Beyſpiel angefuͤhrt, welches ich hier auszuſchreiben „frappé *) Eloges des Sçavans tirés de l' Hiſtoire de Mr. de Thou. P. I. Mem. de l' Acad. de Berlin. XXV. 769. & 458. 59. **) T. XXV. p. 471.
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XVI. Fragment.
Sechzehntes Fragment.
Von einigen Phyſiognomiſten.
Wenn ich ſo gelehrt waͤre, als ich ſeyn ſollte, um ein phyſiognomiſches Werk zu ſchreiben, ſo
koͤnnt' ich, ſollt' ich hier ein Verzeichniß einiger beruͤhmter — warum eben beruͤhmter? —
nur guter, geuͤbter Phyſiognomiſten liefern; ſollte Nachrichten von ihnen mittheilen, und uͤber
ihre Schriften, Bemuͤhungen oder Urtheile — meine Achſeln zucken. Allein, ich bekenne meine
große Unwiſſenheit in dieſem Stuͤcke, und danke auch dafuͤr dem guten Geber beßrer Gaben!
So viel iſt zum voraus wahrſcheinlich, und wird bey der Unterſuchung gewiß — daß
nicht alle, die uͤber die Phyſiognomie geſchrieben haben, gute Phyſiognomiſten ſind. So we-
nig alle, die, wenn auch nicht ſchlecht, von der Arzneykunſt, oder uͤber die Sittenlehre ge-
ſchrieben haben, gute Aerzte, oder große Tugendhelden ſind. Doch von phyſiognomiſchen
Schriftſtellern ein andermal.
Jtzt nur etwas Weniges von ehmaligen und noch lebenden großen Phyſiognomiſten.
Plato, Pythagoras, — und Zopyrus ſcheinen dieſes feine Menſchengefuͤhl in einem
hohen Grade beſeſſen zu haben.
Von Demokritus werden feine Bemerkungen erzaͤhlt, deren Zuverlaͤßigkeit ich aber
blos deswegen, weil ſie mir nicht unmoͤglich ſcheinen, nicht behaupten darf.
Von Julius Caͤſar Scaliger leſ' ich, „daß er eine bewunderungswuͤrdige Feinſichtig-
„keit zur Erkenntniß der Sitten und der Neigungen der Menſchen aus ihren Mienen und Geſichts-
„zuͤgen gehabt, und daß er ſich in ſeinen Urtheilen hieruͤber ſehr ſehr ſelten geirrt habe.“ *)
Herr Pernetty fuͤhrt den Matthaͤus Taſurius von Soleto an, „daß er in dieſer Kennt-
„niß ſo ſtark geweſen, daß er das Schrecken der einen, die Bewunderung und das Erſtaunen der
„andern geworden.“
Jn ſeiner Abhandlung **) wird ein Beyſpiel angefuͤhrt, welches ich hier auszuſchreiben
mir erlauben will. „J'ai vu un exemple ſemblable à Paris: Un étranger, qui ſe nom-
„moit Kubiſſe, & ſe diſoit ſujet du heros monarque, qui gouverne cet-état-ci, avec
„tant de ſageſſe & de gloire, paſſant dans une ſalle chez Mſr. de Langes, fût tellement
„frappé
*) Eloges des Sçavans tirés de l' Hiſtoire de Mr. de Thou. P. I. Mem. de l' Acad. de Berlin. XXV. 769.
& 458. 59.
**) T. XXV. p. 471.
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