Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.der moralischen und körperlichen Schönheit. Die Stirne des dritten ist beynahe die Stirne eines großen Mannes; aber die Lage des Die Stirne des vierten ist die Stirne eines wahrhaftig großen, aber nicht erhabnen Der fünfte Kopf, das Aug' abgerechnet, ist eines Apostels nicht ganz unwürdig. Stirne, Nase und Bart des sechsten zeigt mir einen Mann voll Klugheit, großer Der siebente ist schwächer, als die andern alle, und eigensinnig ohne Schnellkraft, Der achte ist ein Gemisch von Kraft und Schwäche, Niederträchtigkeit und Rauhig- Zwanzigste Zugabe. Herkules zwischen der Tugend und Wollust nach Poussin. Dieß Stück ist mit einigen Veränderungen nach Strange's Kupferstich copirt. Der engere Bey diesem Auftritte, deucht es mir, wär's eines unsterblichen Meisters würdig gewe- mich R 3
der moraliſchen und koͤrperlichen Schoͤnheit. Die Stirne des dritten iſt beynahe die Stirne eines großen Mannes; aber die Lage des Die Stirne des vierten iſt die Stirne eines wahrhaftig großen, aber nicht erhabnen Der fuͤnfte Kopf, das Aug' abgerechnet, iſt eines Apoſtels nicht ganz unwuͤrdig. Stirne, Naſe und Bart des ſechſten zeigt mir einen Mann voll Klugheit, großer Der ſiebente iſt ſchwaͤcher, als die andern alle, und eigenſinnig ohne Schnellkraft, Der achte iſt ein Gemiſch von Kraft und Schwaͤche, Niedertraͤchtigkeit und Rauhig- Zwanzigſte Zugabe. Herkules zwiſchen der Tugend und Wolluſt nach Pouſſin. Dieß Stuͤck iſt mit einigen Veraͤnderungen nach Strange's Kupferſtich copirt. Der engere Bey dieſem Auftritte, deucht es mir, waͤr's eines unſterblichen Meiſters wuͤrdig gewe- mich R 3
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der moraliſchen und koͤrperlichen Schoͤnheit.
Die Stirne des dritten iſt beynahe die Stirne eines großen Mannes; aber die Lage des
Barts contraſtirt ſehr mit dem Eindruck, den dieſe Stirne macht.
Die Stirne des vierten iſt die Stirne eines wahrhaftig großen, aber nicht erhabnen
Mannes, dieſe Hoͤhe, dieſen Umriß und dieſe Lage der Stirne zuſammen — (Dieß iſt nun
kalte Beobachtung,) wirſt du ſelten bey einem gemeinen Menſchen, der ſich nicht ſehr auszeich-
net, antreffen. Aber der Untertheil des Geſichtes iſt ſchlecht.
Der fuͤnfte Kopf, das Aug' abgerechnet, iſt eines Apoſtels nicht ganz unwuͤrdig.
Stirne, Naſe und Bart des ſechſten zeigt mir einen Mann voll Klugheit, großer
Kraft, und unbeweglicher Feſtigkeit.
Der ſiebente iſt ſchwaͤcher, als die andern alle, und eigenſinnig ohne Schnellkraft,
waͤr' auch des Geizes und der Niedertraͤchtigkeit faͤhig.
Der achte iſt ein Gemiſch von Kraft und Schwaͤche, Niedertraͤchtigkeit und Rauhig-
keit, die man aber nicht ſehr zu fuͤrchten hat. —
Zwanzigſte Zugabe.
Herkules zwiſchen der Tugend und Wolluſt nach Pouſſin.
Dieß Stuͤck iſt mit einigen Veraͤnderungen nach Strange's Kupferſtich copirt. Der engere
Raum unſerer Blaͤtter machte eine naͤhere Zuſammenruͤckung der Perſonen nothwendig; aus eben
dieſer Urſache mußten die einen Fuͤße der beyden weiblichen Figuren abgeſchnitten werden. Auch
will ich nicht wiederholen, was ich bey allen Copeyen beſonders ſchoͤner Figuren zu ſagen habe.
Jch will das beurtheilen, was ich vor mir habe. Aufmerkſame und nachdenkende Leſer werden
dadurch auf Bemerkungen gefuͤhrt werden, die weder in Abſicht auf die Mahlerey und Zeich-
nungskunſt, noch in Abſicht auf die Menſchenkenntniß vollkommen gleichguͤltig ſeyn duͤrften.
Bey dieſem Auftritte, deucht es mir, waͤr's eines unſterblichen Meiſters wuͤrdig gewe-
ſen — den Unterſchied blos wolluͤſtiger — und moraliſcher Schoͤnheit auffallend und contraſti-
rend genug zu zeichnen; die Vortrefflichkeit der ſimpelſten Tugendſchoͤne — vor aller Pracht
bloßer Fleiſchlichkeit ins Licht zu ſetzen. Es iſt in dieſem Stuͤcke zum Theil geſchehen — aber
mich
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