Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

schen ihm und den Franzosen bey St. Menehoud vor-
gefallen war, zu sehr bekannt ward -- also: ob
der General Mannstein mich an Dentzel ge-
schickt, und ihm durch mich eine Summe Geldes
für die Uebergabe von Landau habe bieten lassen?
Ob Dentzel nicht gegen mich über die Republik
räsonnirt, und gesagt habe, daß sie zu Grund ge-
hen müßte? Diese, und wohl noch zwanzig andre
Fragen beantwortete ich so freymüthig und befrie-
digend für das Cons[e]il de defense, daß es beschloß,
mich auf der Stelle frey zu lassen -- weil es an
mir keinen Verdacht einer Falschheit oder Subor-
nation finde. -- Wer war froher, als ich, daß ich
den Klauen einer Inquisition entgangen war, wo-
bey ich, wie ich schon gemerkt hatte, gar leicht mei-
nen besten Kopf hätte verlieren können. Ich ging
nach meinem Quartier und legte mich schlafen.

Früh gegen 10 Uhr ließ Laubadere mich ho-
len. Er war allein und sehr freundlich gegen mich.
Nachdem er mich hatte niedersetzen und einen Becher
Wein trinken lassen, redete er mich so an:

Citoyen, Du bist zwar diese Nacht für unver-
dächtig erklärt, und in Freyheit gesezt worden:
Aber du darfst eben nicht denken, daß nun alles aufs
Reine sey.

Ich: Wie denn so? Hat jemand noch was ge-
gen mich einzuwenden?


ſchen ihm und den Franzoſen bey St. Menehoud vor-
gefallen war, zu ſehr bekannt ward — alſo: ob
der General Mannſtein mich an Dentzel ge-
ſchickt, und ihm durch mich eine Summe Geldes
fuͤr die Uebergabe von Landau habe bieten laſſen?
Ob Dentzel nicht gegen mich uͤber die Republik
raͤſonnirt, und geſagt habe, daß ſie zu Grund ge-
hen muͤßte? Dieſe, und wohl noch zwanzig andre
Fragen beantwortete ich ſo freymuͤthig und befrie-
digend fuͤr das Conſ[e]il de défenſe, daß es beſchloß,
mich auf der Stelle frey zu laſſen — weil es an
mir keinen Verdacht einer Falſchheit oder Subor-
nation finde. — Wer war froher, als ich, daß ich
den Klauen einer Inquiſition entgangen war, wo-
bey ich, wie ich ſchon gemerkt hatte, gar leicht mei-
nen beſten Kopf haͤtte verlieren koͤnnen. Ich ging
nach meinem Quartier und legte mich ſchlafen.

Fruͤh gegen 10 Uhr ließ Laubadere mich ho-
len. Er war allein und ſehr freundlich gegen mich.
Nachdem er mich hatte niederſetzen und einen Becher
Wein trinken laſſen, redete er mich ſo an:

Citoyen, Du biſt zwar dieſe Nacht fuͤr unver-
daͤchtig erklaͤrt, und in Freyheit geſezt worden:
Aber du darfſt eben nicht denken, daß nun alles aufs
Reine ſey.

Ich: Wie denn ſo? Hat jemand noch was ge-
gen mich einzuwenden?


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="44"/>
&#x017F;chen ihm und den Franzo&#x017F;en bey <hi rendition="#aq">St. Menehoud</hi> vor-<lb/>
gefallen war, zu &#x017F;ehr bekannt ward &#x2014; al&#x017F;o: ob<lb/>
der General <hi rendition="#g">Mann&#x017F;tein</hi> mich an <hi rendition="#g">Dentzel</hi> ge-<lb/>
&#x017F;chickt, und ihm durch mich eine Summe Geldes<lb/>
fu&#x0364;r die Uebergabe von Landau habe bieten la&#x017F;&#x017F;en?<lb/>
Ob <hi rendition="#g">Dentzel</hi> nicht gegen mich u&#x0364;ber die Republik<lb/>
ra&#x0364;&#x017F;onnirt, und ge&#x017F;agt habe, daß &#x017F;ie zu Grund ge-<lb/>
hen mu&#x0364;ßte? Die&#x017F;e, und wohl noch zwanzig andre<lb/>
Fragen beantwortete ich &#x017F;o freymu&#x0364;thig und befrie-<lb/>
digend fu&#x0364;r das <hi rendition="#aq">Con&#x017F;<supplied>e</supplied>il de défen&#x017F;e,</hi> daß es be&#x017F;chloß,<lb/>
mich auf der Stelle frey zu la&#x017F;&#x017F;en &#x2014; weil es an<lb/>
mir keinen Verdacht einer Fal&#x017F;chheit oder Subor-<lb/>
nation finde. &#x2014; Wer war froher, als ich, daß ich<lb/>
den Klauen einer Inqui&#x017F;ition entgangen war, wo-<lb/>
bey ich, wie ich &#x017F;chon gemerkt hatte, gar leicht mei-<lb/>
nen be&#x017F;ten Kopf ha&#x0364;tte verlieren ko&#x0364;nnen. Ich ging<lb/>
nach meinem Quartier und legte mich &#x017F;chlafen.</p><lb/>
        <p>Fru&#x0364;h gegen 10 Uhr ließ <hi rendition="#g">Laubadere</hi> mich ho-<lb/>
len. Er war allein und &#x017F;ehr freundlich gegen mich.<lb/>
Nachdem er mich hatte nieder&#x017F;etzen und einen Becher<lb/>
Wein trinken la&#x017F;&#x017F;en, redete er mich &#x017F;o an:</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Citoyen,</hi> Du bi&#x017F;t zwar die&#x017F;e Nacht fu&#x0364;r unver-<lb/>
da&#x0364;chtig erkla&#x0364;rt, und in Freyheit ge&#x017F;ezt worden:<lb/>
Aber du darf&#x017F;t eben nicht denken, daß nun alles aufs<lb/>
Reine &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Wie denn &#x017F;o? Hat jemand noch was ge-<lb/>
gen mich einzuwenden?</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0048] ſchen ihm und den Franzoſen bey St. Menehoud vor- gefallen war, zu ſehr bekannt ward — alſo: ob der General Mannſtein mich an Dentzel ge- ſchickt, und ihm durch mich eine Summe Geldes fuͤr die Uebergabe von Landau habe bieten laſſen? Ob Dentzel nicht gegen mich uͤber die Republik raͤſonnirt, und geſagt habe, daß ſie zu Grund ge- hen muͤßte? Dieſe, und wohl noch zwanzig andre Fragen beantwortete ich ſo freymuͤthig und befrie- digend fuͤr das Conſeil de défenſe, daß es beſchloß, mich auf der Stelle frey zu laſſen — weil es an mir keinen Verdacht einer Falſchheit oder Subor- nation finde. — Wer war froher, als ich, daß ich den Klauen einer Inquiſition entgangen war, wo- bey ich, wie ich ſchon gemerkt hatte, gar leicht mei- nen beſten Kopf haͤtte verlieren koͤnnen. Ich ging nach meinem Quartier und legte mich ſchlafen. Fruͤh gegen 10 Uhr ließ Laubadere mich ho- len. Er war allein und ſehr freundlich gegen mich. Nachdem er mich hatte niederſetzen und einen Becher Wein trinken laſſen, redete er mich ſo an: Citoyen, Du biſt zwar dieſe Nacht fuͤr unver- daͤchtig erklaͤrt, und in Freyheit geſezt worden: Aber du darfſt eben nicht denken, daß nun alles aufs Reine ſey. Ich: Wie denn ſo? Hat jemand noch was ge- gen mich einzuwenden?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/48
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/48>, abgerufen am 26.04.2024.