Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Dreizehntes Kapitel.

Meine Wenigkeit von ohngefähr im Bordell ertappt.
Semlers Strafpredigt. Mein Bruder.
Liebelei.



Herr Semler, dem mein bisheriges Betragen ge-
fallen hatte, rieth mir, vom Waisenhause in die
Stadt, und zwar in sein Haus zu ziehen. Es war
nämlich ein gewisser Schmitz von Mont-Joie aus
dem Herzogthum Jülich von Erlangen nach Halle ge-
kommen. Mit diesem Herrn Schmitz war ich bekannt
und Freund geworden. Er miethete sich ein Zim-
mer in Semlers Hause, und bath mich, zu ihm zu
ziehen: er wolle die Miethe für mich mit bezahlen.
Der Vorschlag gefiel mir: ich sprach mit Semlern
darüber, und erhielt den Rath, nicht zu säumen:
ich könnte sodann seine Bibliothek besser benutzen,
und besser studiren.

Also zog ich zu Anfange des Oktobers vom
Waisenhause zum Leide meiner guten Kameraden
Poehler und Molweide, mit welchen ich sehr
brüderlich gelebt hatte, und bezog Num. 20 im Sem-
lerischen Hause.

Ich war auf dem Examen Lehrer der ersten he-
bräischen und der zweiten griechischen Classe gewor-

Dreizehntes Kapitel.

Meine Wenigkeit von ohngefaͤhr im Bordell ertappt.
Semlers Strafpredigt. Mein Bruder.
Liebelei.



Herr Semler, dem mein bisheriges Betragen ge-
fallen hatte, rieth mir, vom Waiſenhauſe in die
Stadt, und zwar in ſein Haus zu ziehen. Es war
naͤmlich ein gewiſſer Schmitz von Mont-Joie aus
dem Herzogthum Juͤlich von Erlangen nach Halle ge-
kommen. Mit dieſem Herrn Schmitz war ich bekannt
und Freund geworden. Er miethete ſich ein Zim-
mer in Semlers Hauſe, und bath mich, zu ihm zu
ziehen: er wolle die Miethe fuͤr mich mit bezahlen.
Der Vorſchlag gefiel mir: ich ſprach mit Semlern
daruͤber, und erhielt den Rath, nicht zu ſaͤumen:
ich koͤnnte ſodann ſeine Bibliothek beſſer benutzen,
und beſſer ſtudiren.

Alſo zog ich zu Anfange des Oktobers vom
Waiſenhauſe zum Leide meiner guten Kameraden
Poehler und Molweide, mit welchen ich ſehr
bruͤderlich gelebt hatte, und bezog Num. 20 im Sem-
leriſchen Hauſe.

Ich war auf dem Examen Lehrer der erſten he-
braͤiſchen und der zweiten griechiſchen Claſſe gewor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0154" n="152"/>
      <div n="1">
        <head>Dreizehntes Kapitel.</head><lb/>
        <p>Meine Wenigkeit von ohngefa&#x0364;hr im Bordell ertappt.<lb/>
Semlers Strafpredigt. Mein Bruder.<lb/>
Liebelei.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">H</hi>err Semler, dem mein bisheriges Betragen ge-<lb/>
fallen hatte, rieth mir, vom Wai&#x017F;enhau&#x017F;e in die<lb/>
Stadt, und zwar in &#x017F;ein Haus zu ziehen. Es war<lb/>
na&#x0364;mlich ein gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#g">Schmitz</hi> von Mont-Joie aus<lb/>
dem Herzogthum Ju&#x0364;lich von Erlangen nach Halle ge-<lb/>
kommen. Mit die&#x017F;em Herrn Schmitz war ich bekannt<lb/>
und Freund geworden. Er miethete &#x017F;ich ein Zim-<lb/>
mer in Semlers Hau&#x017F;e, und bath mich, zu ihm zu<lb/>
ziehen: er wolle die Miethe fu&#x0364;r mich mit bezahlen.<lb/>
Der Vor&#x017F;chlag gefiel mir: ich &#x017F;prach mit Semlern<lb/>
daru&#x0364;ber, und erhielt den Rath, nicht zu &#x017F;a&#x0364;umen:<lb/>
ich ko&#x0364;nnte &#x017F;odann &#x017F;eine Bibliothek be&#x017F;&#x017F;er benutzen,<lb/>
und be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tudiren.</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o zog ich zu Anfange des Oktobers vom<lb/>
Wai&#x017F;enhau&#x017F;e zum Leide meiner guten Kameraden<lb/><hi rendition="#g">Poehler</hi> und <hi rendition="#g">Molweide</hi>, mit welchen ich &#x017F;ehr<lb/>
bru&#x0364;derlich gelebt hatte, und bezog Num. 20 im Sem-<lb/>
leri&#x017F;chen Hau&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Ich war auf dem Examen Lehrer der er&#x017F;ten he-<lb/>
bra&#x0364;i&#x017F;chen und der zweiten griechi&#x017F;chen Cla&#x017F;&#x017F;e gewor-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0154] Dreizehntes Kapitel. Meine Wenigkeit von ohngefaͤhr im Bordell ertappt. Semlers Strafpredigt. Mein Bruder. Liebelei. Herr Semler, dem mein bisheriges Betragen ge- fallen hatte, rieth mir, vom Waiſenhauſe in die Stadt, und zwar in ſein Haus zu ziehen. Es war naͤmlich ein gewiſſer Schmitz von Mont-Joie aus dem Herzogthum Juͤlich von Erlangen nach Halle ge- kommen. Mit dieſem Herrn Schmitz war ich bekannt und Freund geworden. Er miethete ſich ein Zim- mer in Semlers Hauſe, und bath mich, zu ihm zu ziehen: er wolle die Miethe fuͤr mich mit bezahlen. Der Vorſchlag gefiel mir: ich ſprach mit Semlern daruͤber, und erhielt den Rath, nicht zu ſaͤumen: ich koͤnnte ſodann ſeine Bibliothek beſſer benutzen, und beſſer ſtudiren. Alſo zog ich zu Anfange des Oktobers vom Waiſenhauſe zum Leide meiner guten Kameraden Poehler und Molweide, mit welchen ich ſehr bruͤderlich gelebt hatte, und bezog Num. 20 im Sem- leriſchen Hauſe. Ich war auf dem Examen Lehrer der erſten he- braͤiſchen und der zweiten griechiſchen Claſſe gewor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/154
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/154>, abgerufen am 21.12.2024.