man wird da nicht eine finden, wo nicht mehrere Schneider, Schuster, Perückenmacher u. a. m. an- zutreffen wären. Daß dieses kein gutes Zeichen ist, versteht sich von selbst: daß man wenig wohlhabende Handwerker da antreffen werde, kann man schließen, und man schließt ganz richtig. Die Leute haben gu- ten Verdienst; aber ihre studentische Lebensart bringt sie um dessen Früchte. In Jena ist das noch viel ärger: da glaubt der Philister, es bringe ihm Schan- de, wenn er von seinem Verdienste des einen Tages mehr auf den andern spare, als er gerade noch früh zu seinem Schnapse braucht. Leicht verdienen kön- nen, macht also nicht haushälterisch. --
Eilftes Kapitel.
Fortsetzung. Bordelle in Halle. Waisenhaus. Professor Wolf.
Im Sommer 1782 war der bekannte Aventurier Abt mit einer Gesellschaft gröstentheils elender Schauspieler zu Reideburg angekommen, und hatte da bei Meister Zacharias Schmid Quartier ge- nommen. Abt hatte diesem Schmid und seiner Frau weis gemacht, daß er durch ihn reich werden könnte,
man wird da nicht eine finden, wo nicht mehrere Schneider, Schuſter, Peruͤckenmacher u. a. m. an- zutreffen waͤren. Daß dieſes kein gutes Zeichen iſt, verſteht ſich von ſelbſt: daß man wenig wohlhabende Handwerker da antreffen werde, kann man ſchließen, und man ſchließt ganz richtig. Die Leute haben gu- ten Verdienſt; aber ihre ſtudentiſche Lebensart bringt ſie um deſſen Fruͤchte. In Jena iſt das noch viel aͤrger: da glaubt der Philiſter, es bringe ihm Schan- de, wenn er von ſeinem Verdienſte des einen Tages mehr auf den andern ſpare, als er gerade noch fruͤh zu ſeinem Schnapſe braucht. Leicht verdienen koͤn- nen, macht alſo nicht haushaͤlteriſch. —
Eilftes Kapitel.
Fortſetzung. Bordelle in Halle. Waiſenhaus. Profeſſor Wolf.
Im Sommer 1782 war der bekannte Aventurier Abt mit einer Geſellſchaft groͤſtentheils elender Schauſpieler zu Reideburg angekommen, und hatte da bei Meiſter Zacharias Schmid Quartier ge- nommen. Abt hatte dieſem Schmid und ſeiner Frau weis gemacht, daß er durch ihn reich werden koͤnnte,
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man wird da nicht eine finden, wo nicht mehrere
Schneider, Schuſter, Peruͤckenmacher u. a. m. an-
zutreffen waͤren. Daß dieſes kein gutes Zeichen iſt,
verſteht ſich von ſelbſt: daß man wenig wohlhabende
Handwerker da antreffen werde, kann man ſchließen,
und man ſchließt ganz richtig. Die Leute haben gu-
ten Verdienſt; aber ihre ſtudentiſche Lebensart bringt
ſie um deſſen Fruͤchte. In Jena iſt das noch viel
aͤrger: da glaubt der Philiſter, es bringe ihm Schan-
de, wenn er von ſeinem Verdienſte des einen Tages
mehr auf den andern ſpare, als er gerade noch fruͤh
zu ſeinem Schnapſe braucht. Leicht verdienen koͤn-
nen, macht alſo nicht haushaͤlteriſch. —
Eilftes Kapitel.
Fortſetzung. Bordelle in Halle. Waiſenhaus.
Profeſſor Wolf.
Im Sommer 1782 war der bekannte Aventurier
Abt mit einer Geſellſchaft groͤſtentheils elender
Schauſpieler zu Reideburg angekommen, und hatte
da bei Meiſter Zacharias Schmid Quartier ge-
nommen. Abt hatte dieſem Schmid und ſeiner Frau
weis gemacht, daß er durch ihn reich werden koͤnnte,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/119>, abgerufen am 21.11.2024.
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