Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebentes Kapitel.

Auch die Liebe ist ein Krypto-Jesuit, und im Proselyten-
machen oft ein mächtiger Apostel.



In den Ferien war ich gewöhnlich zu Hause, und
suchte mich durch lustige ausgelassene Streiche für die
ausgestandenen Mühseligkeiten und Arbeiten auf der
Schule, in vollem Maaße zu entschädigen. Noch
hatte ich, so sehr ich ein theoretischer Zotologe war,
in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech-
net, welche ich bei den Dorfmenschern, und auch
wohl bei einigen sogenannten Mamsellen -- an-
brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an-
fing, das förmlich auszuüben, wozu mir unser Knecht
schon frühe Anleitung gegeben hatte.

Ich war einst im Herbst zu Hause, gerade da
meine Mutter ihre große Wäsche besorgen ließ. Das
Zeug mußte über Nacht auf der Bleiche liegen blei-
ben, und wurde von den Waschweibern nebst eini-
gen Knechten bewacht. Ich stieg in der Nacht aus
meinem Fenster, weil die Hausthür verschlossen war,
und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine
recht lustige Gesellschaft, welche mir damals baß be-
hagte. So lüstern, saft- und wortreich ich war,
schäkerte ich mit, und übertraf an Ungezogenheit die

Siebentes Kapitel.

Auch die Liebe iſt ein Krypto-Jeſuit, und im Proſelyten-
machen oft ein maͤchtiger Apoſtel.



In den Ferien war ich gewoͤhnlich zu Hauſe, und
ſuchte mich durch luſtige ausgelaſſene Streiche fuͤr die
ausgeſtandenen Muͤhſeligkeiten und Arbeiten auf der
Schule, in vollem Maaße zu entſchaͤdigen. Noch
hatte ich, ſo ſehr ich ein theoretiſcher Zotologe war,
in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech-
net, welche ich bei den Dorfmenſchern, und auch
wohl bei einigen ſogenannten Mamſellen — an-
brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an-
fing, das foͤrmlich auszuuͤben, wozu mir unſer Knecht
ſchon fruͤhe Anleitung gegeben hatte.

Ich war einſt im Herbſt zu Hauſe, gerade da
meine Mutter ihre große Waͤſche beſorgen ließ. Das
Zeug mußte uͤber Nacht auf der Bleiche liegen blei-
ben, und wurde von den Waſchweibern nebſt eini-
gen Knechten bewacht. Ich ſtieg in der Nacht aus
meinem Fenſter, weil die Hausthuͤr verſchloſſen war,
und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine
recht luſtige Geſellſchaft, welche mir damals baß be-
hagte. So luͤſtern, ſaft- und wortreich ich war,
ſchaͤkerte ich mit, und uͤbertraf an Ungezogenheit die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0059" n="45"/>
      <div n="1">
        <head>Siebentes Kapitel.</head><lb/>
        <p>Auch die Liebe i&#x017F;t ein Krypto-Je&#x017F;uit, und im Pro&#x017F;elyten-<lb/>
machen oft ein ma&#x0364;chtiger Apo&#x017F;tel.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">I</hi>n den Ferien war ich gewo&#x0364;hnlich zu Hau&#x017F;e, und<lb/>
&#x017F;uchte mich durch lu&#x017F;tige ausgela&#x017F;&#x017F;ene Streiche fu&#x0364;r die<lb/>
ausge&#x017F;tandenen Mu&#x0364;h&#x017F;eligkeiten und Arbeiten auf der<lb/>
Schule, in vollem Maaße zu ent&#x017F;cha&#x0364;digen. Noch<lb/>
hatte ich, &#x017F;o &#x017F;ehr ich ein theoreti&#x017F;cher Zotologe war,<lb/>
in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech-<lb/>
net, welche ich bei den Dorfmen&#x017F;chern, und auch<lb/>
wohl bei einigen &#x017F;ogenannten Mam&#x017F;ellen &#x2014; an-<lb/>
brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an-<lb/>
fing, das fo&#x0364;rmlich auszuu&#x0364;ben, wozu mir un&#x017F;er Knecht<lb/>
&#x017F;chon fru&#x0364;he Anleitung gegeben hatte.</p><lb/>
        <p>Ich war ein&#x017F;t im Herb&#x017F;t zu Hau&#x017F;e, gerade da<lb/>
meine Mutter ihre große Wa&#x0364;&#x017F;che be&#x017F;orgen ließ. Das<lb/>
Zeug mußte u&#x0364;ber Nacht auf der Bleiche liegen blei-<lb/>
ben, und wurde von den Wa&#x017F;chweibern neb&#x017F;t eini-<lb/>
gen Knechten bewacht. Ich &#x017F;tieg in der Nacht aus<lb/>
meinem Fen&#x017F;ter, weil die Hausthu&#x0364;r ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war,<lb/>
und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine<lb/>
recht lu&#x017F;tige Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, welche mir damals baß be-<lb/>
hagte. So lu&#x0364;&#x017F;tern, &#x017F;aft- und wortreich ich war,<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;kerte ich mit, und u&#x0364;bertraf an Ungezogenheit die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0059] Siebentes Kapitel. Auch die Liebe iſt ein Krypto-Jeſuit, und im Proſelyten- machen oft ein maͤchtiger Apoſtel. In den Ferien war ich gewoͤhnlich zu Hauſe, und ſuchte mich durch luſtige ausgelaſſene Streiche fuͤr die ausgeſtandenen Muͤhſeligkeiten und Arbeiten auf der Schule, in vollem Maaße zu entſchaͤdigen. Noch hatte ich, ſo ſehr ich ein theoretiſcher Zotologe war, in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech- net, welche ich bei den Dorfmenſchern, und auch wohl bei einigen ſogenannten Mamſellen — an- brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an- fing, das foͤrmlich auszuuͤben, wozu mir unſer Knecht ſchon fruͤhe Anleitung gegeben hatte. Ich war einſt im Herbſt zu Hauſe, gerade da meine Mutter ihre große Waͤſche beſorgen ließ. Das Zeug mußte uͤber Nacht auf der Bleiche liegen blei- ben, und wurde von den Waſchweibern nebſt eini- gen Knechten bewacht. Ich ſtieg in der Nacht aus meinem Fenſter, weil die Hausthuͤr verſchloſſen war, und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine recht luſtige Geſellſchaft, welche mir damals baß be- hagte. So luͤſtern, ſaft- und wortreich ich war, ſchaͤkerte ich mit, und uͤbertraf an Ungezogenheit die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/59
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/59>, abgerufen am 21.12.2024.