Auch die Liebe ist ein Krypto-Jesuit, und im Proselyten- machen oft ein mächtiger Apostel.
In den Ferien war ich gewöhnlich zu Hause, und suchte mich durch lustige ausgelassene Streiche für die ausgestandenen Mühseligkeiten und Arbeiten auf der Schule, in vollem Maaße zu entschädigen. Noch hatte ich, so sehr ich ein theoretischer Zotologe war, in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech- net, welche ich bei den Dorfmenschern, und auch wohl bei einigen sogenannten Mamsellen -- an- brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an- fing, das förmlich auszuüben, wozu mir unser Knecht schon frühe Anleitung gegeben hatte.
Ich war einst im Herbst zu Hause, gerade da meine Mutter ihre große Wäsche besorgen ließ. Das Zeug mußte über Nacht auf der Bleiche liegen blei- ben, und wurde von den Waschweibern nebst eini- gen Knechten bewacht. Ich stieg in der Nacht aus meinem Fenster, weil die Hausthür verschlossen war, und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine recht lustige Gesellschaft, welche mir damals baß be- hagte. So lüstern, saft- und wortreich ich war, schäkerte ich mit, und übertraf an Ungezogenheit die
Siebentes Kapitel.
Auch die Liebe iſt ein Krypto-Jeſuit, und im Proſelyten- machen oft ein maͤchtiger Apoſtel.
In den Ferien war ich gewoͤhnlich zu Hauſe, und ſuchte mich durch luſtige ausgelaſſene Streiche fuͤr die ausgeſtandenen Muͤhſeligkeiten und Arbeiten auf der Schule, in vollem Maaße zu entſchaͤdigen. Noch hatte ich, ſo ſehr ich ein theoretiſcher Zotologe war, in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech- net, welche ich bei den Dorfmenſchern, und auch wohl bei einigen ſogenannten Mamſellen — an- brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an- fing, das foͤrmlich auszuuͤben, wozu mir unſer Knecht ſchon fruͤhe Anleitung gegeben hatte.
Ich war einſt im Herbſt zu Hauſe, gerade da meine Mutter ihre große Waͤſche beſorgen ließ. Das Zeug mußte uͤber Nacht auf der Bleiche liegen blei- ben, und wurde von den Waſchweibern nebſt eini- gen Knechten bewacht. Ich ſtieg in der Nacht aus meinem Fenſter, weil die Hausthuͤr verſchloſſen war, und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine recht luſtige Geſellſchaft, welche mir damals baß be- hagte. So luͤſtern, ſaft- und wortreich ich war, ſchaͤkerte ich mit, und uͤbertraf an Ungezogenheit die
<TEI><text><body><pbfacs="#f0059"n="45"/><divn="1"><head>Siebentes Kapitel.</head><lb/><p>Auch die Liebe iſt ein Krypto-Jeſuit, und im Proſelyten-<lb/>
machen oft ein maͤchtiger Apoſtel.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">I</hi>n den Ferien war ich gewoͤhnlich zu Hauſe, und<lb/>ſuchte mich durch luſtige ausgelaſſene Streiche fuͤr die<lb/>
ausgeſtandenen Muͤhſeligkeiten und Arbeiten auf der<lb/>
Schule, in vollem Maaße zu entſchaͤdigen. Noch<lb/>
hatte ich, ſo ſehr ich ein theoretiſcher Zotologe war,<lb/>
in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech-<lb/>
net, welche ich bei den Dorfmenſchern, und auch<lb/>
wohl bei einigen ſogenannten Mamſellen — an-<lb/>
brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an-<lb/>
fing, das foͤrmlich auszuuͤben, wozu mir unſer Knecht<lb/>ſchon fruͤhe Anleitung gegeben hatte.</p><lb/><p>Ich war einſt im Herbſt zu Hauſe, gerade da<lb/>
meine Mutter ihre große Waͤſche beſorgen ließ. Das<lb/>
Zeug mußte uͤber Nacht auf der Bleiche liegen blei-<lb/>
ben, und wurde von den Waſchweibern nebſt eini-<lb/>
gen Knechten bewacht. Ich ſtieg in der Nacht aus<lb/>
meinem Fenſter, weil die Hausthuͤr verſchloſſen war,<lb/>
und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine<lb/>
recht luſtige Geſellſchaft, welche mir damals baß be-<lb/>
hagte. So luͤſtern, ſaft- und wortreich ich war,<lb/>ſchaͤkerte ich mit, und uͤbertraf an Ungezogenheit die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[45/0059]
Siebentes Kapitel.
Auch die Liebe iſt ein Krypto-Jeſuit, und im Proſelyten-
machen oft ein maͤchtiger Apoſtel.
In den Ferien war ich gewoͤhnlich zu Hauſe, und
ſuchte mich durch luſtige ausgelaſſene Streiche fuͤr die
ausgeſtandenen Muͤhſeligkeiten und Arbeiten auf der
Schule, in vollem Maaße zu entſchaͤdigen. Noch
hatte ich, ſo ſehr ich ein theoretiſcher Zotologe war,
in Praxi nichts gethan, einige Handgriffe abgerech-
net, welche ich bei den Dorfmenſchern, und auch
wohl bei einigen ſogenannten Mamſellen — an-
brachte. Aber nun kommt die Periode, wo ich an-
fing, das foͤrmlich auszuuͤben, wozu mir unſer Knecht
ſchon fruͤhe Anleitung gegeben hatte.
Ich war einſt im Herbſt zu Hauſe, gerade da
meine Mutter ihre große Waͤſche beſorgen ließ. Das
Zeug mußte uͤber Nacht auf der Bleiche liegen blei-
ben, und wurde von den Waſchweibern nebſt eini-
gen Knechten bewacht. Ich ſtieg in der Nacht aus
meinem Fenſter, weil die Hausthuͤr verſchloſſen war,
und begab mich zu den Bleichern. Ich fand eine
recht luſtige Geſellſchaft, welche mir damals baß be-
hagte. So luͤſtern, ſaft- und wortreich ich war,
ſchaͤkerte ich mit, und uͤbertraf an Ungezogenheit die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/59>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.