Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Sieben und dreissigstes Kapitel.

Ein neues Vikariat



Mein Vater war mit meiner donkischottischen Reise
nach Franken sehr übel zufrieden, und er hatte Recht.
Er kannte mich, und mußte sichs schon zum voraus
vorstellen, daß ich auf meiner Wallfahrt viele und
mannigfaltige Suiten gespielt habe. Um aber so viel
als möglich seinen Unwillen von mir abzuleiten, be-
schrieb ich ihm die zurückgelegte Reise nach meiner
Art, d. h. ich ließ aus, was er nicht wissen sollte,
und sagte blos das, was ich, ohne Wischer zu be-
kommen, getrost erzählen konnte. Daß ich in Erlan-
gen gewesen war, verschwieg ich; und mein Vater
hätte es vielleicht nie erfahren, wenn es ihm nicht
vom Herrn von Meiern gemeldet wäre, der es
vom D. Seiler, seinem ehemaligen Hofmeister, gehört
hatte. Mein Vater filzte mich deshalb sehr derbe
aus, besonders da Herr Seiler, nach seiner theolo-
gischen Humanität, gar schief von mir geurtheilt,
und mich als einen heillosen Menschen beschrieben
hatte, an dem auch nicht Ein Haar gut wäre.
Wahrscheinlich that dies der theologische Ehrenmann,
um sich an mir zu rächen. Als eine eingemachte Frau
Base, die gern Stadtmährchen hört und giebt, hatte

Sieben und dreiſſigſtes Kapitel.

Ein neues Vikariat



Mein Vater war mit meiner donkiſchottiſchen Reiſe
nach Franken ſehr uͤbel zufrieden, und er hatte Recht.
Er kannte mich, und mußte ſichs ſchon zum voraus
vorſtellen, daß ich auf meiner Wallfahrt viele und
mannigfaltige Suiten geſpielt habe. Um aber ſo viel
als moͤglich ſeinen Unwillen von mir abzuleiten, be-
ſchrieb ich ihm die zuruͤckgelegte Reiſe nach meiner
Art, d. h. ich ließ aus, was er nicht wiſſen ſollte,
und ſagte blos das, was ich, ohne Wiſcher zu be-
kommen, getroſt erzaͤhlen konnte. Daß ich in Erlan-
gen geweſen war, verſchwieg ich; und mein Vater
haͤtte es vielleicht nie erfahren, wenn es ihm nicht
vom Herrn von Meiern gemeldet waͤre, der es
vom D. Seiler, ſeinem ehemaligen Hofmeiſter, gehoͤrt
hatte. Mein Vater filzte mich deshalb ſehr derbe
aus, beſonders da Herr Seiler, nach ſeiner theolo-
giſchen Humanitaͤt, gar ſchief von mir geurtheilt,
und mich als einen heilloſen Menſchen beſchrieben
hatte, an dem auch nicht Ein Haar gut waͤre.
Wahrſcheinlich that dies der theologiſche Ehrenmann,
um ſich an mir zu raͤchen. Als eine eingemachte Frau
Baſe, die gern Stadtmaͤhrchen hoͤrt und giebt, hatte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0378" n="364"/>
      <div n="1">
        <head>Sieben und drei&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;tes Kapitel.</head><lb/>
        <p> <hi rendition="#g">Ein neues Vikariat</hi> </p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">M</hi>ein Vater war mit meiner donki&#x017F;chotti&#x017F;chen Rei&#x017F;e<lb/>
nach Franken &#x017F;ehr u&#x0364;bel zufrieden, und er hatte Recht.<lb/>
Er kannte mich, und mußte &#x017F;ichs &#x017F;chon zum voraus<lb/>
vor&#x017F;tellen, daß ich auf meiner Wallfahrt viele und<lb/>
mannigfaltige Suiten ge&#x017F;pielt habe. Um aber &#x017F;o viel<lb/>
als mo&#x0364;glich &#x017F;einen Unwillen von mir abzuleiten, be-<lb/>
&#x017F;chrieb ich ihm die zuru&#x0364;ckgelegte Rei&#x017F;e nach meiner<lb/>
Art, d. h. ich ließ aus, was er nicht wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte,<lb/>
und &#x017F;agte blos das, was ich, ohne Wi&#x017F;cher zu be-<lb/>
kommen, getro&#x017F;t erza&#x0364;hlen konnte. Daß ich in Erlan-<lb/>
gen gewe&#x017F;en war, ver&#x017F;chwieg ich; und mein Vater<lb/>
ha&#x0364;tte es vielleicht nie erfahren, wenn es ihm nicht<lb/>
vom Herrn von <hi rendition="#g">Meiern</hi> gemeldet wa&#x0364;re, der es<lb/>
vom D. Seiler, &#x017F;einem ehemaligen Hofmei&#x017F;ter, geho&#x0364;rt<lb/>
hatte. Mein Vater filzte mich deshalb &#x017F;ehr derbe<lb/>
aus, be&#x017F;onders da Herr Seiler, nach &#x017F;einer theolo-<lb/>
gi&#x017F;chen Humanita&#x0364;t, gar &#x017F;chief von mir geurtheilt,<lb/>
und mich als einen heillo&#x017F;en Men&#x017F;chen be&#x017F;chrieben<lb/>
hatte, an dem auch nicht Ein Haar gut wa&#x0364;re.<lb/>
Wahr&#x017F;cheinlich that dies der theologi&#x017F;che Ehrenmann,<lb/>
um &#x017F;ich an mir zu ra&#x0364;chen. Als eine eingemachte Frau<lb/>
Ba&#x017F;e, die gern Stadtma&#x0364;hrchen ho&#x0364;rt und giebt, hatte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0378] Sieben und dreiſſigſtes Kapitel. Ein neues Vikariat Mein Vater war mit meiner donkiſchottiſchen Reiſe nach Franken ſehr uͤbel zufrieden, und er hatte Recht. Er kannte mich, und mußte ſichs ſchon zum voraus vorſtellen, daß ich auf meiner Wallfahrt viele und mannigfaltige Suiten geſpielt habe. Um aber ſo viel als moͤglich ſeinen Unwillen von mir abzuleiten, be- ſchrieb ich ihm die zuruͤckgelegte Reiſe nach meiner Art, d. h. ich ließ aus, was er nicht wiſſen ſollte, und ſagte blos das, was ich, ohne Wiſcher zu be- kommen, getroſt erzaͤhlen konnte. Daß ich in Erlan- gen geweſen war, verſchwieg ich; und mein Vater haͤtte es vielleicht nie erfahren, wenn es ihm nicht vom Herrn von Meiern gemeldet waͤre, der es vom D. Seiler, ſeinem ehemaligen Hofmeiſter, gehoͤrt hatte. Mein Vater filzte mich deshalb ſehr derbe aus, beſonders da Herr Seiler, nach ſeiner theolo- giſchen Humanitaͤt, gar ſchief von mir geurtheilt, und mich als einen heilloſen Menſchen beſchrieben hatte, an dem auch nicht Ein Haar gut waͤre. Wahrſcheinlich that dies der theologiſche Ehrenmann, um ſich an mir zu raͤchen. Als eine eingemachte Frau Baſe, die gern Stadtmaͤhrchen hoͤrt und giebt, hatte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/378
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/378>, abgerufen am 21.11.2024.