Wir waren gegen Abend in Mainz angekommen, und in den Gasthof, die Pfalz, eingekehrt. Da wir daselbst alles thek und drastisch fanden, gingen wir zum Abendessen vors Münsterthor, auf ein an- sehnliches Gartenhaus, welches damals einem ge- wissen Dillmann zugehörte, und wegen seiner schönen Tochter fleißig besucht wurde. Die Tochter hieß in Mainz die hübsche Gretel. Hier trafen wir Mainzer Juristen an. Juristen heißen hier ei- gentlich, im Gegensatz der Seminaristen, oder Theo- logen, diejenigen Studenten, welche ganz so zu sagen von den übrigen abgesondert sind, und ihr Wesen für sich haben. Diese Herren waren artig und ließen sich mit uns ins Gespräch ein. Ihre Höflichkeit machte, daß wir uns ihrer erbarmten, und beschlos- sen, ihnen den Komment beizubringen: denn wir sa- hen wohl, daß sie in diesem Stück arme Sünder waren. Ich fragte daher den ersten besten: wie siehts denn hier mit dem Komment aus?
Student: Komment? -- was ist das, wenn ich gehorsamst bitten darf?
Vier und zwanzigſtes Kapitel.
Burſchenkomment in Mainz.
Wir waren gegen Abend in Mainz angekommen, und in den Gaſthof, die Pfalz, eingekehrt. Da wir daſelbſt alles thek und draſtiſch fanden, gingen wir zum Abendeſſen vors Muͤnſterthor, auf ein an- ſehnliches Gartenhaus, welches damals einem ge- wiſſen Dillmann zugehoͤrte, und wegen ſeiner ſchoͤnen Tochter fleißig beſucht wurde. Die Tochter hieß in Mainz die huͤbſche Gretel. Hier trafen wir Mainzer Juriſten an. Juriſten heißen hier ei- gentlich, im Gegenſatz der Seminariſten, oder Theo- logen, diejenigen Studenten, welche ganz ſo zu ſagen von den uͤbrigen abgeſondert ſind, und ihr Weſen fuͤr ſich haben. Dieſe Herren waren artig und ließen ſich mit uns ins Geſpraͤch ein. Ihre Hoͤflichkeit machte, daß wir uns ihrer erbarmten, und beſchloſ- ſen, ihnen den Komment beizubringen: denn wir ſa- hen wohl, daß ſie in dieſem Stuͤck arme Suͤnder waren. Ich fragte daher den erſten beſten: wie ſiehts denn hier mit dem Komment aus?
Student: Komment? — was iſt das, wenn ich gehorſamſt bitten darf?
<TEI><text><body><pbfacs="#f0233"n="219"/><divn="1"><head>Vier und zwanzigſtes Kapitel.</head><lb/><p><hirendition="#g">Burſchenkomment in Mainz.</hi></p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">W</hi>ir waren gegen Abend in Mainz angekommen,<lb/>
und in den Gaſthof, die Pfalz, eingekehrt. Da<lb/>
wir daſelbſt alles thek und draſtiſch fanden, gingen<lb/>
wir zum Abendeſſen vors Muͤnſterthor, auf ein an-<lb/>ſehnliches Gartenhaus, welches damals einem ge-<lb/>
wiſſen <hirendition="#g">Dillmann</hi> zugehoͤrte, und wegen ſeiner<lb/>ſchoͤnen Tochter fleißig beſucht wurde. Die Tochter<lb/>
hieß in Mainz die <hirendition="#g">huͤbſche Gretel</hi>. Hier trafen<lb/>
wir Mainzer Juriſten an. Juriſten heißen hier ei-<lb/>
gentlich, im Gegenſatz der Seminariſten, oder Theo-<lb/>
logen, diejenigen Studenten, welche ganz ſo zu ſagen<lb/>
von den uͤbrigen abgeſondert ſind, und ihr Weſen<lb/>
fuͤr ſich haben. Dieſe Herren waren artig und ließen<lb/>ſich mit uns ins Geſpraͤch ein. Ihre Hoͤflichkeit<lb/>
machte, daß wir uns ihrer erbarmten, und beſchloſ-<lb/>ſen, ihnen den Komment beizubringen: denn wir ſa-<lb/>
hen wohl, daß ſie in dieſem Stuͤck arme Suͤnder<lb/>
waren. Ich fragte daher den erſten beſten: wie<lb/>ſiehts denn hier mit dem Komment aus?</p><lb/><p><hirendition="#g">Student</hi>: Komment? — was iſt das, wenn<lb/>
ich gehorſamſt bitten darf?</p><lb/></div></body></text></TEI>
[219/0233]
Vier und zwanzigſtes Kapitel.
Burſchenkomment in Mainz.
Wir waren gegen Abend in Mainz angekommen,
und in den Gaſthof, die Pfalz, eingekehrt. Da
wir daſelbſt alles thek und draſtiſch fanden, gingen
wir zum Abendeſſen vors Muͤnſterthor, auf ein an-
ſehnliches Gartenhaus, welches damals einem ge-
wiſſen Dillmann zugehoͤrte, und wegen ſeiner
ſchoͤnen Tochter fleißig beſucht wurde. Die Tochter
hieß in Mainz die huͤbſche Gretel. Hier trafen
wir Mainzer Juriſten an. Juriſten heißen hier ei-
gentlich, im Gegenſatz der Seminariſten, oder Theo-
logen, diejenigen Studenten, welche ganz ſo zu ſagen
von den uͤbrigen abgeſondert ſind, und ihr Weſen
fuͤr ſich haben. Dieſe Herren waren artig und ließen
ſich mit uns ins Geſpraͤch ein. Ihre Hoͤflichkeit
machte, daß wir uns ihrer erbarmten, und beſchloſ-
ſen, ihnen den Komment beizubringen: denn wir ſa-
hen wohl, daß ſie in dieſem Stuͤck arme Suͤnder
waren. Ich fragte daher den erſten beſten: wie
ſiehts denn hier mit dem Komment aus?
Student: Komment? — was iſt das, wenn
ich gehorſamſt bitten darf?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/233>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.