Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Aus dem Tagebuche einer Ameise. handen, daß wir mit Hilfe unserer bewaffneten Fühlerbald die Menschensprache vollständig beherrschen werden. Auch ein Sehrohr ist konstruiert worden, wodurch wir selbst bei Tageslicht entfernte Gegenstände wahrnehmen können. Flügelsonne 8. Jetzt geht es lustig im Stock zu! Wir haben wieder Flügelsonne 9. Von der Erpedition höre ich, daß die Menschen Aus dem Tagebuche einer Ameiſe. handen, daß wir mit Hilfe unſerer bewaffneten Fühlerbald die Menſchenſprache vollſtändig beherrſchen werden. Auch ein Sehrohr iſt konſtruiert worden, wodurch wir ſelbſt bei Tageslicht entfernte Gegenſtände wahrnehmen können. Flügelſonne 8. Jetzt geht es luſtig im Stock zu! Wir haben wieder Flügelſonne 9. Von der Erpedition höre ich, daß die Menſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0096" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.</hi></fw><lb/> handen, daß wir mit Hilfe unſerer bewaffneten Fühler<lb/> bald die Menſchenſprache vollſtändig beherrſchen werden.<lb/> Auch ein Sehrohr iſt konſtruiert worden, wodurch wir<lb/> ſelbſt bei Tageslicht entfernte Gegenſtände wahrnehmen<lb/> können.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Flügelſonne 8.</hi> </head><lb/> <p>Jetzt geht es luſtig im Stock zu! Wir haben wieder<lb/> eine geflügelte Jugend. Mädchen und Knaben tummeln<lb/> ſich draußen, es iſt nicht leicht ſie zu hüten. Frei<lb/> ſchweben ſie in der Luft, wir alten Führer laufen unten<lb/> herum und ſind nicht imſtande ſie zu taſteln. Nun,<lb/> das Vergnügen iſt ein kurzes — wenige Sonnen, und<lb/> die Flügel müſſen fallen!</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Flügelſonne 9.</hi> </head><lb/> <p>Von der Erpedition höre ich, daß die Menſchen<lb/> ſogar Bücher über uns Ameiſen geſchrieben haben.<lb/> Selbſtverſtändlich lauter Unſinn! Von unſern Verkehrs-<lb/> mitteln haben ſie keine Ahnung, unſere Organe deuten<lb/> ſie ganz falſch, weil ſie ſich nach ihren groben Sinnen<lb/> richten. Sie wiſſen nicht, wie fein und modulations-<lb/> fähig unſere Taſterſchwingungen ſind, und daß die Keulen-<lb/> käferchen die Fähigkeit haben, dieſe Taſterſchwingungen<lb/> aufzunehmen, feſtzuhalten und nach Belieben wieder-<lb/> zugeben. Daher zerbrechen ſie ſich den Kopf, wozu wir<lb/> die Keulenkäferchen im Stock halten und füttern, denn<lb/> ſie können nicht begreifen, daß dieſe unſere lebendige<lb/> Bibliothek ſind. Da bilden ſie ſich wer weiß was auf<lb/> ein neues Jnſtrument ein, was einer von ihnen erfun-<lb/> den hat, um die Töne feſtzuhalten und wiederzugeben.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0096]
Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.
handen, daß wir mit Hilfe unſerer bewaffneten Fühler
bald die Menſchenſprache vollſtändig beherrſchen werden.
Auch ein Sehrohr iſt konſtruiert worden, wodurch wir
ſelbſt bei Tageslicht entfernte Gegenſtände wahrnehmen
können.
Flügelſonne 8.
Jetzt geht es luſtig im Stock zu! Wir haben wieder
eine geflügelte Jugend. Mädchen und Knaben tummeln
ſich draußen, es iſt nicht leicht ſie zu hüten. Frei
ſchweben ſie in der Luft, wir alten Führer laufen unten
herum und ſind nicht imſtande ſie zu taſteln. Nun,
das Vergnügen iſt ein kurzes — wenige Sonnen, und
die Flügel müſſen fallen!
Flügelſonne 9.
Von der Erpedition höre ich, daß die Menſchen
ſogar Bücher über uns Ameiſen geſchrieben haben.
Selbſtverſtändlich lauter Unſinn! Von unſern Verkehrs-
mitteln haben ſie keine Ahnung, unſere Organe deuten
ſie ganz falſch, weil ſie ſich nach ihren groben Sinnen
richten. Sie wiſſen nicht, wie fein und modulations-
fähig unſere Taſterſchwingungen ſind, und daß die Keulen-
käferchen die Fähigkeit haben, dieſe Taſterſchwingungen
aufzunehmen, feſtzuhalten und nach Belieben wieder-
zugeben. Daher zerbrechen ſie ſich den Kopf, wozu wir
die Keulenkäferchen im Stock halten und füttern, denn
ſie können nicht begreifen, daß dieſe unſere lebendige
Bibliothek ſind. Da bilden ſie ſich wer weiß was auf
ein neues Jnſtrument ein, was einer von ihnen erfun-
den hat, um die Töne feſtzuhalten und wiederzugeben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |