[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.Fräulein von Sternheim an Emilien. O -- noch einmal so lieb sind mir mei- lens
Fraͤulein von Sternheim an Emilien. O — noch einmal ſo lieb ſind mir mei- lens
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Fraͤulein von Sternheim
an
Emilien.
O — noch einmal ſo lieb ſind mir mei-
ne Maͤdchen geworden, ſeitdem Mylord
da war; denn durch die Freude an den
unſchuldigen Creaturen, hat ſich mein
Geiſt und mein Herz geſtaͤrkt. Mylord
liebt das Ernſthafte meiner Gemuͤthsart
nicht; er will nur meinen Witz genaͤhrt
haben; meine ſchuͤchterne und ſanfte Zaͤrt-
lichkeit, iſt auch die rechte Antwort nicht,
die ich ſeiner raſchen und heftigen Liebe
entgegen ſetze, und uͤber das Verbrennen
ſeiner Buͤcher hat er einen maͤnnlichen
Hauszorn geaͤußert. Er war drey Wo-
chen da. Jch durfte meine Maͤdchen
nicht ſehen; ſeine Gemuͤthsverfaſſung
ſchien mir ungleich; bald aͤußerſt munter,
und voller Leidenſchaft! bald wieder duͤ-
ſter und trocken; ſeine Blicke oft mit Laͤ-
cheln, oft mit denkendem Misvergnuͤgen
auf mich geheftet. Jch mußte ihm die
Urſachen meines anfaͤnglichen Widerwil-
lens
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Zitationshilfe: | [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/37>, abgerufen am 22.02.2025. |