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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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z. B. der sozialdemokratischen - die das Stimm-
recht so energisch fordern, überhaupt nicht
kirchlich interessiert sind
. Die Kirche hat also das
größte Jnteresse daran, diese Frauen von jedem Einfluß
auf die kirchlichen Verhältnisse fernzuhalten, da von ihnen
eine völlige Radikalisierung ausgehen würde. Leider hat
sich auch die liberale Theologie des kirchlichen Frauen-
stimmrechts überaus freundlich angenommen, weil sie von
den radikalen Stimmrechtlerinnen eine Stärkung des
kirchlichen Liberalismus erwartet. Es ist darum kaum
auffällig, daß gerade die bekannten Führer der liberalen
Theologie die entschiedensten männlichen Parteigänger der
politischen Frauenstimmrechtsbewegung geworden sind.
Ebenso haben die Feststellungen des statistischen Zentral-
büros in Stockholm bewiesen, daß auch auf kirchlichem
Gebiet nur der Radikalismus vom Frauenstimmrecht
Vorteile hat.

Die Gefahren, welche mit dem allgemeinen kirchlichen
Frauenstimmrecht notwendig verknüpft sind, kommen
vielen seiner nicht emanzipierten Anhängerinnen zum
Bewußtsein. Und so ist denn aus diesen ernstlich christlichen
Kreisen der Vorschlag gemacht worden, das kirchliche
Stimmrecht nur anerkannt geeigneten Frauen mit
wirklichen kirchlichen Jnteressen zu verleihen. Daß ein
solcher gewiß wohlgemeinter Vorschlag in der Praxis
unausführbar sein würde, bedarf wohl kaum eines Nach-
weises. Zunächst dürfte sich schon die erste Aufgabe, die
Auswahl der Geeigneten, als unlösbar erweisen. Sodann
würde sich sofort die logische Forderung einstellen, daß
der Qualifikationsnachweis auch auf die Männer, aus-
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z. B. der sozialdemokratischen – die das Stimm-
recht so energisch fordern, überhaupt nicht
kirchlich interessiert sind
. Die Kirche hat also das
größte Jnteresse daran, diese Frauen von jedem Einfluß
auf die kirchlichen Verhältnisse fernzuhalten, da von ihnen
eine völlige Radikalisierung ausgehen würde. Leider hat
sich auch die liberale Theologie des kirchlichen Frauen-
stimmrechts überaus freundlich angenommen, weil sie von
den radikalen Stimmrechtlerinnen eine Stärkung des
kirchlichen Liberalismus erwartet. Es ist darum kaum
auffällig, daß gerade die bekannten Führer der liberalen
Theologie die entschiedensten männlichen Parteigänger der
politischen Frauenstimmrechtsbewegung geworden sind.
Ebenso haben die Feststellungen des statistischen Zentral-
büros in Stockholm bewiesen, daß auch auf kirchlichem
Gebiet nur der Radikalismus vom Frauenstimmrecht
Vorteile hat.

Die Gefahren, welche mit dem allgemeinen kirchlichen
Frauenstimmrecht notwendig verknüpft sind, kommen
vielen seiner nicht emanzipierten Anhängerinnen zum
Bewußtsein. Und so ist denn aus diesen ernstlich christlichen
Kreisen der Vorschlag gemacht worden, das kirchliche
Stimmrecht nur anerkannt geeigneten Frauen mit
wirklichen kirchlichen Jnteressen zu verleihen. Daß ein
solcher gewiß wohlgemeinter Vorschlag in der Praxis
unausführbar sein würde, bedarf wohl kaum eines Nach-
weises. Zunächst dürfte sich schon die erste Aufgabe, die
Auswahl der Geeigneten, als unlösbar erweisen. Sodann
würde sich sofort die logische Forderung einstellen, daß
der Qualifikationsnachweis auch auf die Männer, aus-
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[32/0034] z. B. der sozialdemokratischen – die das Stimm- recht so energisch fordern, überhaupt nicht kirchlich interessiert sind. Die Kirche hat also das größte Jnteresse daran, diese Frauen von jedem Einfluß auf die kirchlichen Verhältnisse fernzuhalten, da von ihnen eine völlige Radikalisierung ausgehen würde. Leider hat sich auch die liberale Theologie des kirchlichen Frauen- stimmrechts überaus freundlich angenommen, weil sie von den radikalen Stimmrechtlerinnen eine Stärkung des kirchlichen Liberalismus erwartet. Es ist darum kaum auffällig, daß gerade die bekannten Führer der liberalen Theologie die entschiedensten männlichen Parteigänger der politischen Frauenstimmrechtsbewegung geworden sind. Ebenso haben die Feststellungen des statistischen Zentral- büros in Stockholm bewiesen, daß auch auf kirchlichem Gebiet nur der Radikalismus vom Frauenstimmrecht Vorteile hat. Die Gefahren, welche mit dem allgemeinen kirchlichen Frauenstimmrecht notwendig verknüpft sind, kommen vielen seiner nicht emanzipierten Anhängerinnen zum Bewußtsein. Und so ist denn aus diesen ernstlich christlichen Kreisen der Vorschlag gemacht worden, das kirchliche Stimmrecht nur anerkannt geeigneten Frauen mit wirklichen kirchlichen Jnteressen zu verleihen. Daß ein solcher gewiß wohlgemeinter Vorschlag in der Praxis unausführbar sein würde, bedarf wohl kaum eines Nach- weises. Zunächst dürfte sich schon die erste Aufgabe, die Auswahl der Geeigneten, als unlösbar erweisen. Sodann würde sich sofort die logische Forderung einstellen, daß der Qualifikationsnachweis auch auf die Männer, aus- -

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/34>, abgerufen am 26.04.2024.