Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Eintheilungen.
muß sich versichern, daß man alle Theile, Glieder,
Fälle etc. habe, die unter die Klasse gehören.

§. 116.

Ferner giebt uns jeder einzelne Fall den Begriff
eines Gliedes bey einer Eintheilung, die einen allge-
meinen Namen hat. So Z. E. wenn eine Lehre
oder Regel nicht allgemein angewandt werden kann,
so muß man alle Fälle abzählen, die eine besondere
Bestimmung der Regel oder Lehre erfordern. Und
die Abzählung dieser Fälle, die Bestimmung ihrer
Kennzeichen, und zugleich auch die Angabe der Re-
gel, wie man sie traktiren soll, ist es, was die Leh-
re vollständig macht. Die ganze Trigonometrie ist
ein Beyspiel hievon. Und in der ganzen Mathema-
tik giebt die Verwechslung der gegebenen und gesuch-
ten Stücke, die besondern Fälle, welche in Ansehung
einer Theorie vorkommen können. Auf eine ähnliche
Art werden in den Rechten die sogenannten Erb-
fälle
betrachtet und in Klassen gebracht, um die
Gesetze über die Erbschaft bestimmter zu machen. Die
Collision verschiedener Gesetze giebt ebenfalls beson-
dere Fälle an, die bestimmt und in Klassen gebracht
werden müssen. Ein Fall ist in dieser Absicht be-
trachtet, ein Zusammenlauf oder Verwechslung oder
Combination einzelner Umstände oder Bestimmungen,
die einen besondern Erfolg haben. Solche Fälle las-
sen sich demnach durch die Regeln der Combination
und Permutation bestimmen, so bald die Anzahl oder
Beschaffenheit der Umstände etc. gegeben ist. Auch
hievon haben wir in der Trigonometrie das vollstän-
digste Beyspiel, welches gleichsam zum Muster die-
nen kann. Eine vollständige Bestimmung aller Um-
stände, die eine Erfindung aufhalten oder befördern
können, würde in der Erfindungskunst eine ähnliche
Zierde seyn.

§ 117.

von den Eintheilungen.
muß ſich verſichern, daß man alle Theile, Glieder,
Faͤlle ꝛc. habe, die unter die Klaſſe gehoͤren.

§. 116.

Ferner giebt uns jeder einzelne Fall den Begriff
eines Gliedes bey einer Eintheilung, die einen allge-
meinen Namen hat. So Z. E. wenn eine Lehre
oder Regel nicht allgemein angewandt werden kann,
ſo muß man alle Faͤlle abzaͤhlen, die eine beſondere
Beſtimmung der Regel oder Lehre erfordern. Und
die Abzaͤhlung dieſer Faͤlle, die Beſtimmung ihrer
Kennzeichen, und zugleich auch die Angabe der Re-
gel, wie man ſie traktiren ſoll, iſt es, was die Leh-
re vollſtaͤndig macht. Die ganze Trigonometrie iſt
ein Beyſpiel hievon. Und in der ganzen Mathema-
tik giebt die Verwechslung der gegebenen und geſuch-
ten Stuͤcke, die beſondern Faͤlle, welche in Anſehung
einer Theorie vorkommen koͤnnen. Auf eine aͤhnliche
Art werden in den Rechten die ſogenannten Erb-
faͤlle
betrachtet und in Klaſſen gebracht, um die
Geſetze uͤber die Erbſchaft beſtimmter zu machen. Die
Colliſion verſchiedener Geſetze giebt ebenfalls beſon-
dere Faͤlle an, die beſtimmt und in Klaſſen gebracht
werden muͤſſen. Ein Fall iſt in dieſer Abſicht be-
trachtet, ein Zuſammenlauf oder Verwechslung oder
Combination einzelner Umſtaͤnde oder Beſtimmungen,
die einen beſondern Erfolg haben. Solche Faͤlle laſ-
ſen ſich demnach durch die Regeln der Combination
und Permutation beſtimmen, ſo bald die Anzahl oder
Beſchaffenheit der Umſtaͤnde ꝛc. gegeben iſt. Auch
hievon haben wir in der Trigonometrie das vollſtaͤn-
digſte Beyſpiel, welches gleichſam zum Muſter die-
nen kann. Eine vollſtaͤndige Beſtimmung aller Um-
ſtaͤnde, die eine Erfindung aufhalten oder befoͤrdern
koͤnnen, wuͤrde in der Erfindungskunſt eine aͤhnliche
Zierde ſeyn.

§ 117.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0097" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Eintheilungen.</hi></fw><lb/>
muß &#x017F;ich ver&#x017F;ichern, daß man alle Theile, Glieder,<lb/>
Fa&#x0364;lle &#xA75B;c. habe, die unter die Kla&#x017F;&#x017F;e geho&#x0364;ren.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 116.</head><lb/>
            <p>Ferner giebt uns jeder einzelne <hi rendition="#fr">Fall</hi> den Begriff<lb/>
eines Gliedes bey einer Eintheilung, die einen allge-<lb/>
meinen Namen hat. So Z. E. wenn eine Lehre<lb/>
oder Regel nicht allgemein angewandt werden kann,<lb/>
&#x017F;o muß man alle Fa&#x0364;lle abza&#x0364;hlen, die eine be&#x017F;ondere<lb/>
Be&#x017F;timmung der Regel oder Lehre erfordern. Und<lb/>
die Abza&#x0364;hlung die&#x017F;er Fa&#x0364;lle, die Be&#x017F;timmung ihrer<lb/>
Kennzeichen, und zugleich auch die Angabe der Re-<lb/>
gel, wie man &#x017F;ie traktiren &#x017F;oll, i&#x017F;t es, was die Leh-<lb/>
re voll&#x017F;ta&#x0364;ndig macht. Die ganze Trigonometrie i&#x017F;t<lb/>
ein Bey&#x017F;piel hievon. Und in der ganzen Mathema-<lb/>
tik giebt die Verwechslung der gegebenen und ge&#x017F;uch-<lb/>
ten Stu&#x0364;cke, die be&#x017F;ondern Fa&#x0364;lle, welche in An&#x017F;ehung<lb/>
einer Theorie vorkommen ko&#x0364;nnen. Auf eine a&#x0364;hnliche<lb/>
Art werden in den Rechten die &#x017F;ogenannten <hi rendition="#fr">Erb-<lb/>
fa&#x0364;lle</hi> betrachtet und in <hi rendition="#fr">Kla&#x017F;&#x017F;en</hi> gebracht, um die<lb/>
Ge&#x017F;etze u&#x0364;ber die Erb&#x017F;chaft be&#x017F;timmter zu machen. Die<lb/>
Colli&#x017F;ion ver&#x017F;chiedener Ge&#x017F;etze giebt ebenfalls be&#x017F;on-<lb/>
dere Fa&#x0364;lle an, die be&#x017F;timmt und in Kla&#x017F;&#x017F;en gebracht<lb/>
werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Ein <hi rendition="#fr">Fall</hi> i&#x017F;t in die&#x017F;er Ab&#x017F;icht be-<lb/>
trachtet, ein Zu&#x017F;ammenlauf oder Verwechslung oder<lb/>
Combination einzelner Um&#x017F;ta&#x0364;nde oder Be&#x017F;timmungen,<lb/>
die einen be&#x017F;ondern Erfolg haben. Solche Fa&#x0364;lle la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ich demnach durch die Regeln der Combination<lb/>
und Permutation be&#x017F;timmen, &#x017F;o bald die Anzahl oder<lb/>
Be&#x017F;chaffenheit der Um&#x017F;ta&#x0364;nde &#xA75B;c. gegeben i&#x017F;t. Auch<lb/>
hievon haben wir in der Trigonometrie das voll&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig&#x017F;te Bey&#x017F;piel, welches gleich&#x017F;am zum Mu&#x017F;ter die-<lb/>
nen kann. Eine voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Be&#x017F;timmung aller Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde, die eine Erfindung aufhalten oder befo&#x0364;rdern<lb/>
ko&#x0364;nnen, wu&#x0364;rde in der Erfindungskun&#x017F;t eine a&#x0364;hnliche<lb/>
Zierde &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§ 117.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0097] von den Eintheilungen. muß ſich verſichern, daß man alle Theile, Glieder, Faͤlle ꝛc. habe, die unter die Klaſſe gehoͤren. §. 116. Ferner giebt uns jeder einzelne Fall den Begriff eines Gliedes bey einer Eintheilung, die einen allge- meinen Namen hat. So Z. E. wenn eine Lehre oder Regel nicht allgemein angewandt werden kann, ſo muß man alle Faͤlle abzaͤhlen, die eine beſondere Beſtimmung der Regel oder Lehre erfordern. Und die Abzaͤhlung dieſer Faͤlle, die Beſtimmung ihrer Kennzeichen, und zugleich auch die Angabe der Re- gel, wie man ſie traktiren ſoll, iſt es, was die Leh- re vollſtaͤndig macht. Die ganze Trigonometrie iſt ein Beyſpiel hievon. Und in der ganzen Mathema- tik giebt die Verwechslung der gegebenen und geſuch- ten Stuͤcke, die beſondern Faͤlle, welche in Anſehung einer Theorie vorkommen koͤnnen. Auf eine aͤhnliche Art werden in den Rechten die ſogenannten Erb- faͤlle betrachtet und in Klaſſen gebracht, um die Geſetze uͤber die Erbſchaft beſtimmter zu machen. Die Colliſion verſchiedener Geſetze giebt ebenfalls beſon- dere Faͤlle an, die beſtimmt und in Klaſſen gebracht werden muͤſſen. Ein Fall iſt in dieſer Abſicht be- trachtet, ein Zuſammenlauf oder Verwechslung oder Combination einzelner Umſtaͤnde oder Beſtimmungen, die einen beſondern Erfolg haben. Solche Faͤlle laſ- ſen ſich demnach durch die Regeln der Combination und Permutation beſtimmen, ſo bald die Anzahl oder Beſchaffenheit der Umſtaͤnde ꝛc. gegeben iſt. Auch hievon haben wir in der Trigonometrie das vollſtaͤn- digſte Beyſpiel, welches gleichſam zum Muſter die- nen kann. Eine vollſtaͤndige Beſtimmung aller Um- ſtaͤnde, die eine Erfindung aufhalten oder befoͤrdern koͤnnen, wuͤrde in der Erfindungskunſt eine aͤhnliche Zierde ſeyn. § 117.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/97
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/97>, abgerufen am 21.11.2024.