Erkennbarkeit in sich habe, weil es für sich erkennbar ist. Und in sofern läßt sich allerdings sagen: Alles Erkennbare, und daher auch alles Mögliche habe einen Grund. Denn ist es für sich erkennbar, so hat es den Grund seiner Erkennbarkeit in sich, und wenn es auch einen anderweitigen Grund hätte, so wäre dieser zu seiner Erkennbarkeit nicht absolut noth- wendig. (§. 231.) Jst es aber nicht für sich erkenn- bar, aber dennoch erkennbar, und folglich möglich, so hat es ebenfalls einen Grund. (§. 227. 228.) Da es demnach einen Grund hat, es mag für sich, oder nicht für sich erkennbar seyn, so ist klar, daß über- haupt alles Erkennbare und daher alles Mögliche ei- nen Grund habe, aus dem es sich als möglich erken- nen läßt.
§. 235.
Wir können zum Behuf dieses Satzes noch an- merken, daß man längst schon gewohnt ist, die Grün- de in nähere und entferntere einzutheilen. Jn so fern man demnach sagen kann, das für sich Erkenn- bare habe den Grund seiner Erkennbarkeit in sich, so ist dieser Grund unstreitig absolut unmittelbar, weil er für sich subsistirt, und in so fern von jeden ent- ferntern Gründen nicht so abhängt, daß er ohne die- selben nicht zureichend wäre. Hingegen, was nicht für sich erkennbar ist, das muß aus anderm erkenn- bar werden, und da giebt es allerdings desto entfern- tere Gründe, je mehr einzelne Schritte man zu ge- hen hat, um von dem für sich Erkennbaren auf das, so man aus demselben erkennen kann, zu kommen. (§. 217. seqq.)
§. 236. a)
Jn sofern sich ein Grund aus dem, so darauf gegründet ist, erkennen läßt, in sofern geht man a posteriori, weil man das, was aus dem Grund erst
sollte
des Wahren und Jrrigen.
Erkennbarkeit in ſich habe, weil es fuͤr ſich erkennbar iſt. Und in ſofern laͤßt ſich allerdings ſagen: Alles Erkennbare, und daher auch alles Moͤgliche habe einen Grund. Denn iſt es fuͤr ſich erkennbar, ſo hat es den Grund ſeiner Erkennbarkeit in ſich, und wenn es auch einen anderweitigen Grund haͤtte, ſo waͤre dieſer zu ſeiner Erkennbarkeit nicht abſolut noth- wendig. (§. 231.) Jſt es aber nicht fuͤr ſich erkenn- bar, aber dennoch erkennbar, und folglich moͤglich, ſo hat es ebenfalls einen Grund. (§. 227. 228.) Da es demnach einen Grund hat, es mag fuͤr ſich, oder nicht fuͤr ſich erkennbar ſeyn, ſo iſt klar, daß uͤber- haupt alles Erkennbare und daher alles Moͤgliche ei- nen Grund habe, aus dem es ſich als moͤglich erken- nen laͤßt.
§. 235.
Wir koͤnnen zum Behuf dieſes Satzes noch an- merken, daß man laͤngſt ſchon gewohnt iſt, die Gruͤn- de in naͤhere und entferntere einzutheilen. Jn ſo fern man demnach ſagen kann, das fuͤr ſich Erkenn- bare habe den Grund ſeiner Erkennbarkeit in ſich, ſo iſt dieſer Grund unſtreitig abſolut unmittelbar, weil er fuͤr ſich ſubſiſtirt, und in ſo fern von jeden ent- ferntern Gruͤnden nicht ſo abhaͤngt, daß er ohne die- ſelben nicht zureichend waͤre. Hingegen, was nicht fuͤr ſich erkennbar iſt, das muß aus anderm erkenn- bar werden, und da giebt es allerdings deſto entfern- tere Gruͤnde, je mehr einzelne Schritte man zu ge- hen hat, um von dem fuͤr ſich Erkennbaren auf das, ſo man aus demſelben erkennen kann, zu kommen. (§. 217. ſeqq.)
§. 236. a)
Jn ſofern ſich ein Grund aus dem, ſo darauf gegruͤndet iſt, erkennen laͤßt, in ſofern geht man a poſteriori, weil man das, was aus dem Grund erſt
ſollte
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des Wahren und Jrrigen.
Erkennbarkeit in ſich habe, weil es fuͤr ſich erkennbar
iſt. Und in ſofern laͤßt ſich allerdings ſagen: Alles
Erkennbare, und daher auch alles Moͤgliche
habe einen Grund. Denn iſt es fuͤr ſich erkennbar,
ſo hat es den Grund ſeiner Erkennbarkeit in ſich, und
wenn es auch einen anderweitigen Grund haͤtte, ſo
waͤre dieſer zu ſeiner Erkennbarkeit nicht abſolut noth-
wendig. (§. 231.) Jſt es aber nicht fuͤr ſich erkenn-
bar, aber dennoch erkennbar, und folglich moͤglich,
ſo hat es ebenfalls einen Grund. (§. 227. 228.) Da
es demnach einen Grund hat, es mag fuͤr ſich, oder
nicht fuͤr ſich erkennbar ſeyn, ſo iſt klar, daß uͤber-
haupt alles Erkennbare und daher alles Moͤgliche ei-
nen Grund habe, aus dem es ſich als moͤglich erken-
nen laͤßt.
§. 235.
Wir koͤnnen zum Behuf dieſes Satzes noch an-
merken, daß man laͤngſt ſchon gewohnt iſt, die Gruͤn-
de in naͤhere und entferntere einzutheilen. Jn ſo
fern man demnach ſagen kann, das fuͤr ſich Erkenn-
bare habe den Grund ſeiner Erkennbarkeit in ſich, ſo
iſt dieſer Grund unſtreitig abſolut unmittelbar,
weil er fuͤr ſich ſubſiſtirt, und in ſo fern von jeden ent-
ferntern Gruͤnden nicht ſo abhaͤngt, daß er ohne die-
ſelben nicht zureichend waͤre. Hingegen, was nicht
fuͤr ſich erkennbar iſt, das muß aus anderm erkenn-
bar werden, und da giebt es allerdings deſto entfern-
tere Gruͤnde, je mehr einzelne Schritte man zu ge-
hen hat, um von dem fuͤr ſich Erkennbaren auf das,
ſo man aus demſelben erkennen kann, zu kommen.
(§. 217. ſeqq.)
§. 236. a)
Jn ſofern ſich ein Grund aus dem, ſo darauf
gegruͤndet iſt, erkennen laͤßt, in ſofern geht man a
poſteriori, weil man das, was aus dem Grund erſt
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/595>, abgerufen am 23.02.2025.
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