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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Begriffen und Erklärungen.
Merkmaale unstreitig zureichend, weil sie der Sache
allein zukommen, und folglich in keiner andern zu
finden sind. Hingegen erschöpfen sie den Begriff
nicht, weil zu dem ganzen Umfange desselben die ge-
meinsamen Merkmaale mit gehören. Wenn dem-
nach die Absicht der Erklärung ist, von der Sache
einen vollständigen Lehrbegriff zu geben, so ist klar,
daß die gemeinsamen und eigenen Merkmaale müssen
zusammen genommen werden.

§. 53.

Die gemeinsamen Merkmaale geben den Begriff
einer Gattung. Denn da sie noch mehrern Dingen
zukommen, so gehören alle diese Dinge in eine Klasse,
welche wir überhaupt Gattung nennen können.
Hat dieselbe bereits einen Namen, so ist klar, daß
man alle gemeinsamen Merkmaale durch ein einiges
Wort ausdrücken kann, und dadurch wird die Erklä-
rung merklich abgekürzt. Es ist für sich klar, daß
sie noch eine andre Abkürzung leidet, wenn man auch
die eigenen Merkmaale der Sache in den Begriff ei-
nes einigen Wortes zusammen fassen kann.

§. 54.

Diese Art von Erklärungen ist unstreitig die na-
türlichste, die eigenen Merkmaale sind darinn von
den gemeinsamen genau abgesondert, und so beschaffen,
daß sie genau diejenigen zusammen ausmachen, die
sonst keiner Sache zukommen. Die gemeinsamen
Merkmaale geben unter allen Gattungen, zu welchen
die Sache gehören kann, die niedrigste und nächste
an, weil sie keine andre Bestimmung leidet, als sol-
che, die die eigenen Merkmaale der Sache ausmachen.

§. 55.

So genau aber geht es mit unsern Erklärungen
nicht zu, weil, wie wir schon oben (§. 16) ange-

merkt
C 2

von den Begriffen und Erklaͤrungen.
Merkmaale unſtreitig zureichend, weil ſie der Sache
allein zukommen, und folglich in keiner andern zu
finden ſind. Hingegen erſchoͤpfen ſie den Begriff
nicht, weil zu dem ganzen Umfange deſſelben die ge-
meinſamen Merkmaale mit gehoͤren. Wenn dem-
nach die Abſicht der Erklaͤrung iſt, von der Sache
einen vollſtaͤndigen Lehrbegriff zu geben, ſo iſt klar,
daß die gemeinſamen und eigenen Merkmaale muͤſſen
zuſammen genommen werden.

§. 53.

Die gemeinſamen Merkmaale geben den Begriff
einer Gattung. Denn da ſie noch mehrern Dingen
zukommen, ſo gehoͤren alle dieſe Dinge in eine Klaſſe,
welche wir uͤberhaupt Gattung nennen koͤnnen.
Hat dieſelbe bereits einen Namen, ſo iſt klar, daß
man alle gemeinſamen Merkmaale durch ein einiges
Wort ausdruͤcken kann, und dadurch wird die Erklaͤ-
rung merklich abgekuͤrzt. Es iſt fuͤr ſich klar, daß
ſie noch eine andre Abkuͤrzung leidet, wenn man auch
die eigenen Merkmaale der Sache in den Begriff ei-
nes einigen Wortes zuſammen faſſen kann.

§. 54.

Dieſe Art von Erklaͤrungen iſt unſtreitig die na-
tuͤrlichſte, die eigenen Merkmaale ſind darinn von
den gemeinſamen genau abgeſondert, und ſo beſchaffen,
daß ſie genau diejenigen zuſammen ausmachen, die
ſonſt keiner Sache zukommen. Die gemeinſamen
Merkmaale geben unter allen Gattungen, zu welchen
die Sache gehoͤren kann, die niedrigſte und naͤchſte
an, weil ſie keine andre Beſtimmung leidet, als ſol-
che, die die eigenen Merkmaale der Sache ausmachen.

§. 55.

So genau aber geht es mit unſern Erklaͤrungen
nicht zu, weil, wie wir ſchon oben (§. 16) ange-

merkt
C 2
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[35/0057] von den Begriffen und Erklaͤrungen. Merkmaale unſtreitig zureichend, weil ſie der Sache allein zukommen, und folglich in keiner andern zu finden ſind. Hingegen erſchoͤpfen ſie den Begriff nicht, weil zu dem ganzen Umfange deſſelben die ge- meinſamen Merkmaale mit gehoͤren. Wenn dem- nach die Abſicht der Erklaͤrung iſt, von der Sache einen vollſtaͤndigen Lehrbegriff zu geben, ſo iſt klar, daß die gemeinſamen und eigenen Merkmaale muͤſſen zuſammen genommen werden. §. 53. Die gemeinſamen Merkmaale geben den Begriff einer Gattung. Denn da ſie noch mehrern Dingen zukommen, ſo gehoͤren alle dieſe Dinge in eine Klaſſe, welche wir uͤberhaupt Gattung nennen koͤnnen. Hat dieſelbe bereits einen Namen, ſo iſt klar, daß man alle gemeinſamen Merkmaale durch ein einiges Wort ausdruͤcken kann, und dadurch wird die Erklaͤ- rung merklich abgekuͤrzt. Es iſt fuͤr ſich klar, daß ſie noch eine andre Abkuͤrzung leidet, wenn man auch die eigenen Merkmaale der Sache in den Begriff ei- nes einigen Wortes zuſammen faſſen kann. §. 54. Dieſe Art von Erklaͤrungen iſt unſtreitig die na- tuͤrlichſte, die eigenen Merkmaale ſind darinn von den gemeinſamen genau abgeſondert, und ſo beſchaffen, daß ſie genau diejenigen zuſammen ausmachen, die ſonſt keiner Sache zukommen. Die gemeinſamen Merkmaale geben unter allen Gattungen, zu welchen die Sache gehoͤren kann, die niedrigſte und naͤchſte an, weil ſie keine andre Beſtimmung leidet, als ſol- che, die die eigenen Merkmaale der Sache ausmachen. §. 55. So genau aber geht es mit unſern Erklaͤrungen nicht zu, weil, wie wir ſchon oben (§. 16) ange- merkt C 2

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/57>, abgerufen am 21.11.2024.