eben dieselben A verstehen, weil dieses eigentlich diese Sätze widersprechend macht. Jn der Anwendung der bisher erwiesenen Sätze muß dieses allerdings je- desmal ausgemacht seyn, wie wir es hier nehmen, wo wir das Reich der Wahrheiten, und was dahin gehört, oder nicht dahin gehört, an sich betrachten.
§. 175.
Wenn aus einem Satze nichts hergeleitet werden kann, welches einer Wahrheit wider- sprechen würde, so ist derselbe wahr. Man se- tze, er sey falsch, so ist es möglich, etwas Wider- sprechendes daraus herzuleiten. (§. 171. seqq.) Da nun dieses die Voraussetzung umstoßen würde, so kann der Satz nicht falsch seyn. Demnach ist er wahr. (§. 166.) Dieser Satz ist gewissermaßen zum Behufe der Hypothesen, besonders in der Natur- lehre. Denn nimmt man solche an, so ist nothwen- dig, daß sich nichts müsse können daraus herleiten lassen, was Erfahrungen oder andern bereits ausge- machten Wahrheiten widersprechen würde. Geht dieses an, so ist, vermöge des erst erwiesenen Satzes, die Hypothese wahr. Man sieht aber leicht, daß sich diese Methode nur da gebrauchen lasse, wo man die Erfahrungen oder Wahrheiten abzählen kann, denen die Hypothese ganz oder wenigstens zum Theil widersprechen müßte, wenn sie nicht wahr wäre. Der- gleichen Fälle haben wir in der Dianoiologie (§. 595.) angeführt. Und es ist auch für sich klar, daß eine Hypothese als erwiesen angesehen werden kann, wenn die Einwürfe, so sich dawider machen lassen, können abgezählt, und jeder besonders gehoben werden Kann man aber eine solche Abzählung nicht vornehmen, so bleibt immer noch unausgemacht, ob nicht aus der Hypothese etwas Widersprechendes könne gefolgert werden.
§. 176.
IV. Hauptſtuͤck, von dem Unterſchiede
eben dieſelben A verſtehen, weil dieſes eigentlich dieſe Saͤtze widerſprechend macht. Jn der Anwendung der bisher erwieſenen Saͤtze muß dieſes allerdings je- desmal ausgemacht ſeyn, wie wir es hier nehmen, wo wir das Reich der Wahrheiten, und was dahin gehoͤrt, oder nicht dahin gehoͤrt, an ſich betrachten.
§. 175.
Wenn aus einem Satze nichts hergeleitet werden kann, welches einer Wahrheit wider- ſprechen wuͤrde, ſo iſt derſelbe wahr. Man ſe- tze, er ſey falſch, ſo iſt es moͤglich, etwas Wider- ſprechendes daraus herzuleiten. (§. 171. ſeqq.) Da nun dieſes die Vorausſetzung umſtoßen wuͤrde, ſo kann der Satz nicht falſch ſeyn. Demnach iſt er wahr. (§. 166.) Dieſer Satz iſt gewiſſermaßen zum Behufe der Hypotheſen, beſonders in der Natur- lehre. Denn nimmt man ſolche an, ſo iſt nothwen- dig, daß ſich nichts muͤſſe koͤnnen daraus herleiten laſſen, was Erfahrungen oder andern bereits ausge- machten Wahrheiten widerſprechen wuͤrde. Geht dieſes an, ſo iſt, vermoͤge des erſt erwieſenen Satzes, die Hypotheſe wahr. Man ſieht aber leicht, daß ſich dieſe Methode nur da gebrauchen laſſe, wo man die Erfahrungen oder Wahrheiten abzaͤhlen kann, denen die Hypotheſe ganz oder wenigſtens zum Theil widerſprechen muͤßte, wenn ſie nicht wahr waͤre. Der- gleichen Faͤlle haben wir in der Dianoiologie (§. 595.) angefuͤhrt. Und es iſt auch fuͤr ſich klar, daß eine Hypotheſe als erwieſen angeſehen werden kann, wenn die Einwuͤrfe, ſo ſich dawider machen laſſen, koͤnnen abgezaͤhlt, und jeder beſonders gehoben werden Kann man aber eine ſolche Abzaͤhlung nicht vornehmen, ſo bleibt immer noch unausgemacht, ob nicht aus der Hypotheſe etwas Widerſprechendes koͤnne gefolgert werden.
§. 176.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0566"n="544"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV.</hi> Hauptſtuͤck, von dem Unterſchiede</hi></fw><lb/><p>eben dieſelben <hirendition="#aq">A</hi> verſtehen, weil dieſes eigentlich dieſe<lb/>
Saͤtze widerſprechend macht. Jn der Anwendung<lb/>
der bisher erwieſenen Saͤtze muß dieſes allerdings je-<lb/>
desmal ausgemacht ſeyn, wie wir es hier nehmen,<lb/>
wo wir das Reich der Wahrheiten, und was dahin<lb/>
gehoͤrt, oder nicht dahin gehoͤrt, an ſich betrachten.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 175.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Wenn aus einem Satze nichts hergeleitet<lb/>
werden kann, welches einer Wahrheit wider-<lb/>ſprechen wuͤrde, ſo iſt derſelbe wahr.</hi> Man ſe-<lb/>
tze, er ſey falſch, ſo iſt es moͤglich, etwas Wider-<lb/>ſprechendes daraus herzuleiten. (§. 171. <hirendition="#aq">ſeqq.</hi>) Da<lb/>
nun dieſes die Vorausſetzung umſtoßen wuͤrde, ſo<lb/>
kann der Satz nicht falſch ſeyn. Demnach iſt er<lb/>
wahr. (§. 166.) Dieſer Satz iſt gewiſſermaßen zum<lb/>
Behufe der Hypotheſen, beſonders in der Natur-<lb/>
lehre. Denn nimmt man ſolche an, ſo iſt nothwen-<lb/>
dig, daß ſich nichts muͤſſe koͤnnen daraus herleiten<lb/>
laſſen, was Erfahrungen oder andern bereits ausge-<lb/>
machten Wahrheiten widerſprechen wuͤrde. Geht<lb/>
dieſes an, ſo iſt, vermoͤge des erſt erwieſenen Satzes,<lb/>
die Hypotheſe wahr. Man ſieht aber leicht, daß<lb/>ſich dieſe Methode nur da gebrauchen laſſe, wo man<lb/>
die Erfahrungen oder Wahrheiten abzaͤhlen kann,<lb/>
denen die Hypotheſe ganz oder wenigſtens zum Theil<lb/>
widerſprechen muͤßte, wenn ſie nicht wahr waͤre. Der-<lb/>
gleichen Faͤlle haben wir in der Dianoiologie (§. 595.)<lb/>
angefuͤhrt. Und es iſt auch fuͤr ſich klar, daß eine<lb/>
Hypotheſe als erwieſen angeſehen werden kann, wenn<lb/>
die <hirendition="#fr">Einwuͤrfe,</hi>ſo ſich dawider machen laſſen, koͤnnen<lb/>
abgezaͤhlt, und jeder beſonders gehoben werden Kann<lb/>
man aber eine ſolche Abzaͤhlung nicht vornehmen, ſo<lb/>
bleibt immer noch unausgemacht, ob nicht aus der<lb/>
Hypotheſe etwas Widerſprechendes koͤnne gefolgert<lb/>
werden.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 176.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[544/0566]
IV. Hauptſtuͤck, von dem Unterſchiede
eben dieſelben A verſtehen, weil dieſes eigentlich dieſe
Saͤtze widerſprechend macht. Jn der Anwendung
der bisher erwieſenen Saͤtze muß dieſes allerdings je-
desmal ausgemacht ſeyn, wie wir es hier nehmen,
wo wir das Reich der Wahrheiten, und was dahin
gehoͤrt, oder nicht dahin gehoͤrt, an ſich betrachten.
§. 175.
Wenn aus einem Satze nichts hergeleitet
werden kann, welches einer Wahrheit wider-
ſprechen wuͤrde, ſo iſt derſelbe wahr. Man ſe-
tze, er ſey falſch, ſo iſt es moͤglich, etwas Wider-
ſprechendes daraus herzuleiten. (§. 171. ſeqq.) Da
nun dieſes die Vorausſetzung umſtoßen wuͤrde, ſo
kann der Satz nicht falſch ſeyn. Demnach iſt er
wahr. (§. 166.) Dieſer Satz iſt gewiſſermaßen zum
Behufe der Hypotheſen, beſonders in der Natur-
lehre. Denn nimmt man ſolche an, ſo iſt nothwen-
dig, daß ſich nichts muͤſſe koͤnnen daraus herleiten
laſſen, was Erfahrungen oder andern bereits ausge-
machten Wahrheiten widerſprechen wuͤrde. Geht
dieſes an, ſo iſt, vermoͤge des erſt erwieſenen Satzes,
die Hypotheſe wahr. Man ſieht aber leicht, daß
ſich dieſe Methode nur da gebrauchen laſſe, wo man
die Erfahrungen oder Wahrheiten abzaͤhlen kann,
denen die Hypotheſe ganz oder wenigſtens zum Theil
widerſprechen muͤßte, wenn ſie nicht wahr waͤre. Der-
gleichen Faͤlle haben wir in der Dianoiologie (§. 595.)
angefuͤhrt. Und es iſt auch fuͤr ſich klar, daß eine
Hypotheſe als erwieſen angeſehen werden kann, wenn
die Einwuͤrfe, ſo ſich dawider machen laſſen, koͤnnen
abgezaͤhlt, und jeder beſonders gehoben werden Kann
man aber eine ſolche Abzaͤhlung nicht vornehmen, ſo
bleibt immer noch unausgemacht, ob nicht aus der
Hypotheſe etwas Widerſprechendes koͤnne gefolgert
werden.
§. 176.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/566>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.