Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Hauptstück,
Triangel, die gleiche Seiten und ungleiche Winkel
haben, oder Figuren, deren eine Seite länger sey,
als die übrigen zusammengenommen etc. Es ist un-
streitig, daß man solche einfachern Möglichkeiten
und Unmöglichkeiten genau wissen müsse, wenn man
sich von den zusammengesetztern versichern will. Und
öfters sind sie auch zureichend, um bey vielen vorgeb-
lichen Erfahrungen die so genannten Vitia subreptio-
nis
zu entdecken.

§. 136.

Die zusammengesetzten Begriffe sind von ver-
schiednen Arten. Einmal sind unstreitig die von zu-
sammengesetzten Dingen ebenfalls zusammengesetzt.
So fern sich daher Dinge zusammensetzen lassen, so-
fern können auch die Begriffe zusammengesetzt wer-
den. Und die meisten Begriffe, so wir aus der Er-
fahrung haben, sind es, wie z. E. die Begriffe jeder
Körper, und unsrer Handlungen.

§. 137.

Sodann, sofern wir von den Verhältnissen, die
bey zusammengesetzten Dingen vorkommen, mehrere
zusammennehmen, so fern sind auch diese Verhälniß-
begriffe zusammengesetzt. Die Auswahl, die hiebey
bleibt, daß wir nämlich mehr oder minder in einen
Begriff zusammennehmen können, trägt ungemein
viel dazu bey, daß die Wörter, wodurch man solche
zusammengesetzte Verhältnißbegriffe ausdrückt, von
sehr veränderlicher Bedeutung sind, und theils viel-
deutig werden, theils auch mit der Zeit ihre Bedeu-
tung ganz ändern, und zu Wortstreitigkeiten häusi-
gen Anlaß geben. Da nun dieses in Ansehung der
Richtigkeit und Unrichtigkeit unsrer Erkenntniß viel
auf sich hat, so wollen wir die Sache genauer un-
tersuchen.

§. 138.

III. Hauptſtuͤck,
Triangel, die gleiche Seiten und ungleiche Winkel
haben, oder Figuren, deren eine Seite laͤnger ſey,
als die uͤbrigen zuſammengenommen ꝛc. Es iſt un-
ſtreitig, daß man ſolche einfachern Moͤglichkeiten
und Unmoͤglichkeiten genau wiſſen muͤſſe, wenn man
ſich von den zuſammengeſetztern verſichern will. Und
oͤfters ſind ſie auch zureichend, um bey vielen vorgeb-
lichen Erfahrungen die ſo genannten Vitia ſubreptio-
nis
zu entdecken.

§. 136.

Die zuſammengeſetzten Begriffe ſind von ver-
ſchiednen Arten. Einmal ſind unſtreitig die von zu-
ſammengeſetzten Dingen ebenfalls zuſammengeſetzt.
So fern ſich daher Dinge zuſammenſetzen laſſen, ſo-
fern koͤnnen auch die Begriffe zuſammengeſetzt wer-
den. Und die meiſten Begriffe, ſo wir aus der Er-
fahrung haben, ſind es, wie z. E. die Begriffe jeder
Koͤrper, und unſrer Handlungen.

§. 137.

Sodann, ſofern wir von den Verhaͤltniſſen, die
bey zuſammengeſetzten Dingen vorkommen, mehrere
zuſammennehmen, ſo fern ſind auch dieſe Verhaͤlniß-
begriffe zuſammengeſetzt. Die Auswahl, die hiebey
bleibt, daß wir naͤmlich mehr oder minder in einen
Begriff zuſammennehmen koͤnnen, traͤgt ungemein
viel dazu bey, daß die Woͤrter, wodurch man ſolche
zuſammengeſetzte Verhaͤltnißbegriffe ausdruͤckt, von
ſehr veraͤnderlicher Bedeutung ſind, und theils viel-
deutig werden, theils auch mit der Zeit ihre Bedeu-
tung ganz aͤndern, und zu Wortſtreitigkeiten haͤuſi-
gen Anlaß geben. Da nun dieſes in Anſehung der
Richtigkeit und Unrichtigkeit unſrer Erkenntniß viel
auf ſich hat, ſo wollen wir die Sache genauer un-
terſuchen.

§. 138.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0546" n="524"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck,</hi></fw><lb/>
Triangel, die gleiche Seiten und ungleiche Winkel<lb/>
haben, oder Figuren, deren eine Seite la&#x0364;nger &#x017F;ey,<lb/>
als die u&#x0364;brigen zu&#x017F;ammengenommen &#xA75B;c. Es i&#x017F;t un-<lb/>
&#x017F;treitig, daß man &#x017F;olche einfachern Mo&#x0364;glichkeiten<lb/>
und Unmo&#x0364;glichkeiten genau wi&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, wenn man<lb/>
&#x017F;ich von den zu&#x017F;ammenge&#x017F;etztern ver&#x017F;ichern will. Und<lb/>
o&#x0364;fters &#x017F;ind &#x017F;ie auch zureichend, um bey vielen vorgeb-<lb/>
lichen Erfahrungen die &#x017F;o genannten <hi rendition="#aq">Vitia &#x017F;ubreptio-<lb/>
nis</hi> zu entdecken.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 136.</head><lb/>
            <p>Die zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Begriffe &#x017F;ind von ver-<lb/>
&#x017F;chiednen Arten. Einmal &#x017F;ind un&#x017F;treitig die von zu-<lb/>
&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Dingen ebenfalls zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt.<lb/>
So fern &#x017F;ich daher Dinge zu&#x017F;ammen&#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o-<lb/>
fern ko&#x0364;nnen auch die Begriffe zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt wer-<lb/>
den. Und die mei&#x017F;ten Begriffe, &#x017F;o wir aus der Er-<lb/>
fahrung haben, &#x017F;ind es, wie z. E. die Begriffe jeder<lb/>
Ko&#x0364;rper, und un&#x017F;rer Handlungen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 137.</head><lb/>
            <p>Sodann, &#x017F;ofern wir von den Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, die<lb/>
bey zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Dingen vorkommen, mehrere<lb/>
zu&#x017F;ammennehmen, &#x017F;o fern &#x017F;ind auch die&#x017F;e Verha&#x0364;lniß-<lb/>
begriffe zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt. Die Auswahl, die hiebey<lb/>
bleibt, daß wir na&#x0364;mlich mehr oder minder in einen<lb/>
Begriff zu&#x017F;ammennehmen ko&#x0364;nnen, tra&#x0364;gt ungemein<lb/>
viel dazu bey, daß die Wo&#x0364;rter, wodurch man &#x017F;olche<lb/>
zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Verha&#x0364;ltnißbegriffe ausdru&#x0364;ckt, von<lb/>
&#x017F;ehr vera&#x0364;nderlicher Bedeutung &#x017F;ind, und theils viel-<lb/>
deutig werden, theils auch mit der Zeit ihre Bedeu-<lb/>
tung ganz a&#x0364;ndern, und zu Wort&#x017F;treitigkeiten ha&#x0364;u&#x017F;i-<lb/>
gen Anlaß geben. Da nun die&#x017F;es in An&#x017F;ehung der<lb/>
Richtigkeit und Unrichtigkeit un&#x017F;rer Erkenntniß viel<lb/>
auf &#x017F;ich hat, &#x017F;o wollen wir die Sache genauer un-<lb/>
ter&#x017F;uchen.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 138.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[524/0546] III. Hauptſtuͤck, Triangel, die gleiche Seiten und ungleiche Winkel haben, oder Figuren, deren eine Seite laͤnger ſey, als die uͤbrigen zuſammengenommen ꝛc. Es iſt un- ſtreitig, daß man ſolche einfachern Moͤglichkeiten und Unmoͤglichkeiten genau wiſſen muͤſſe, wenn man ſich von den zuſammengeſetztern verſichern will. Und oͤfters ſind ſie auch zureichend, um bey vielen vorgeb- lichen Erfahrungen die ſo genannten Vitia ſubreptio- nis zu entdecken. §. 136. Die zuſammengeſetzten Begriffe ſind von ver- ſchiednen Arten. Einmal ſind unſtreitig die von zu- ſammengeſetzten Dingen ebenfalls zuſammengeſetzt. So fern ſich daher Dinge zuſammenſetzen laſſen, ſo- fern koͤnnen auch die Begriffe zuſammengeſetzt wer- den. Und die meiſten Begriffe, ſo wir aus der Er- fahrung haben, ſind es, wie z. E. die Begriffe jeder Koͤrper, und unſrer Handlungen. §. 137. Sodann, ſofern wir von den Verhaͤltniſſen, die bey zuſammengeſetzten Dingen vorkommen, mehrere zuſammennehmen, ſo fern ſind auch dieſe Verhaͤlniß- begriffe zuſammengeſetzt. Die Auswahl, die hiebey bleibt, daß wir naͤmlich mehr oder minder in einen Begriff zuſammennehmen koͤnnen, traͤgt ungemein viel dazu bey, daß die Woͤrter, wodurch man ſolche zuſammengeſetzte Verhaͤltnißbegriffe ausdruͤckt, von ſehr veraͤnderlicher Bedeutung ſind, und theils viel- deutig werden, theils auch mit der Zeit ihre Bedeu- tung ganz aͤndern, und zu Wortſtreitigkeiten haͤuſi- gen Anlaß geben. Da nun dieſes in Anſehung der Richtigkeit und Unrichtigkeit unſrer Erkenntniß viel auf ſich hat, ſo wollen wir die Sache genauer un- terſuchen. §. 138.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/546
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/546>, abgerufen am 21.11.2024.