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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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II. Hauptst. von den Grundsätzen u. Forder.
§. 106.

Jn der letzten Absicht ist das Gute ein Verhält-
nißbegriff, weil wir die Dinge gut oder nicht gut
nennen, sofern ihre Vorstellung oder Empfindung
Lust oder Unlust in uns erweckt.

§. 107.

Hier haben wir nun keine bestimmte Einheit.
Denn die Vorstellung oder Empfindung der Sache
kann klarer oder dunkler, die Lust und Unlust, und
das Wollen oder nicht Wollen, kann stärker oder
schwächer seyn, und die verschiedne Stuffen des Gu-
ten können von 0 bis zum Unendlichen gehen. Jn
sofern ist demnach das Gute vom Wahren, und da-
her auch die Agathologie von der Alethiologie ver-
schieden, weil das Wahre eine absolute Einheit ist.
(§. 77.)

§. 108.

Die nächste Folge, die wir hieraus ziehen, ist,
daß die Agathologie ihre größte und absolute Voll-
kommenheit nicht erreicht, es sey denn, daß sie die Mit-
tel angebe, die Größe eines jeden Guten, mit der
Größe eines jeden andern zu vergleichen, und sie aus-
zumessen. Wolf hat dieses für die Grade der Voll-
kommenheit gewünscht, und es ist unstreitig, daß die
Subordination der Pflichten in der Sittenlehre und
Staatskunst davon abhängt.

§. 109.

Das Gute hat mehrere Dimensionen. Es kann
der Summe nach größer oder ausgebreiteter seyn.
Es kann der Dauer nach größer oder anhaltender seyn,
und kann auch intensive oder der Stärke nach grös-
ser, das will sagen, an sich wichtiger seyn. Der
Wille richtet sich nach diesen Stuffen, und begehrt
das, was ihm der Verstand nach allen Dimensionen

als
II. Hauptſt. von den Grundſaͤtzen u. Forder.
§. 106.

Jn der letzten Abſicht iſt das Gute ein Verhaͤlt-
nißbegriff, weil wir die Dinge gut oder nicht gut
nennen, ſofern ihre Vorſtellung oder Empfindung
Luſt oder Unluſt in uns erweckt.

§. 107.

Hier haben wir nun keine beſtimmte Einheit.
Denn die Vorſtellung oder Empfindung der Sache
kann klarer oder dunkler, die Luſt und Unluſt, und
das Wollen oder nicht Wollen, kann ſtaͤrker oder
ſchwaͤcher ſeyn, und die verſchiedne Stuffen des Gu-
ten koͤnnen von 0 bis zum Unendlichen gehen. Jn
ſofern iſt demnach das Gute vom Wahren, und da-
her auch die Agathologie von der Alethiologie ver-
ſchieden, weil das Wahre eine abſolute Einheit iſt.
(§. 77.)

§. 108.

Die naͤchſte Folge, die wir hieraus ziehen, iſt,
daß die Agathologie ihre groͤßte und abſolute Voll-
kommenheit nicht erreicht, es ſey denn, daß ſie die Mit-
tel angebe, die Groͤße eines jeden Guten, mit der
Groͤße eines jeden andern zu vergleichen, und ſie aus-
zumeſſen. Wolf hat dieſes fuͤr die Grade der Voll-
kommenheit gewuͤnſcht, und es iſt unſtreitig, daß die
Subordination der Pflichten in der Sittenlehre und
Staatskunſt davon abhaͤngt.

§. 109.

Das Gute hat mehrere Dimenſionen. Es kann
der Summe nach groͤßer oder ausgebreiteter ſeyn.
Es kann der Dauer nach groͤßer oder anhaltender ſeyn,
und kann auch intenſive oder der Staͤrke nach groͤſ-
ſer, das will ſagen, an ſich wichtiger ſeyn. Der
Wille richtet ſich nach dieſen Stuffen, und begehrt
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[512/0534] II. Hauptſt. von den Grundſaͤtzen u. Forder. §. 106. Jn der letzten Abſicht iſt das Gute ein Verhaͤlt- nißbegriff, weil wir die Dinge gut oder nicht gut nennen, ſofern ihre Vorſtellung oder Empfindung Luſt oder Unluſt in uns erweckt. §. 107. Hier haben wir nun keine beſtimmte Einheit. Denn die Vorſtellung oder Empfindung der Sache kann klarer oder dunkler, die Luſt und Unluſt, und das Wollen oder nicht Wollen, kann ſtaͤrker oder ſchwaͤcher ſeyn, und die verſchiedne Stuffen des Gu- ten koͤnnen von 0 bis zum Unendlichen gehen. Jn ſofern iſt demnach das Gute vom Wahren, und da- her auch die Agathologie von der Alethiologie ver- ſchieden, weil das Wahre eine abſolute Einheit iſt. (§. 77.) §. 108. Die naͤchſte Folge, die wir hieraus ziehen, iſt, daß die Agathologie ihre groͤßte und abſolute Voll- kommenheit nicht erreicht, es ſey denn, daß ſie die Mit- tel angebe, die Groͤße eines jeden Guten, mit der Groͤße eines jeden andern zu vergleichen, und ſie aus- zumeſſen. Wolf hat dieſes fuͤr die Grade der Voll- kommenheit gewuͤnſcht, und es iſt unſtreitig, daß die Subordination der Pflichten in der Sittenlehre und Staatskunſt davon abhaͤngt. §. 109. Das Gute hat mehrere Dimenſionen. Es kann der Summe nach groͤßer oder ausgebreiteter ſeyn. Es kann der Dauer nach groͤßer oder anhaltender ſeyn, und kann auch intenſive oder der Staͤrke nach groͤſ- ſer, das will ſagen, an ſich wichtiger ſeyn. Der Wille richtet ſich nach dieſen Stuffen, und begehrt das, was ihm der Verſtand nach allen Dimenſionen als

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/534>, abgerufen am 23.11.2024.