Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
so die einfachen Begriffe angeben.
§. 100.

Wir können als eine Folge dieses Satzes noch
diese speciale Anmerkung machen, daß es, um die
sphäroidische Figur der Erde zu beweisen, nicht un-
umgänglich nothwendig scheint, anzunehmen, die
Erde habe einmal müssen flüßig gewesen seyn, damit
sie durch die Umdrehung um ihre Axe habe sphäroi-
disch werden können, wie Newton und nach ihm
andre dieses angenommen haben. Denn da die Erde
keine unendliche Vestigkeit hat, so läßt sich gar wohl
vorstellen, daß die Cohäsionskräfte der centerfliehen-
den Kraft nachgeben können, ungefehr wie die Schnur
einer Schleuder durch den Schwung derselben aus-
gespannt wird, und sich bis zum Zerreißen verlängern
kann.

§. 101.

Den vorhin angeführten Gesetzen der Bewegung
fügen wir noch bey, daß eine Kraft nicht dop-
pelt oder mehrfach angewandt werden kann.

So viel demnach dem einen Körper von dem andern
Bewegung mitgetheilt wird, so viel geht dem letztern
ab, und die daher rührende Kraft geht in den andern
Körper über. Wenn demnach die Kraft durch die
Masse vertheilt wird, so wird sie in jedem Theile
nach Verhältniß der Masse vermindert. Daß die
Geschwindigkeit sich eben so vermindere, haben wir
bereits vorhin angemerkt.

§. 102.

Die Kraft hat keine bestimmte Einheit, weil Masse
und Geschwindigkeit, von 0 bis ins Unendliche gehen.
Demnach kann jede Kraft als eine Einheit angesehen
werden, die nach Belieben vielfach oder Theile davon
genommen werden können. Demnach lassen sich die
Kräfte durch Zahlen und Linien vorstellen. Wir

merken
ſo die einfachen Begriffe angeben.
§. 100.

Wir koͤnnen als eine Folge dieſes Satzes noch
dieſe ſpeciale Anmerkung machen, daß es, um die
ſphaͤroidiſche Figur der Erde zu beweiſen, nicht un-
umgaͤnglich nothwendig ſcheint, anzunehmen, die
Erde habe einmal muͤſſen fluͤßig geweſen ſeyn, damit
ſie durch die Umdrehung um ihre Axe habe ſphaͤroi-
diſch werden koͤnnen, wie Newton und nach ihm
andre dieſes angenommen haben. Denn da die Erde
keine unendliche Veſtigkeit hat, ſo laͤßt ſich gar wohl
vorſtellen, daß die Cohaͤſionskraͤfte der centerfliehen-
den Kraft nachgeben koͤnnen, ungefehr wie die Schnur
einer Schleuder durch den Schwung derſelben aus-
geſpannt wird, und ſich bis zum Zerreißen verlaͤngern
kann.

§. 101.

Den vorhin angefuͤhrten Geſetzen der Bewegung
fuͤgen wir noch bey, daß eine Kraft nicht dop-
pelt oder mehrfach angewandt werden kann.

So viel demnach dem einen Koͤrper von dem andern
Bewegung mitgetheilt wird, ſo viel geht dem letztern
ab, und die daher ruͤhrende Kraft geht in den andern
Koͤrper uͤber. Wenn demnach die Kraft durch die
Maſſe vertheilt wird, ſo wird ſie in jedem Theile
nach Verhaͤltniß der Maſſe vermindert. Daß die
Geſchwindigkeit ſich eben ſo vermindere, haben wir
bereits vorhin angemerkt.

§. 102.

Die Kraft hat keine beſtimmte Einheit, weil Maſſe
und Geſchwindigkeit, von 0 bis ins Unendliche gehen.
Demnach kann jede Kraft als eine Einheit angeſehen
werden, die nach Belieben vielfach oder Theile davon
genommen werden koͤnnen. Demnach laſſen ſich die
Kraͤfte durch Zahlen und Linien vorſtellen. Wir

merken
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0531" n="509"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">&#x017F;o die einfachen Begriffe angeben.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 100.</head><lb/>
            <p>Wir ko&#x0364;nnen als eine Folge die&#x017F;es Satzes noch<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;peciale Anmerkung machen, daß es, um die<lb/>
&#x017F;pha&#x0364;roidi&#x017F;che Figur der Erde zu bewei&#x017F;en, nicht un-<lb/>
umga&#x0364;nglich nothwendig &#x017F;cheint, anzunehmen, die<lb/>
Erde habe einmal mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en flu&#x0364;ßig gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, damit<lb/>
&#x017F;ie durch die Umdrehung um ihre Axe habe &#x017F;pha&#x0364;roi-<lb/>
di&#x017F;ch werden ko&#x0364;nnen, wie <hi rendition="#fr">Newton</hi> und nach ihm<lb/>
andre die&#x017F;es angenommen haben. Denn da die Erde<lb/>
keine unendliche Ve&#x017F;tigkeit hat, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich gar wohl<lb/>
vor&#x017F;tellen, daß die Coha&#x0364;&#x017F;ionskra&#x0364;fte der centerfliehen-<lb/>
den Kraft nachgeben ko&#x0364;nnen, ungefehr wie die Schnur<lb/>
einer Schleuder durch den Schwung der&#x017F;elben aus-<lb/>
ge&#x017F;pannt wird, und &#x017F;ich bis zum Zerreißen verla&#x0364;ngern<lb/>
kann.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 101.</head><lb/>
            <p>Den vorhin angefu&#x0364;hrten Ge&#x017F;etzen der Bewegung<lb/>
fu&#x0364;gen wir noch bey, <hi rendition="#fr">daß eine Kraft nicht dop-<lb/>
pelt oder mehrfach angewandt werden kann.</hi><lb/>
So viel demnach dem einen Ko&#x0364;rper von dem andern<lb/>
Bewegung mitgetheilt wird, &#x017F;o viel geht dem letztern<lb/>
ab, und die daher ru&#x0364;hrende Kraft geht in den andern<lb/>
Ko&#x0364;rper u&#x0364;ber. Wenn demnach die Kraft durch die<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e vertheilt wird, &#x017F;o wird &#x017F;ie in jedem Theile<lb/>
nach Verha&#x0364;ltniß der Ma&#x017F;&#x017F;e vermindert. Daß die<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit &#x017F;ich eben &#x017F;o vermindere, haben wir<lb/>
bereits vorhin angemerkt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 102.</head><lb/>
            <p>Die Kraft hat keine be&#x017F;timmte Einheit, weil Ma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
und Ge&#x017F;chwindigkeit, von 0 bis ins Unendliche gehen.<lb/>
Demnach kann jede Kraft als eine Einheit ange&#x017F;ehen<lb/>
werden, die nach Belieben vielfach oder Theile davon<lb/>
genommen werden ko&#x0364;nnen. Demnach la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die<lb/>
Kra&#x0364;fte durch Zahlen und Linien vor&#x017F;tellen. Wir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">merken</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[509/0531] ſo die einfachen Begriffe angeben. §. 100. Wir koͤnnen als eine Folge dieſes Satzes noch dieſe ſpeciale Anmerkung machen, daß es, um die ſphaͤroidiſche Figur der Erde zu beweiſen, nicht un- umgaͤnglich nothwendig ſcheint, anzunehmen, die Erde habe einmal muͤſſen fluͤßig geweſen ſeyn, damit ſie durch die Umdrehung um ihre Axe habe ſphaͤroi- diſch werden koͤnnen, wie Newton und nach ihm andre dieſes angenommen haben. Denn da die Erde keine unendliche Veſtigkeit hat, ſo laͤßt ſich gar wohl vorſtellen, daß die Cohaͤſionskraͤfte der centerfliehen- den Kraft nachgeben koͤnnen, ungefehr wie die Schnur einer Schleuder durch den Schwung derſelben aus- geſpannt wird, und ſich bis zum Zerreißen verlaͤngern kann. §. 101. Den vorhin angefuͤhrten Geſetzen der Bewegung fuͤgen wir noch bey, daß eine Kraft nicht dop- pelt oder mehrfach angewandt werden kann. So viel demnach dem einen Koͤrper von dem andern Bewegung mitgetheilt wird, ſo viel geht dem letztern ab, und die daher ruͤhrende Kraft geht in den andern Koͤrper uͤber. Wenn demnach die Kraft durch die Maſſe vertheilt wird, ſo wird ſie in jedem Theile nach Verhaͤltniß der Maſſe vermindert. Daß die Geſchwindigkeit ſich eben ſo vermindere, haben wir bereits vorhin angemerkt. §. 102. Die Kraft hat keine beſtimmte Einheit, weil Maſſe und Geſchwindigkeit, von 0 bis ins Unendliche gehen. Demnach kann jede Kraft als eine Einheit angeſehen werden, die nach Belieben vielfach oder Theile davon genommen werden koͤnnen. Demnach laſſen ſich die Kraͤfte durch Zahlen und Linien vorſtellen. Wir merken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/531
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/531>, abgerufen am 21.11.2024.