Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.oder für sich gedenkbaren Begriffen. die Stelle eines öffentlichen Lehrers der Mathematik,zur Verwunderung der Welt, zu versehen, zeigt uns durch sein Beyspiel, daß auch Blinde der Meß- kunst fähig sind. Es ist unnöthig anzumerken, daß diese Wissenschaft vielen Sehenden zu schwer ist, und so ist auch leicht zu erachten, daß das Sehen aller- dings die Erlernung derselben merklich erleichtere. Man kann aber billig fragen, ob nicht ein Sinn möglich sey, der dieses Erlernen noch in ungleich größerer Verhältniß leichter machen würde? Diese Frage will aber noch nicht viel sagen, weil sie nur auf das leichtere und schwerere geht, und weil wir sie noch nicht weiter als auf die Mathesin puram ausdehnen. Wir müssen aber auf die Mathesin adplicatam kom- men, und wollen daher einige Stücke daraus nehmen. §. 59. Dem Blinden ist die Luft, was dem Sehenden Lehrer
oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen. die Stelle eines oͤffentlichen Lehrers der Mathematik,zur Verwunderung der Welt, zu verſehen, zeigt uns durch ſein Beyſpiel, daß auch Blinde der Meß- kunſt faͤhig ſind. Es iſt unnoͤthig anzumerken, daß dieſe Wiſſenſchaft vielen Sehenden zu ſchwer iſt, und ſo iſt auch leicht zu erachten, daß das Sehen aller- dings die Erlernung derſelben merklich erleichtere. Man kann aber billig fragen, ob nicht ein Sinn moͤglich ſey, der dieſes Erlernen noch in ungleich groͤßerer Verhaͤltniß leichter machen wuͤrde? Dieſe Frage will aber noch nicht viel ſagen, weil ſie nur auf das leichtere und ſchwerere geht, und weil wir ſie noch nicht weiter als auf die Matheſin puram ausdehnen. Wir muͤſſen aber auf die Matheſin adplicatam kom- men, und wollen daher einige Stuͤcke daraus nehmen. §. 59. Dem Blinden iſt die Luft, was dem Sehenden Lehrer
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oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
die Stelle eines oͤffentlichen Lehrers der Mathematik,
zur Verwunderung der Welt, zu verſehen, zeigt
uns durch ſein Beyſpiel, daß auch Blinde der Meß-
kunſt faͤhig ſind. Es iſt unnoͤthig anzumerken, daß
dieſe Wiſſenſchaft vielen Sehenden zu ſchwer iſt, und
ſo iſt auch leicht zu erachten, daß das Sehen aller-
dings die Erlernung derſelben merklich erleichtere.
Man kann aber billig fragen, ob nicht ein Sinn
moͤglich ſey, der dieſes Erlernen noch in ungleich
groͤßerer Verhaͤltniß leichter machen wuͤrde? Dieſe
Frage will aber noch nicht viel ſagen, weil ſie nur auf
das leichtere und ſchwerere geht, und weil wir ſie noch
nicht weiter als auf die Matheſin puram ausdehnen.
Wir muͤſſen aber auf die Matheſin adplicatam kom-
men, und wollen daher einige Stuͤcke daraus nehmen.
§. 59.
Dem Blinden iſt die Luft, was dem Sehenden
die Himmelsluft iſt. Denn erſtere macht durch ihre
Undulationen das Hoͤren, letztere das Sehen moͤg-
lich. Sanderſon konnte fuͤr ſich nicht wiſſen, was
am Firmamente iſt, ausgenommen, daß er nicht das
Licht ſondern die Waͤrme der Sonnenſtralen em-
pfinden konnte. Jn einem Lande der Blinden wuͤrde
vielleicht in tauſend Jahren keiner von ihren Meß-
kuͤnſtlern darauf verfallen, aus dem, daß die eine
Hand an der Sonne keine Waͤrme empfindet, wenn
ſie von der andern Hand bedeckt oder beſchattet wird,
zu ſchließen, oder durch Verſuche endlich heraus zu
bringen, daß dieſe Waͤrme von einer gewiſſen Gegend
herkomme, und mit Huͤlfe der Meßkunſt endlich dar-
aus den taͤglichen Umlauf der Sonne zu beſtimmen,
und noch vielweniger aus dem Mangel der Parallaxe
auf eine ſehr große Entfernung derſelben zu ſchließen.
Jndeſſen, da wir Newton dem Sanderſon zum
Lehrer
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