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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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oder für sich gedenkbaren Begriffen.
der andre, und wenn wir sagen, hochroth, so wird
dem Begriff des rothen auf eine bloß figürliche Art,
die Bestimmung hoch beygelegt. Auf eine ähnliche
Art machen wir die Unschuld weiß, die Treulosigkeit
und andre Laster schwarz. Die Pythagoräer haben
in den Zahlen Aehnlichkeiten mit abstracten Begrif-
fen gefunden, die ihren ordentlichen Grund haben
konnten, ungeachtet eine gewisse Vorstellungsart dazu
erfordert wird, die nicht jedermann gleich einleuch-
tend ist. Daher kömmt es auch, daß man diese py-
thagoräische Einfälle für bloße Träume ansieht. Und
es scheint allerdings, daß sich abstracte Begriffe ehen-
der mit Figuren, als mit bloßen Zahlen vergleichen
lassen, weil mehr Mannigfaltigkeit in den Figu-
ren ist.

§. 52.

Wir können übrigens hier anmerken, daß diese
Möglichkeit, abstracte Begriffe mit Empfindungen,
und dadurch auch mit ihren Objecten zu vergleichen,
uns auf eine nähere Art anzeigt, daß es möglich ist,
unsre Erkenntniß, und besonders die abstracte, figür-
lich
zu machen, und sie durch Zeichen vorzustellen,
die wenigstens in dieser Absicht wesentlich und wissent-
schaftlich sind. Wir haben in der Dianoiologie bloß
aus dem Grunde, daß wir den Begriffen eine Aus-
dehnung
beylegen, und einen unter oder nicht
unter den andern setzen, gewiesen, daß die Lehre von
den Schlüßen figürlich gemacht, und die Schlüße
gezeichnet werden können, und daß diese Zeichnung
allgemeine und strengere Regeln habe, als die von
den Tönen in der Musik.

§. 53.

Die einfachen Begriffe, die wir durch die Sin-
nen und das Bewußtseyn erlangen, machen die

Grund-
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oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
der andre, und wenn wir ſagen, hochroth, ſo wird
dem Begriff des rothen auf eine bloß figuͤrliche Art,
die Beſtimmung hoch beygelegt. Auf eine aͤhnliche
Art machen wir die Unſchuld weiß, die Treuloſigkeit
und andre Laſter ſchwarz. Die Pythagoraͤer haben
in den Zahlen Aehnlichkeiten mit abſtracten Begrif-
fen gefunden, die ihren ordentlichen Grund haben
konnten, ungeachtet eine gewiſſe Vorſtellungsart dazu
erfordert wird, die nicht jedermann gleich einleuch-
tend iſt. Daher koͤmmt es auch, daß man dieſe py-
thagoraͤiſche Einfaͤlle fuͤr bloße Traͤume anſieht. Und
es ſcheint allerdings, daß ſich abſtracte Begriffe ehen-
der mit Figuren, als mit bloßen Zahlen vergleichen
laſſen, weil mehr Mannigfaltigkeit in den Figu-
ren iſt.

§. 52.

Wir koͤnnen uͤbrigens hier anmerken, daß dieſe
Moͤglichkeit, abſtracte Begriffe mit Empfindungen,
und dadurch auch mit ihren Objecten zu vergleichen,
uns auf eine naͤhere Art anzeigt, daß es moͤglich iſt,
unſre Erkenntniß, und beſonders die abſtracte, figuͤr-
lich
zu machen, und ſie durch Zeichen vorzuſtellen,
die wenigſtens in dieſer Abſicht weſentlich und wiſſent-
ſchaftlich ſind. Wir haben in der Dianoiologie bloß
aus dem Grunde, daß wir den Begriffen eine Aus-
dehnung
beylegen, und einen unter oder nicht
unter den andern ſetzen, gewieſen, daß die Lehre von
den Schluͤßen figuͤrlich gemacht, und die Schluͤße
gezeichnet werden koͤnnen, und daß dieſe Zeichnung
allgemeine und ſtrengere Regeln habe, als die von
den Toͤnen in der Muſik.

§. 53.

Die einfachen Begriffe, die wir durch die Sin-
nen und das Bewußtſeyn erlangen, machen die

Grund-
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[487/0509] oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen. der andre, und wenn wir ſagen, hochroth, ſo wird dem Begriff des rothen auf eine bloß figuͤrliche Art, die Beſtimmung hoch beygelegt. Auf eine aͤhnliche Art machen wir die Unſchuld weiß, die Treuloſigkeit und andre Laſter ſchwarz. Die Pythagoraͤer haben in den Zahlen Aehnlichkeiten mit abſtracten Begrif- fen gefunden, die ihren ordentlichen Grund haben konnten, ungeachtet eine gewiſſe Vorſtellungsart dazu erfordert wird, die nicht jedermann gleich einleuch- tend iſt. Daher koͤmmt es auch, daß man dieſe py- thagoraͤiſche Einfaͤlle fuͤr bloße Traͤume anſieht. Und es ſcheint allerdings, daß ſich abſtracte Begriffe ehen- der mit Figuren, als mit bloßen Zahlen vergleichen laſſen, weil mehr Mannigfaltigkeit in den Figu- ren iſt. §. 52. Wir koͤnnen uͤbrigens hier anmerken, daß dieſe Moͤglichkeit, abſtracte Begriffe mit Empfindungen, und dadurch auch mit ihren Objecten zu vergleichen, uns auf eine naͤhere Art anzeigt, daß es moͤglich iſt, unſre Erkenntniß, und beſonders die abſtracte, figuͤr- lich zu machen, und ſie durch Zeichen vorzuſtellen, die wenigſtens in dieſer Abſicht weſentlich und wiſſent- ſchaftlich ſind. Wir haben in der Dianoiologie bloß aus dem Grunde, daß wir den Begriffen eine Aus- dehnung beylegen, und einen unter oder nicht unter den andern ſetzen, gewieſen, daß die Lehre von den Schluͤßen figuͤrlich gemacht, und die Schluͤße gezeichnet werden koͤnnen, und daß dieſe Zeichnung allgemeine und ſtrengere Regeln habe, als die von den Toͤnen in der Muſik. §. 53. Die einfachen Begriffe, die wir durch die Sin- nen und das Bewußtſeyn erlangen, machen die Grund- H h 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/509>, abgerufen am 03.12.2024.