transcendent, weil wir uns Erkenntnißkräfte, Be- gehrungskräfte, und bewegende Kräfte vorstellen. Wenn man demnach solche transcendente Begriffe desi- nirt; so muß man allerdings dabey nicht vergessen, daß sie noch besondre Bestimmungen erhalten, so oft sie in der Körperwelt oder auch in der Jntellectual- welt angewandt werden. Die Definition wird da- durch specialer, und das Definitum, welches nun- mehr auch zu einer besondern Art wird, kommt nicht so häufig vor.
§. 49.
So z. E. setzen wir Gedanken und körperliche Dinge auseinander. Der Begriff auseinander ist demnach transcendent, und in dieser Absicht bedeutet er nun nicht mehr, als verschieden. Man würde aber irren, wenn man glauben wollte, daß die Ver- schiedenheit den Begriff, daß ein Körper aus- ser dem andern sey, erschöpfe, weil hier nothwendig noch der klare und einfache Begriff des Raums dazu kömmt, der sich nicht dabey befindet, wenn wir z. E. die Erkenntnißkräfte der Seele auseinander setzen, das ist, schlechthin nur von einander unter- scheiden.
§. 50.
Wir führen dieses Beyspiel aus Wolfens On- tologie an. Denn um sich zu der Definition der Ausdehnung und des Raums den Weg zu bähnen, fängt er an, den Begriff außer einander durch den Begriff der Verschiedenheit zu definiren, (Ontol. lat. §. 544.) und (§. 548.) sagt er sodann: Siplura diuersa, adeoque extra se inuicem existentia tam- quam in vno nobis repraesentamus, notio exten- sionis oritur: vt adeo Extensio sit multorum diuer- sorum, aut, si mauis, extra se inuicem existentium,
coexi-
H h 3
oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
tranſcendent, weil wir uns Erkenntnißkraͤfte, Be- gehrungskraͤfte, und bewegende Kraͤfte vorſtellen. Wenn man demnach ſolche tranſcendente Begriffe deſi- nirt; ſo muß man allerdings dabey nicht vergeſſen, daß ſie noch beſondre Beſtimmungen erhalten, ſo oft ſie in der Koͤrperwelt oder auch in der Jntellectual- welt angewandt werden. Die Definition wird da- durch ſpecialer, und das Definitum, welches nun- mehr auch zu einer beſondern Art wird, kommt nicht ſo haͤufig vor.
§. 49.
So z. E. ſetzen wir Gedanken und koͤrperliche Dinge auseinander. Der Begriff auseinander iſt demnach tranſcendent, und in dieſer Abſicht bedeutet er nun nicht mehr, als verſchieden. Man wuͤrde aber irren, wenn man glauben wollte, daß die Ver- ſchiedenheit den Begriff, daß ein Koͤrper auſ- ſer dem andern ſey, erſchoͤpfe, weil hier nothwendig noch der klare und einfache Begriff des Raums dazu koͤmmt, der ſich nicht dabey befindet, wenn wir z. E. die Erkenntnißkraͤfte der Seele auseinander ſetzen, das iſt, ſchlechthin nur von einander unter- ſcheiden.
§. 50.
Wir fuͤhren dieſes Beyſpiel aus Wolfens On- tologie an. Denn um ſich zu der Definition der Ausdehnung und des Raums den Weg zu baͤhnen, faͤngt er an, den Begriff außer einander durch den Begriff der Verſchiedenheit zu definiren, (Ontol. lat. §. 544.) und (§. 548.) ſagt er ſodann: Siplura diuerſa, adeoque extra ſe inuicem exiſtentia tam- quam in vno nobis repraeſentamus, notio exten- ſionis oritur: vt adeo Extenſio ſit multorum diuer- ſorum, aut, ſi mauis, extra ſe inuicem exiſtentium,
coëxi-
H h 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0507"n="485"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.</hi></fw><lb/>
tranſcendent, weil wir uns Erkenntnißkraͤfte, Be-<lb/>
gehrungskraͤfte, und bewegende Kraͤfte vorſtellen.<lb/>
Wenn man demnach ſolche tranſcendente Begriffe deſi-<lb/>
nirt; ſo muß man allerdings dabey nicht vergeſſen,<lb/>
daß ſie noch beſondre Beſtimmungen erhalten, ſo oft<lb/>ſie in der Koͤrperwelt oder auch in der Jntellectual-<lb/>
welt angewandt werden. Die Definition wird da-<lb/>
durch ſpecialer, und das <hirendition="#aq">Definitum,</hi> welches nun-<lb/>
mehr auch zu einer beſondern Art wird, kommt nicht<lb/>ſo haͤufig vor.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 49.</head><lb/><p>So z. E. ſetzen wir Gedanken und koͤrperliche<lb/>
Dinge auseinander. Der Begriff <hirendition="#fr">auseinander</hi> iſt<lb/>
demnach tranſcendent, und in dieſer Abſicht bedeutet<lb/>
er nun nicht mehr, als <hirendition="#fr">verſchieden.</hi> Man wuͤrde<lb/>
aber irren, wenn man glauben wollte, daß die <hirendition="#fr">Ver-<lb/>ſchiedenheit</hi> den Begriff, <hirendition="#fr">daß ein Koͤrper auſ-<lb/>ſer dem andern ſey,</hi> erſchoͤpfe, weil hier nothwendig<lb/>
noch der klare und einfache Begriff des <hirendition="#fr">Raums</hi><lb/>
dazu koͤmmt, der ſich nicht dabey befindet, wenn wir<lb/>
z. E. die Erkenntnißkraͤfte der Seele auseinander<lb/>ſetzen, das iſt, ſchlechthin nur von einander unter-<lb/>ſcheiden.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 50.</head><lb/><p>Wir fuͤhren dieſes Beyſpiel aus <hirendition="#fr">Wolfens</hi> On-<lb/>
tologie an. Denn um ſich zu der Definition der<lb/>
Ausdehnung und des Raums den Weg zu baͤhnen,<lb/>
faͤngt er an, den Begriff <hirendition="#fr">außer einander</hi> durch den<lb/>
Begriff der <hirendition="#fr">Verſchiedenheit</hi> zu definiren, (<hirendition="#aq">Ontol.<lb/>
lat.</hi> §. 544.) und (§. 548.) ſagt er ſodann: <hirendition="#aq">Siplura<lb/>
diuerſa, adeoque extra ſe inuicem exiſtentia tam-<lb/>
quam in vno nobis repraeſentamus, notio <hirendition="#i">exten-<lb/>ſionis</hi> oritur: vt adeo Extenſio ſit multorum diuer-<lb/>ſorum, aut, ſi mauis, extra ſe inuicem exiſtentium,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H h 3</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">coëxi-</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[485/0507]
oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
tranſcendent, weil wir uns Erkenntnißkraͤfte, Be-
gehrungskraͤfte, und bewegende Kraͤfte vorſtellen.
Wenn man demnach ſolche tranſcendente Begriffe deſi-
nirt; ſo muß man allerdings dabey nicht vergeſſen,
daß ſie noch beſondre Beſtimmungen erhalten, ſo oft
ſie in der Koͤrperwelt oder auch in der Jntellectual-
welt angewandt werden. Die Definition wird da-
durch ſpecialer, und das Definitum, welches nun-
mehr auch zu einer beſondern Art wird, kommt nicht
ſo haͤufig vor.
§. 49.
So z. E. ſetzen wir Gedanken und koͤrperliche
Dinge auseinander. Der Begriff auseinander iſt
demnach tranſcendent, und in dieſer Abſicht bedeutet
er nun nicht mehr, als verſchieden. Man wuͤrde
aber irren, wenn man glauben wollte, daß die Ver-
ſchiedenheit den Begriff, daß ein Koͤrper auſ-
ſer dem andern ſey, erſchoͤpfe, weil hier nothwendig
noch der klare und einfache Begriff des Raums
dazu koͤmmt, der ſich nicht dabey befindet, wenn wir
z. E. die Erkenntnißkraͤfte der Seele auseinander
ſetzen, das iſt, ſchlechthin nur von einander unter-
ſcheiden.
§. 50.
Wir fuͤhren dieſes Beyſpiel aus Wolfens On-
tologie an. Denn um ſich zu der Definition der
Ausdehnung und des Raums den Weg zu baͤhnen,
faͤngt er an, den Begriff außer einander durch den
Begriff der Verſchiedenheit zu definiren, (Ontol.
lat. §. 544.) und (§. 548.) ſagt er ſodann: Siplura
diuerſa, adeoque extra ſe inuicem exiſtentia tam-
quam in vno nobis repraeſentamus, notio exten-
ſionis oritur: vt adeo Extenſio ſit multorum diuer-
ſorum, aut, ſi mauis, extra ſe inuicem exiſtentium,
coëxi-
H h 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/507>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.