man Subjecte und Prädicate gegen einander hält, die nicht einerley einfache Begriffe enthalten. (Dianoiol. §. 232.)
§. 33.
Machen wir demnach einen einfachen Begriff zum Prädicat eines bejahenden Satzes, so kann das Subject kein andrer Begriff seyn, als ein solcher, dem der einfache zukomme, und folglich, wo nicht durchaus, doch wenigstens mehrentheils Erfahrungs- begriffe. Um dieses zu beweisen, so nehme man den Begriff der Materie, man theile sie in kleine Theile, man setze diese zusammen, um einen Körper daraus zu machen, man nehme noch Kräfte und Bewegung dazu. Alles dieses sind Möglichkeiten, und es läßt sich begreifen, daß ein Körper herauskommen werde, und daß man dabey unzählige Abwechslungen zur Auswahl habe. Bis dahin geht alles a priori. Man bestimme nun bey einer beliebten Zusammen- setzung, ob der Körper roth, grün, schwarz, bitter, gesalzen etc. seyn werde. Wenn wir bis dahin ge- langen können, so wird dieser Körper ein Subject eines Satzes seyn, dessen Prädicate einfache Begriffe sind, und welches wir nicht als einen bloßen Erfah- rungsbegriff anzunehmen nöthig haben. So weit aber reicht unsre Erkenntniß noch dermalen nicht. Demnach müssen wir bey solchen Sätzen, wo das Prädicat ein einfacher Begriff ist, Erfahrungsbe- griffe zu Subjecten nehmen, wenn sie anders bejahend und wahr seyn sollen.
§. 34.
Nehmen wir aber solche Begriffe als Subjecte an, so sind sie nicht alle gleich vieler bejahender Prädicate fähig, und bey den meisten sind es nur solche Prädi- cate, die wir den einfachen Begriffen beylegen, in
so
oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
man Subjecte und Praͤdicate gegen einander haͤlt, die nicht einerley einfache Begriffe enthalten. (Dianoiol. §. 232.)
§. 33.
Machen wir demnach einen einfachen Begriff zum Praͤdicat eines bejahenden Satzes, ſo kann das Subject kein andrer Begriff ſeyn, als ein ſolcher, dem der einfache zukomme, und folglich, wo nicht durchaus, doch wenigſtens mehrentheils Erfahrungs- begriffe. Um dieſes zu beweiſen, ſo nehme man den Begriff der Materie, man theile ſie in kleine Theile, man ſetze dieſe zuſammen, um einen Koͤrper daraus zu machen, man nehme noch Kraͤfte und Bewegung dazu. Alles dieſes ſind Moͤglichkeiten, und es laͤßt ſich begreifen, daß ein Koͤrper herauskommen werde, und daß man dabey unzaͤhlige Abwechslungen zur Auswahl habe. Bis dahin geht alles a priori. Man beſtimme nun bey einer beliebten Zuſammen- ſetzung, ob der Koͤrper roth, gruͤn, ſchwarz, bitter, geſalzen ꝛc. ſeyn werde. Wenn wir bis dahin ge- langen koͤnnen, ſo wird dieſer Koͤrper ein Subject eines Satzes ſeyn, deſſen Praͤdicate einfache Begriffe ſind, und welches wir nicht als einen bloßen Erfah- rungsbegriff anzunehmen noͤthig haben. So weit aber reicht unſre Erkenntniß noch dermalen nicht. Demnach muͤſſen wir bey ſolchen Saͤtzen, wo das Praͤdicat ein einfacher Begriff iſt, Erfahrungsbe- griffe zu Subjecten nehmen, wenn ſie anders bejahend und wahr ſeyn ſollen.
§. 34.
Nehmen wir aber ſolche Begriffe als Subjecte an, ſo ſind ſie nicht alle gleich vieler bejahender Praͤdicate faͤhig, und bey den meiſten ſind es nur ſolche Praͤdi- cate, die wir den einfachen Begriffen beylegen, in
ſo
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oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
man Subjecte und Praͤdicate gegen einander haͤlt, die
nicht einerley einfache Begriffe enthalten. (Dianoiol.
§. 232.)
§. 33.
Machen wir demnach einen einfachen Begriff
zum Praͤdicat eines bejahenden Satzes, ſo kann das
Subject kein andrer Begriff ſeyn, als ein ſolcher,
dem der einfache zukomme, und folglich, wo nicht
durchaus, doch wenigſtens mehrentheils Erfahrungs-
begriffe. Um dieſes zu beweiſen, ſo nehme man den
Begriff der Materie, man theile ſie in kleine Theile,
man ſetze dieſe zuſammen, um einen Koͤrper daraus
zu machen, man nehme noch Kraͤfte und Bewegung
dazu. Alles dieſes ſind Moͤglichkeiten, und es laͤßt
ſich begreifen, daß ein Koͤrper herauskommen werde,
und daß man dabey unzaͤhlige Abwechslungen zur
Auswahl habe. Bis dahin geht alles a priori.
Man beſtimme nun bey einer beliebten Zuſammen-
ſetzung, ob der Koͤrper roth, gruͤn, ſchwarz, bitter,
geſalzen ꝛc. ſeyn werde. Wenn wir bis dahin ge-
langen koͤnnen, ſo wird dieſer Koͤrper ein Subject
eines Satzes ſeyn, deſſen Praͤdicate einfache Begriffe
ſind, und welches wir nicht als einen bloßen Erfah-
rungsbegriff anzunehmen noͤthig haben. So weit
aber reicht unſre Erkenntniß noch dermalen nicht.
Demnach muͤſſen wir bey ſolchen Saͤtzen, wo das
Praͤdicat ein einfacher Begriff iſt, Erfahrungsbe-
griffe zu Subjecten nehmen, wenn ſie anders bejahend
und wahr ſeyn ſollen.
§. 34.
Nehmen wir aber ſolche Begriffe als Subjecte an,
ſo ſind ſie nicht alle gleich vieler bejahender Praͤdicate
faͤhig, und bey den meiſten ſind es nur ſolche Praͤdi-
cate, die wir den einfachen Begriffen beylegen, in
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/497>, abgerufen am 21.11.2024.
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