Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.I. Hauptstück, von den einfachen nun die Erfahrung zeigt, daß sie Grade hat, unddaher auch nur stufenweise von dem Flüßigen und Wei- chen verschieden ist, so benimmt dieses der Solidität der Materie, an sich betrachtet, nichts, weil wir diese bey flüßigen Körpern in ihren kleinsten Theilen su- chen, und sie durch den Widerstand finden, der der Masse und Dichtigkeit der flüßigen Materie propor- tional ist. Uebrigens, wenn wir uns einen mit etwas ausgefüllten Raum gedenken, so ist dieses etwas das, was wir unter dem Begriff der Materie uns vorstellen. Dadurch stellen wir uns den Raum nicht mehr als leer, sondern als mit etwas solidem, festem und undurchdringbarem ausgefüllt vor, und lassen höch- stens noch den Begriff der Theilbarkeit dabey gelten. Es läßt sich auch diese Vorstellungsart aus dem Be- griff, den wir durch das Gefühl von der Materie haben, ordentlich herleiten, welches aber hier nicht nöthig ist, weil wir hier bey den unmittelbaren Em- pfindungen stehen bleiben. §. 20. Wenn wir aber setzen, daß die Materie eine So- §. 21.
I. Hauptſtuͤck, von den einfachen nun die Erfahrung zeigt, daß ſie Grade hat, unddaher auch nur ſtufenweiſe von dem Fluͤßigen und Wei- chen verſchieden iſt, ſo benimmt dieſes der Soliditaͤt der Materie, an ſich betrachtet, nichts, weil wir dieſe bey fluͤßigen Koͤrpern in ihren kleinſten Theilen ſu- chen, und ſie durch den Widerſtand finden, der der Maſſe und Dichtigkeit der fluͤßigen Materie propor- tional iſt. Uebrigens, wenn wir uns einen mit etwas ausgefuͤllten Raum gedenken, ſo iſt dieſes etwas das, was wir unter dem Begriff der Materie uns vorſtellen. Dadurch ſtellen wir uns den Raum nicht mehr als leer, ſondern als mit etwas ſolidem, feſtem und undurchdringbarem ausgefuͤllt vor, und laſſen hoͤch- ſtens noch den Begriff der Theilbarkeit dabey gelten. Es laͤßt ſich auch dieſe Vorſtellungsart aus dem Be- griff, den wir durch das Gefuͤhl von der Materie haben, ordentlich herleiten, welches aber hier nicht noͤthig iſt, weil wir hier bey den unmittelbaren Em- pfindungen ſtehen bleiben. §. 20. Wenn wir aber ſetzen, daß die Materie eine So- §. 21.
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I. Hauptſtuͤck, von den einfachen
nun die Erfahrung zeigt, daß ſie Grade hat, und
daher auch nur ſtufenweiſe von dem Fluͤßigen und Wei-
chen verſchieden iſt, ſo benimmt dieſes der Soliditaͤt
der Materie, an ſich betrachtet, nichts, weil wir dieſe
bey fluͤßigen Koͤrpern in ihren kleinſten Theilen ſu-
chen, und ſie durch den Widerſtand finden, der der
Maſſe und Dichtigkeit der fluͤßigen Materie propor-
tional iſt. Uebrigens, wenn wir uns einen mit etwas
ausgefuͤllten Raum gedenken, ſo iſt dieſes etwas
das, was wir unter dem Begriff der Materie uns
vorſtellen. Dadurch ſtellen wir uns den Raum nicht
mehr als leer, ſondern als mit etwas ſolidem, feſtem und
undurchdringbarem ausgefuͤllt vor, und laſſen hoͤch-
ſtens noch den Begriff der Theilbarkeit dabey gelten.
Es laͤßt ſich auch dieſe Vorſtellungsart aus dem Be-
griff, den wir durch das Gefuͤhl von der Materie
haben, ordentlich herleiten, welches aber hier nicht
noͤthig iſt, weil wir hier bey den unmittelbaren Em-
pfindungen ſtehen bleiben.
§. 20.
Wenn wir aber ſetzen, daß die Materie eine So-
liditaͤt und Kraft zu widerſtehen habe, ſo gilt dieſer
Satz auch nicht weiter, als wir ihn aus der Erfah-
rung haben, und es bleibt in ſofern unausgemacht,
ob nicht noch andre Arten von Materien moͤglich ſind.
Wer z. E. keinen leeren Raum in der Welt zugiebt,
ſondern alles mit Materie will ausgefuͤllt wiſſen, wird
eben nicht abgeneigt ſeyn, zu glauben, daß Materien
moͤglich ſeyn, die abſolut fluͤßig ſind, und ſich durch
keinen bemerkbaren Widerſtand entdecken oder beobach-
ten laſſen. Demnach aber muͤßte die Moͤglichkeit,
beſonders aber die Wirklichkeit ſolcher Materien durch
Schluͤſſe herausgebracht werden.
§. 21.
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