Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.IX. Hauptstück, das Auseinanderlesen, das wir oben (§. 617--632.)angegeben haben, bey solchen Fragmenten dient, und daß es destoweniger überflüßig ist, da wir in vielen Wissenschaften noch bey solchen Fragmenten zurück- bleiben, und an ein durchgängiges Zusammenhängen derselben noch nicht denken können. Ueberhaupt sind auch solche einzelne Fragmente, aber wo- bey alles wohl auseinander gelesen, und auf Erfahrungen gesetzt ist, die man jedesmal vor sich erneuern kann, ungleich besser, als ganze Theorien, die endlich bey näherer Betrachtung nur im Zirkel herumführen, weil sie die Erfah- rung mehr als noch thunlich ist, entbehrlich machen wollen, oder die statt richtig erwies- ner und bestimmter Lehrbegriffe, nur will- kührlich zusammengesetzte oder Hypothesen angeben. §. 688. Was wir bisher von den Zirkeln im Erklären §. 689. Solche Zirkel kommen nun vor; und können aus Denn
IX. Hauptſtuͤck, das Auseinanderleſen, das wir oben (§. 617—632.)angegeben haben, bey ſolchen Fragmenten dient, und daß es deſtoweniger uͤberfluͤßig iſt, da wir in vielen Wiſſenſchaften noch bey ſolchen Fragmenten zuruͤck- bleiben, und an ein durchgaͤngiges Zuſammenhaͤngen derſelben noch nicht denken koͤnnen. Ueberhaupt ſind auch ſolche einzelne Fragmente, aber wo- bey alles wohl auseinander geleſen, und auf Erfahrungen geſetzt iſt, die man jedesmal vor ſich erneuern kann, ungleich beſſer, als ganze Theorien, die endlich bey naͤherer Betrachtung nur im Zirkel herumfuͤhren, weil ſie die Erfah- rung mehr als noch thunlich iſt, entbehrlich machen wollen, oder die ſtatt richtig erwieſ- ner und beſtimmter Lehrbegriffe, nur will- kuͤhrlich zuſammengeſetzte oder Hypotheſen angeben. §. 688. Was wir bisher von den Zirkeln im Erklaͤren §. 689. Solche Zirkel kommen nun vor; und koͤnnen aus Denn
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IX. Hauptſtuͤck,
das Auseinanderleſen, das wir oben (§. 617—632.)
angegeben haben, bey ſolchen Fragmenten dient, und
daß es deſtoweniger uͤberfluͤßig iſt, da wir in vielen
Wiſſenſchaften noch bey ſolchen Fragmenten zuruͤck-
bleiben, und an ein durchgaͤngiges Zuſammenhaͤngen
derſelben noch nicht denken koͤnnen. Ueberhaupt
ſind auch ſolche einzelne Fragmente, aber wo-
bey alles wohl auseinander geleſen, und auf
Erfahrungen geſetzt iſt, die man jedesmal vor
ſich erneuern kann, ungleich beſſer, als ganze
Theorien, die endlich bey naͤherer Betrachtung
nur im Zirkel herumfuͤhren, weil ſie die Erfah-
rung mehr als noch thunlich iſt, entbehrlich
machen wollen, oder die ſtatt richtig erwieſ-
ner und beſtimmter Lehrbegriffe, nur will-
kuͤhrlich zuſammengeſetzte oder Hypotheſen
angeben.
§. 688.
Was wir bisher von den Zirkeln im Erklaͤren
geſagt haben, gilt mit behoͤriger Aenderung auch von
den Zirkeln im Beweiſen. Dieſe kommen vor,
wenn A durch B, B durch C, C durch D etc. bewieſen
wird, und wobey man endlich auf einen Grund M
koͤmmt, den man wiederum durch A beweiſt. Sol-
che Zirkel ſind ebenfalls deſto laͤnger, durch je mehrere
Saͤtze man durchgeht, bis man wieder auf A zuruͤck
kommt. Und der kuͤrzeſte Zirkel iſt, wenn A durch
B, und B hinwiederum durch A erwieſen wird. Z. E.
Ein Triangel iſt gleichwinklicht, weil er gleichſeitig
iſt: Und er iſt gleichſeitig, weil er gleichwinklicht iſt.
§. 689.
Solche Zirkel kommen nun vor; und koͤnnen aus
lauter wahren Saͤtzen beſtehen, und in richtiger Form
ſeyn, wenn man identiſche Saͤtze dazu gebraucht.
Denn
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