solcher einfachen Möglichkeiten würde jede Postulata zu den practischen Wissenschaften angeben.
§. 534.
Wir haben ferner als eine Erfahrung zum Grun- de zu legen, daß es auch Kräfte in der Natur giebt, durch welche sich Veränderungen er- äugnen und hervorbringen lassen. So weit demnach unsre Kräfte reichen, diese ebenfalls zu ge- brauchen, so weit läßt sich auch das practische in den Wissenschaften ausdehnen. Man darf, um die vielen Möglichkeiten hierinn mit einem Anblicke zu überse- hen, nur die Verrichtungen der Handwerker und Künstler durchgehen, und Acht haben, wie jeder die Dinge in der Natur zu seinen Arbeiten gebraucht. Man wird dabey leicht den Schluß machen können, daß noch lange nicht alle mögliche Combinationen der menschlichen Kräfte und der Kräfte der Natur erfun- den sind.
§. 535.
Man kann die Kräfte der Natur und die Ver- änderungen, so wir in den Dingen hervorbringen kön- nen, gewisser maaßen in mechanische und chymi- sche eintheilen; in so fern wir nämlich bey den er- steren die Sachen lassen, wie sie sind, oder ihnen nur eine gewisse Form und Gestalt geben, bey den letztern aber dieselben in ihren innern Theilen ändern, auflösen und anders zusammensetzen. Dieser Unter- schied will nicht sagen, als wenn in dem letzten Fall kein Mechanismus statt hätte, weil sich derselbe durch alle Theile der Körperwelt ausbreitet, sondern der Unterschied besteht nur darinn, daß wir im letzten Fall den Mechanismus nicht kennen, und folglich die Möglichkeit der Sache schlechthin durch die Er- fahrung finden müssen.
§. 536.
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von den Aufgaben.
ſolcher einfachen Moͤglichkeiten wuͤrde jede Poſtulata zu den practiſchen Wiſſenſchaften angeben.
§. 534.
Wir haben ferner als eine Erfahrung zum Grun- de zu legen, daß es auch Kraͤfte in der Natur giebt, durch welche ſich Veraͤnderungen er- aͤugnen und hervorbringen laſſen. So weit demnach unſre Kraͤfte reichen, dieſe ebenfalls zu ge- brauchen, ſo weit laͤßt ſich auch das practiſche in den Wiſſenſchaften ausdehnen. Man darf, um die vielen Moͤglichkeiten hierinn mit einem Anblicke zu uͤberſe- hen, nur die Verrichtungen der Handwerker und Kuͤnſtler durchgehen, und Acht haben, wie jeder die Dinge in der Natur zu ſeinen Arbeiten gebraucht. Man wird dabey leicht den Schluß machen koͤnnen, daß noch lange nicht alle moͤgliche Combinationen der menſchlichen Kraͤfte und der Kraͤfte der Natur erfun- den ſind.
§. 535.
Man kann die Kraͤfte der Natur und die Ver- aͤnderungen, ſo wir in den Dingen hervorbringen koͤn- nen, gewiſſer maaßen in mechaniſche und chymi- ſche eintheilen; in ſo fern wir naͤmlich bey den er- ſteren die Sachen laſſen, wie ſie ſind, oder ihnen nur eine gewiſſe Form und Geſtalt geben, bey den letztern aber dieſelben in ihren innern Theilen aͤndern, aufloͤſen und anders zuſammenſetzen. Dieſer Unter- ſchied will nicht ſagen, als wenn in dem letzten Fall kein Mechaniſmus ſtatt haͤtte, weil ſich derſelbe durch alle Theile der Koͤrperwelt ausbreitet, ſondern der Unterſchied beſteht nur darinn, daß wir im letzten Fall den Mechaniſmus nicht kennen, und folglich die Moͤglichkeit der Sache ſchlechthin durch die Er- fahrung finden muͤſſen.
§. 536.
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von den Aufgaben.
ſolcher einfachen Moͤglichkeiten wuͤrde jede Poſtulata
zu den practiſchen Wiſſenſchaften angeben.
§. 534.
Wir haben ferner als eine Erfahrung zum Grun-
de zu legen, daß es auch Kraͤfte in der Natur
giebt, durch welche ſich Veraͤnderungen er-
aͤugnen und hervorbringen laſſen. So weit
demnach unſre Kraͤfte reichen, dieſe ebenfalls zu ge-
brauchen, ſo weit laͤßt ſich auch das practiſche in den
Wiſſenſchaften ausdehnen. Man darf, um die vielen
Moͤglichkeiten hierinn mit einem Anblicke zu uͤberſe-
hen, nur die Verrichtungen der Handwerker und
Kuͤnſtler durchgehen, und Acht haben, wie jeder die
Dinge in der Natur zu ſeinen Arbeiten gebraucht.
Man wird dabey leicht den Schluß machen koͤnnen,
daß noch lange nicht alle moͤgliche Combinationen der
menſchlichen Kraͤfte und der Kraͤfte der Natur erfun-
den ſind.
§. 535.
Man kann die Kraͤfte der Natur und die Ver-
aͤnderungen, ſo wir in den Dingen hervorbringen koͤn-
nen, gewiſſer maaßen in mechaniſche und chymi-
ſche eintheilen; in ſo fern wir naͤmlich bey den er-
ſteren die Sachen laſſen, wie ſie ſind, oder ihnen
nur eine gewiſſe Form und Geſtalt geben, bey den
letztern aber dieſelben in ihren innern Theilen aͤndern,
aufloͤſen und anders zuſammenſetzen. Dieſer Unter-
ſchied will nicht ſagen, als wenn in dem letzten Fall
kein Mechaniſmus ſtatt haͤtte, weil ſich derſelbe durch
alle Theile der Koͤrperwelt ausbreitet, ſondern der
Unterſchied beſteht nur darinn, daß wir im letzten
Fall den Mechaniſmus nicht kennen, und folglich
die Moͤglichkeit der Sache ſchlechthin durch die Er-
fahrung finden muͤſſen.
§. 536.
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/361>, abgerufen am 21.12.2024.
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