Wenn das Verhältniß zwoer Sachen zu einer dritten bestimmt ist: so ist auch das Verhältniß zwischen den beyden er- stern bestimmt.
§. 507.
Wir können noch anmerken, daß, da man hiebey vom Specialern aufs Allgemeinere schließt, die Zuläs- sigkeit solcher Schlüße durch identische Sätze bewiesen werden müsse, dafern man den abstrahirten Satz schlechthin dadurch, daß man ihn abstrahirt hat, als erwiesen ansehen will. Denn wenn man den Satz:
Alle A sind B
aus dem specialern:
Alle mA sind mB
solle abstrahiren können, so muß man sich versichern, daß die Bestimmung m zur Wahrheit des letztern nichts beytrage, und der Grund davon in den Begrif- fen A, B liege, folglich m nur eine accidentale Be- stimmung sey, die man nach Belieben mitnehmen oder weglassen kann. Dieses erhält man nun dadurch, wenn man weis, daß A ein wesentliches oder eigenes Merkmaal von mA, und B vom mB sey. Auf diese Art gebrauchten wir in vorigem Beyspiele den Satz, daß die Winkel die Lage gerader Linien gegen einander bestimmen, welcher allerdings identisch ist, weil mit den Winkeln die Lage, und mit der Lage die Winkel gegeben sind. Dadurch ließ sich nun die erste Abstraction vornehmen. Die andre gründete sich auf den Satz: Daß die Lage ein bloßer Ver- hältnißbegriff ist. Da nun in dem zweyten Satze (§. 506.) nichts vorkomme, was dem Begriff der Lage eigen wäre, so ließe sich aus diesem Grunde die zweyte Abstraction, und zwar auch ohne Beybehal- tung des Begriffes der Linien vornehmen. Man
sieht
VII. Hauptſtuͤck,
Wenn das Verhaͤltniß zwoer Sachen zu einer dritten beſtimmt iſt: ſo iſt auch das Verhaͤltniß zwiſchen den beyden er- ſtern beſtimmt.
§. 507.
Wir koͤnnen noch anmerken, daß, da man hiebey vom Specialern aufs Allgemeinere ſchließt, die Zulaͤſ- ſigkeit ſolcher Schluͤße durch identiſche Saͤtze bewieſen werden muͤſſe, dafern man den abſtrahirten Satz ſchlechthin dadurch, daß man ihn abſtrahirt hat, als erwieſen anſehen will. Denn wenn man den Satz:
Alle A ſind B
aus dem ſpecialern:
Alle mA ſind mB
ſolle abſtrahiren koͤnnen, ſo muß man ſich verſichern, daß die Beſtimmung m zur Wahrheit des letztern nichts beytrage, und der Grund davon in den Begrif- fen A, B liege, folglich m nur eine accidentale Be- ſtimmung ſey, die man nach Belieben mitnehmen oder weglaſſen kann. Dieſes erhaͤlt man nun dadurch, wenn man weis, daß A ein weſentliches oder eigenes Merkmaal von mA, und B vom mB ſey. Auf dieſe Art gebrauchten wir in vorigem Beyſpiele den Satz, daß die Winkel die Lage gerader Linien gegen einander beſtimmen, welcher allerdings identiſch iſt, weil mit den Winkeln die Lage, und mit der Lage die Winkel gegeben ſind. Dadurch ließ ſich nun die erſte Abſtraction vornehmen. Die andre gruͤndete ſich auf den Satz: Daß die Lage ein bloßer Ver- haͤltnißbegriff iſt. Da nun in dem zweyten Satze (§. 506.) nichts vorkomme, was dem Begriff der Lage eigen waͤre, ſo ließe ſich aus dieſem Grunde die zweyte Abſtraction, und zwar auch ohne Beybehal- tung des Begriffes der Linien vornehmen. Man
ſieht
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VII. Hauptſtuͤck,
Wenn das Verhaͤltniß zwoer Sachen zu
einer dritten beſtimmt iſt: ſo iſt auch
das Verhaͤltniß zwiſchen den beyden er-
ſtern beſtimmt.
§. 507.
Wir koͤnnen noch anmerken, daß, da man hiebey
vom Specialern aufs Allgemeinere ſchließt, die Zulaͤſ-
ſigkeit ſolcher Schluͤße durch identiſche Saͤtze bewieſen
werden muͤſſe, dafern man den abſtrahirten Satz
ſchlechthin dadurch, daß man ihn abſtrahirt hat, als
erwieſen anſehen will. Denn wenn man den Satz:
Alle A ſind B
aus dem ſpecialern:
Alle mA ſind mB
ſolle abſtrahiren koͤnnen, ſo muß man ſich verſichern,
daß die Beſtimmung m zur Wahrheit des letztern
nichts beytrage, und der Grund davon in den Begrif-
fen A, B liege, folglich m nur eine accidentale Be-
ſtimmung ſey, die man nach Belieben mitnehmen oder
weglaſſen kann. Dieſes erhaͤlt man nun dadurch,
wenn man weis, daß A ein weſentliches oder eigenes
Merkmaal von mA, und B vom mB ſey. Auf dieſe
Art gebrauchten wir in vorigem Beyſpiele den Satz,
daß die Winkel die Lage gerader Linien gegen
einander beſtimmen, welcher allerdings identiſch
iſt, weil mit den Winkeln die Lage, und mit der Lage
die Winkel gegeben ſind. Dadurch ließ ſich nun die
erſte Abſtraction vornehmen. Die andre gruͤndete
ſich auf den Satz: Daß die Lage ein bloßer Ver-
haͤltnißbegriff iſt. Da nun in dem zweyten Satze
(§. 506.) nichts vorkomme, was dem Begriff der
Lage eigen waͤre, ſo ließe ſich aus dieſem Grunde die
zweyte Abſtraction, und zwar auch ohne Beybehal-
tung des Begriffes der Linien vornehmen. Man
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/344>, abgerufen am 21.12.2024.
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