Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Beweisen.
auf solche verfällt, es nur deswegen geschieht, weil
man sie unter den Grundsätzen noch nicht bemerkt hat.

§. 414.

Ferner giebt schon auch die Meßkunst zu der
Mechanik identische Sätze, und die Verbindung der-
selben mit denen, die unmittelbar Mechanisch sind,
macht die Erfindung identischer Lehrsätze in der Mecha-
nik desto leichter, und diese Lehrsätze selbst zahlreicher.
Die Begriffe des Gleichgewichtes, des Beharrungs-
standes, des Ruhestandes, der Undurchdringbarkeit
der Materie etc. geben uns ebenfalls solche an. Ueber-
haupt kommen sie auch vor, wo eine Aufgabe directe
und umgekehrt, (§. 165.) aufgelöset werden kann,
und selbst jede practische Aufgabe giebt uns einen
identischen Satz. (§. 169.)

§. 415.

Um aber einige einzelne Beyspiele anzubringen,
und das bisherige dadurch zu erläutern, so werden wir
als eines der kürzesten, das oben (§. 73.) gegebene vor-
nehmen. Dieses wird folgender Gestalt in den Schluß
des §. 405. gebracht:

Eine Kugel wirft einen runden Schatten;
Die Erde ist eine Kugel;
Folglich die Erde wirft einen runden Schatten.

Jn diesem Schluße war der Schlußsatz eine Erfah-
rung, der Obersatz ist identisch, und daher wurde eigent-
lich der Untersatz aus beyden gefolgert. Nämlich
man schloß:

Was einen runden Schatten wirft, ist eine Kugel;
Die Erde wirft einen runden Schatten;
Folglich ist die Erde eine Kugel.

Diese letzte Schlußrede gebrauchte man ehedem, so
lange man noch nicht aus andern Gründen wußte,
daß die Erde eine Kugel sey. Nunmehr, da man

dieses

von den Beweiſen.
auf ſolche verfaͤllt, es nur deswegen geſchieht, weil
man ſie unter den Grundſaͤtzen noch nicht bemerkt hat.

§. 414.

Ferner giebt ſchon auch die Meßkunſt zu der
Mechanik identiſche Saͤtze, und die Verbindung der-
ſelben mit denen, die unmittelbar Mechaniſch ſind,
macht die Erfindung identiſcher Lehrſaͤtze in der Mecha-
nik deſto leichter, und dieſe Lehrſaͤtze ſelbſt zahlreicher.
Die Begriffe des Gleichgewichtes, des Beharrungs-
ſtandes, des Ruheſtandes, der Undurchdringbarkeit
der Materie ꝛc. geben uns ebenfalls ſolche an. Ueber-
haupt kommen ſie auch vor, wo eine Aufgabe directe
und umgekehrt, (§. 165.) aufgeloͤſet werden kann,
und ſelbſt jede practiſche Aufgabe giebt uns einen
identiſchen Satz. (§. 169.)

§. 415.

Um aber einige einzelne Beyſpiele anzubringen,
und das bisherige dadurch zu erlaͤutern, ſo werden wir
als eines der kuͤrzeſten, das oben (§. 73.) gegebene vor-
nehmen. Dieſes wird folgender Geſtalt in den Schluß
des §. 405. gebracht:

Eine Kugel wirft einen runden Schatten;
Die Erde iſt eine Kugel;
Folglich die Erde wirft einen runden Schatten.

Jn dieſem Schluße war der Schlußſatz eine Erfah-
rung, der Oberſatz iſt identiſch, und daher wurde eigent-
lich der Unterſatz aus beyden gefolgert. Naͤmlich
man ſchloß:

Was einen runden Schatten wirft, iſt eine Kugel;
Die Erde wirft einen runden Schatten;
Folglich iſt die Erde eine Kugel.

Dieſe letzte Schlußrede gebrauchte man ehedem, ſo
lange man noch nicht aus andern Gruͤnden wußte,
daß die Erde eine Kugel ſey. Nunmehr, da man

dieſes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0293" n="271"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Bewei&#x017F;en.</hi></fw><lb/>
auf &#x017F;olche verfa&#x0364;llt, es nur deswegen ge&#x017F;chieht, weil<lb/>
man &#x017F;ie unter den Grund&#x017F;a&#x0364;tzen noch nicht bemerkt hat.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 414.</head><lb/>
            <p>Ferner giebt &#x017F;chon auch die Meßkun&#x017F;t zu der<lb/>
Mechanik identi&#x017F;che Sa&#x0364;tze, und die Verbindung der-<lb/>
&#x017F;elben mit denen, die unmittelbar Mechani&#x017F;ch &#x017F;ind,<lb/>
macht die Erfindung identi&#x017F;cher Lehr&#x017F;a&#x0364;tze in der Mecha-<lb/>
nik de&#x017F;to leichter, und die&#x017F;e Lehr&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;elb&#x017F;t zahlreicher.<lb/>
Die Begriffe des Gleichgewichtes, des Beharrungs-<lb/>
&#x017F;tandes, des Ruhe&#x017F;tandes, der Undurchdringbarkeit<lb/>
der Materie &#xA75B;c. geben uns ebenfalls &#x017F;olche an. Ueber-<lb/>
haupt kommen &#x017F;ie auch vor, wo eine Aufgabe directe<lb/>
und umgekehrt, (§. 165.) aufgelo&#x0364;&#x017F;et werden kann,<lb/>
und &#x017F;elb&#x017F;t jede practi&#x017F;che Aufgabe giebt uns einen<lb/>
identi&#x017F;chen Satz. (§. 169.)</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 415.</head><lb/>
            <p>Um aber einige einzelne Bey&#x017F;piele anzubringen,<lb/>
und das bisherige dadurch zu erla&#x0364;utern, &#x017F;o werden wir<lb/>
als eines der ku&#x0364;rze&#x017F;ten, das oben (§. 73.) gegebene vor-<lb/>
nehmen. Die&#x017F;es wird folgender Ge&#x017F;talt in den Schluß<lb/>
des §. 405. gebracht:</p><lb/>
            <list>
              <item>Eine Kugel wirft einen runden Schatten;</item><lb/>
              <item>Die Erde i&#x017F;t eine Kugel;</item><lb/>
              <item>Folglich die Erde wirft einen runden Schatten.</item>
            </list><lb/>
            <p>Jn die&#x017F;em Schluße war der Schluß&#x017F;atz eine Erfah-<lb/>
rung, der Ober&#x017F;atz i&#x017F;t identi&#x017F;ch, und daher wurde eigent-<lb/>
lich der Unter&#x017F;atz aus beyden gefolgert. Na&#x0364;mlich<lb/>
man &#x017F;chloß:</p><lb/>
            <list>
              <item>Was einen runden Schatten wirft, i&#x017F;t eine Kugel;</item><lb/>
              <item>Die Erde wirft einen runden Schatten;</item><lb/>
              <item>Folglich i&#x017F;t die Erde eine Kugel.</item>
            </list><lb/>
            <p>Die&#x017F;e letzte Schlußrede gebrauchte man ehedem, &#x017F;o<lb/>
lange man noch nicht aus andern Gru&#x0364;nden wußte,<lb/>
daß die Erde eine Kugel &#x017F;ey. Nunmehr, da man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die&#x017F;es</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0293] von den Beweiſen. auf ſolche verfaͤllt, es nur deswegen geſchieht, weil man ſie unter den Grundſaͤtzen noch nicht bemerkt hat. §. 414. Ferner giebt ſchon auch die Meßkunſt zu der Mechanik identiſche Saͤtze, und die Verbindung der- ſelben mit denen, die unmittelbar Mechaniſch ſind, macht die Erfindung identiſcher Lehrſaͤtze in der Mecha- nik deſto leichter, und dieſe Lehrſaͤtze ſelbſt zahlreicher. Die Begriffe des Gleichgewichtes, des Beharrungs- ſtandes, des Ruheſtandes, der Undurchdringbarkeit der Materie ꝛc. geben uns ebenfalls ſolche an. Ueber- haupt kommen ſie auch vor, wo eine Aufgabe directe und umgekehrt, (§. 165.) aufgeloͤſet werden kann, und ſelbſt jede practiſche Aufgabe giebt uns einen identiſchen Satz. (§. 169.) §. 415. Um aber einige einzelne Beyſpiele anzubringen, und das bisherige dadurch zu erlaͤutern, ſo werden wir als eines der kuͤrzeſten, das oben (§. 73.) gegebene vor- nehmen. Dieſes wird folgender Geſtalt in den Schluß des §. 405. gebracht: Eine Kugel wirft einen runden Schatten; Die Erde iſt eine Kugel; Folglich die Erde wirft einen runden Schatten. Jn dieſem Schluße war der Schlußſatz eine Erfah- rung, der Oberſatz iſt identiſch, und daher wurde eigent- lich der Unterſatz aus beyden gefolgert. Naͤmlich man ſchloß: Was einen runden Schatten wirft, iſt eine Kugel; Die Erde wirft einen runden Schatten; Folglich iſt die Erde eine Kugel. Dieſe letzte Schlußrede gebrauchte man ehedem, ſo lange man noch nicht aus andern Gruͤnden wußte, daß die Erde eine Kugel ſey. Nunmehr, da man dieſes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/293
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/293>, abgerufen am 21.12.2024.