werden die Sätze einander mehr oder minder entge- gengesetzt. Jn Ansehung der Allgemeinheit haben wir drey Fälle:
1. Alle A sind B.
2. Nur etliche A sind B.
3. Kein A ist B.
Von diesen dreyen Sätzen ist allemal nothwendig nur einer wahr. Und besonders, wenn der zweyte wahr ist, daß nämlich nur etlicheA, Bsind, so ist es auch wahr, daß etlicheAnichtBsind. Denn nur etliche will sagen, weder alle noch keiner. Demnach sind einige A, B, andre A nicht. Man sieht zugleich hieraus, daß einer dieser Sätze statt habe, welche Begriffe auch immer für A und B mö- gen angenommen werden. Und da der zweyte: Nur etlicheAsindB, auch den Satz: Nur etlicheA sind nichtB mit begreift; so folgt, daß die oben bestimmten 4 Arten von Sätzen (§. 123.) nicht nur den Umfang der einfachen Sätze erschöpfen, sondern daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von denselben nothwendig vorkommen und wahr seyn müsse. Demnach ist die Anzahl wahrer Sätze mit der Anzahl der Combination unsrer Begriffe zu zwey und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der ganz oder zum Theil falschen doppelt größer.
§. 144.
Jn Ansehung des Bejahens und Verneinens ha- ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Prä- dicat angeht, und dieses durch das Verneinen in einen Terminum infinitum (§. 89.) verwandelt wird. Da nun folglich B und nichtB unmöglich in einem und eben dem Subjecte beysammen seyn können, so sind
1. Die Sätze: AlleAsindB und alle Asind nichtB, einander schlechthin widerspre-
chend,
von den Urtheilen und Fragen.
werden die Saͤtze einander mehr oder minder entge- gengeſetzt. Jn Anſehung der Allgemeinheit haben wir drey Faͤlle:
1. Alle A ſind B.
2. Nur etliche A ſind B.
3. Kein A iſt B.
Von dieſen dreyen Saͤtzen iſt allemal nothwendig nur einer wahr. Und beſonders, wenn der zweyte wahr iſt, daß naͤmlich nur etlicheA, Bſind, ſo iſt es auch wahr, daß etlicheAnichtBſind. Denn nur etliche will ſagen, weder alle noch keiner. Demnach ſind einige A, B, andre A nicht. Man ſieht zugleich hieraus, daß einer dieſer Saͤtze ſtatt habe, welche Begriffe auch immer fuͤr A und B moͤ- gen angenommen werden. Und da der zweyte: Nur etlicheAſindB, auch den Satz: Nur etlicheA ſind nichtB mit begreift; ſo folgt, daß die oben beſtimmten 4 Arten von Saͤtzen (§. 123.) nicht nur den Umfang der einfachen Saͤtze erſchoͤpfen, ſondern daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von denſelben nothwendig vorkommen und wahr ſeyn muͤſſe. Demnach iſt die Anzahl wahrer Saͤtze mit der Anzahl der Combination unſrer Begriffe zu zwey und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der ganz oder zum Theil falſchen doppelt groͤßer.
§. 144.
Jn Anſehung des Bejahens und Verneinens ha- ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Praͤ- dicat angeht, und dieſes durch das Verneinen in einen Terminum infinitum (§. 89.) verwandelt wird. Da nun folglich B und nichtB unmoͤglich in einem und eben dem Subjecte beyſammen ſeyn koͤnnen, ſo ſind
1. Die Saͤtze: AlleAſindB und alle Aſind nichtB, einander ſchlechthin widerſpre-
chend,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0115"n="93"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den Urtheilen und Fragen.</hi></fw><lb/>
werden die Saͤtze einander mehr oder minder <hirendition="#fr">entge-<lb/>
gengeſetzt.</hi> Jn Anſehung der Allgemeinheit haben<lb/>
wir drey Faͤlle:</p><lb/><list><item>1. Alle <hirendition="#aq">A</hi>ſind <hirendition="#aq">B.</hi></item><lb/><item>2. Nur etliche <hirendition="#aq">A</hi>ſind <hirendition="#aq">B.</hi></item><lb/><item>3. Kein <hirendition="#aq">A</hi> iſt <hirendition="#aq">B.</hi></item></list><lb/><p>Von dieſen dreyen Saͤtzen iſt allemal nothwendig nur<lb/>
einer wahr. Und beſonders, wenn der zweyte<lb/>
wahr iſt, daß naͤmlich <hirendition="#fr">nur etliche</hi><hirendition="#aq">A, B</hi><hirendition="#fr">ſind,</hi>ſo iſt<lb/>
es auch wahr, daß <hirendition="#fr">etliche</hi><hirendition="#aq">A</hi><hirendition="#fr">nicht</hi><hirendition="#aq">B</hi><hirendition="#fr">ſind.</hi> Denn<lb/><hirendition="#fr">nur etliche</hi> will ſagen, <hirendition="#fr">weder alle noch keiner.</hi><lb/>
Demnach ſind einige <hirendition="#aq">A, B,</hi> andre <hirendition="#aq">A</hi> nicht. Man<lb/>ſieht zugleich hieraus, daß einer dieſer Saͤtze ſtatt<lb/>
habe, welche Begriffe auch immer fuͤr <hirendition="#aq">A</hi> und <hirendition="#aq">B</hi> moͤ-<lb/>
gen angenommen werden. Und da der zweyte: <hirendition="#fr">Nur<lb/>
etliche</hi><hirendition="#aq">A</hi><hirendition="#fr">ſind</hi><hirendition="#aq">B,</hi> auch den Satz: <hirendition="#fr">Nur etliche</hi><hirendition="#aq">A</hi><lb/><hirendition="#fr">ſind nicht</hi><hirendition="#aq">B</hi> mit begreift; ſo folgt, daß die oben<lb/>
beſtimmten 4 Arten von Saͤtzen (§. 123.) nicht nur<lb/>
den Umfang der einfachen Saͤtze erſchoͤpfen, ſondern<lb/>
daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von<lb/>
denſelben nothwendig vorkommen und wahr ſeyn<lb/>
muͤſſe. Demnach iſt die Anzahl wahrer Saͤtze mit<lb/>
der Anzahl der Combination unſrer Begriffe zu zwey<lb/>
und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der<lb/>
ganz oder zum Theil falſchen doppelt groͤßer.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 144.</head><lb/><p>Jn Anſehung des Bejahens und Verneinens ha-<lb/>
ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Praͤ-<lb/>
dicat angeht, und dieſes durch das Verneinen in einen<lb/><hirendition="#aq">Terminum infinitum</hi> (§. 89.) verwandelt wird. Da<lb/>
nun folglich <hirendition="#aq">B</hi> und <hirendition="#fr">nicht</hi><hirendition="#aq">B</hi> unmoͤglich in einem und<lb/>
eben dem Subjecte beyſammen ſeyn koͤnnen, ſo ſind</p><lb/><list><item>1. Die Saͤtze: <hirendition="#fr">Alle</hi><hirendition="#aq">A</hi><hirendition="#fr">ſind</hi><hirendition="#aq">B</hi> und alle <hirendition="#aq">A</hi><hirendition="#fr">ſind<lb/>
nicht</hi><hirendition="#aq">B,</hi> einander ſchlechthin widerſpre-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">chend,</fw><lb/></item></list></div></div></div></body></text></TEI>
[93/0115]
von den Urtheilen und Fragen.
werden die Saͤtze einander mehr oder minder entge-
gengeſetzt. Jn Anſehung der Allgemeinheit haben
wir drey Faͤlle:
1. Alle A ſind B.
2. Nur etliche A ſind B.
3. Kein A iſt B.
Von dieſen dreyen Saͤtzen iſt allemal nothwendig nur
einer wahr. Und beſonders, wenn der zweyte
wahr iſt, daß naͤmlich nur etliche A, B ſind, ſo iſt
es auch wahr, daß etliche A nicht B ſind. Denn
nur etliche will ſagen, weder alle noch keiner.
Demnach ſind einige A, B, andre A nicht. Man
ſieht zugleich hieraus, daß einer dieſer Saͤtze ſtatt
habe, welche Begriffe auch immer fuͤr A und B moͤ-
gen angenommen werden. Und da der zweyte: Nur
etliche A ſind B, auch den Satz: Nur etliche A
ſind nicht B mit begreift; ſo folgt, daß die oben
beſtimmten 4 Arten von Saͤtzen (§. 123.) nicht nur
den Umfang der einfachen Saͤtze erſchoͤpfen, ſondern
daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von
denſelben nothwendig vorkommen und wahr ſeyn
muͤſſe. Demnach iſt die Anzahl wahrer Saͤtze mit
der Anzahl der Combination unſrer Begriffe zu zwey
und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der
ganz oder zum Theil falſchen doppelt groͤßer.
§. 144.
Jn Anſehung des Bejahens und Verneinens ha-
ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Praͤ-
dicat angeht, und dieſes durch das Verneinen in einen
Terminum infinitum (§. 89.) verwandelt wird. Da
nun folglich B und nicht B unmoͤglich in einem und
eben dem Subjecte beyſammen ſeyn koͤnnen, ſo ſind
1. Die Saͤtze: Alle A ſind B und alle A ſind
nicht B, einander ſchlechthin widerſpre-
chend,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/115>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.