Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Hauptstück,
3. Da ferner nicht alle B, A sind, so läßt sich
auch sagen: etliche B sind nicht A. Folg-
lich da auch dieser Satz wahr ist, so ist der
Begriff eines particular verneinenden Satzes
ein wahrer und richtiger Begriff.
4. Endlich da B ausser A noch andre Arten un-
ter sich hat, welche von der Art A verschie-
den und derselben entgegen gesetzt sind, so sey
eine dieser Arten C. Nun haben B und C
kein gleiches, sondern lauter verschiedene
Indiuidua unter sich; folglich kann man sa-
gen: Kein B ist C, und hinwiederum:
Kein C ist B. Demnach ist auch der Be-
griff eines allgemein verneinenden Satzes
ein wahrer und richtiger Begriff.
§. 124

Aus diesen Beweisen erhellet nur die Richtigkeit
der Begriffe der vorhin durch Combination heraus-
gebrachten vier Arten von Sätzen. Wir haben noch
ihren Umfang zu bestimmen. Jn den allgemein be-
jahenden Sätzen, alle A sind B, stellt B immer eine
Gattung oder Klasse von Dingen vor, und der Satz
zeigt an, daß alle A, oder alle Dinge, die A sind, un-
ter diese Klasse oder Gattung gehören. Nun aber
können, überhaupt betrachtet, noch mehrere Dinge
unter diese Gattung oder Klasse gehören. Daher
läßt sich B nicht von A allein bejahen, es sey denn, daß
man beweisen könne, A allein sey B. Jn diesen Fäl-
len bekömmt der Satz den Namen eines identischen
Satzes,
und B ist ein eigenes Merkmaal von A, und
A und B heissen Wechselbegriffe. Man kann da-
her auch sagen, alle B sind A, weil in diesem Fall
A und B von gleicher Ausdehnung sind. Da aber
ein solcher Beweis nicht aus der allgemeinen Form

des
III. Hauptſtuͤck,
3. Da ferner nicht alle B, A ſind, ſo laͤßt ſich
auch ſagen: etliche B ſind nicht A. Folg-
lich da auch dieſer Satz wahr iſt, ſo iſt der
Begriff eines particular verneinenden Satzes
ein wahrer und richtiger Begriff.
4. Endlich da B auſſer A noch andre Arten un-
ter ſich hat, welche von der Art A verſchie-
den und derſelben entgegen geſetzt ſind, ſo ſey
eine dieſer Arten C. Nun haben B und C
kein gleiches, ſondern lauter verſchiedene
Indiuidua unter ſich; folglich kann man ſa-
gen: Kein B iſt C, und hinwiederum:
Kein C iſt B. Demnach iſt auch der Be-
griff eines allgemein verneinenden Satzes
ein wahrer und richtiger Begriff.
§. 124

Aus dieſen Beweiſen erhellet nur die Richtigkeit
der Begriffe der vorhin durch Combination heraus-
gebrachten vier Arten von Saͤtzen. Wir haben noch
ihren Umfang zu beſtimmen. Jn den allgemein be-
jahenden Saͤtzen, alle A ſind B, ſtellt B immer eine
Gattung oder Klaſſe von Dingen vor, und der Satz
zeigt an, daß alle A, oder alle Dinge, die A ſind, un-
ter dieſe Klaſſe oder Gattung gehoͤren. Nun aber
koͤnnen, uͤberhaupt betrachtet, noch mehrere Dinge
unter dieſe Gattung oder Klaſſe gehoͤren. Daher
laͤßt ſich B nicht von A allein bejahen, es ſey denn, daß
man beweiſen koͤnne, A allein ſey B. Jn dieſen Faͤl-
len bekoͤmmt der Satz den Namen eines identiſchen
Satzes,
und B iſt ein eigenes Merkmaal von A, und
A und B heiſſen Wechſelbegriffe. Man kann da-
her auch ſagen, alle B ſind A, weil in dieſem Fall
A und B von gleicher Ausdehnung ſind. Da aber
ein ſolcher Beweis nicht aus der allgemeinen Form

des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0102" n="80"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck,</hi> </fw><lb/>
            <list>
              <item>3. Da ferner nicht alle <hi rendition="#aq">B, A</hi> &#x017F;ind, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
auch &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">etliche</hi> <hi rendition="#aq">B</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind nicht</hi> <hi rendition="#aq">A.</hi> Folg-<lb/>
lich da auch die&#x017F;er Satz wahr i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t der<lb/>
Begriff eines particular verneinenden Satzes<lb/>
ein wahrer und richtiger Begriff.</item><lb/>
              <item>4. Endlich da <hi rendition="#aq">B</hi> au&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">A</hi> noch andre Arten un-<lb/>
ter &#x017F;ich hat, welche von der Art <hi rendition="#aq">A</hi> ver&#x017F;chie-<lb/>
den und der&#x017F;elben entgegen ge&#x017F;etzt &#x017F;ind, &#x017F;o &#x017F;ey<lb/>
eine die&#x017F;er Arten <hi rendition="#aq">C.</hi> Nun haben <hi rendition="#aq">B</hi> und <hi rendition="#aq">C</hi><lb/>
kein gleiches, &#x017F;ondern lauter ver&#x017F;chiedene<lb/><hi rendition="#aq">Indiuidua</hi> unter &#x017F;ich; folglich kann man &#x017F;a-<lb/>
gen: <hi rendition="#fr">Kein</hi> <hi rendition="#aq">B</hi> <hi rendition="#fr">i&#x017F;t</hi> <hi rendition="#aq">C,</hi> und hinwiederum:<lb/><hi rendition="#fr">Kein</hi> <hi rendition="#aq">C</hi> <hi rendition="#fr">i&#x017F;t</hi> <hi rendition="#aq">B.</hi> Demnach i&#x017F;t auch der Be-<lb/>
griff eines allgemein verneinenden Satzes<lb/>
ein wahrer und richtiger Begriff.</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 124</head><lb/>
            <p>Aus die&#x017F;en Bewei&#x017F;en erhellet nur die Richtigkeit<lb/>
der Begriffe der vorhin durch Combination heraus-<lb/>
gebrachten vier Arten von Sa&#x0364;tzen. Wir haben noch<lb/>
ihren Umfang zu be&#x017F;timmen. Jn den allgemein be-<lb/>
jahenden Sa&#x0364;tzen, <hi rendition="#fr">alle</hi> <hi rendition="#aq">A</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind</hi> <hi rendition="#aq">B,</hi> &#x017F;tellt <hi rendition="#aq">B</hi> immer eine<lb/>
Gattung oder Kla&#x017F;&#x017F;e von Dingen vor, und der Satz<lb/>
zeigt an, daß alle <hi rendition="#aq">A,</hi> oder alle Dinge, die <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ind, un-<lb/>
ter die&#x017F;e Kla&#x017F;&#x017F;e oder Gattung geho&#x0364;ren. Nun aber<lb/>
ko&#x0364;nnen, u&#x0364;berhaupt betrachtet, noch mehrere Dinge<lb/>
unter die&#x017F;e Gattung oder Kla&#x017F;&#x017F;e geho&#x0364;ren. Daher<lb/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ich <hi rendition="#aq">B</hi> nicht von <hi rendition="#aq">A</hi> allein bejahen, es &#x017F;ey denn, daß<lb/>
man bewei&#x017F;en ko&#x0364;nne, <hi rendition="#aq">A</hi> <hi rendition="#fr">allein &#x017F;ey</hi> <hi rendition="#aq">B.</hi> Jn die&#x017F;en Fa&#x0364;l-<lb/>
len beko&#x0364;mmt der Satz den Namen eines <hi rendition="#fr">identi&#x017F;chen<lb/>
Satzes,</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi> i&#x017F;t ein eigenes Merkmaal von <hi rendition="#aq">A,</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi> hei&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Wech&#x017F;elbegriffe.</hi> Man kann da-<lb/>
her auch &#x017F;agen, <hi rendition="#fr">alle</hi> <hi rendition="#aq">B</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind</hi> <hi rendition="#aq">A,</hi> weil in die&#x017F;em Fall<lb/><hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi> von gleicher <hi rendition="#fr">Ausdehnung</hi> &#x017F;ind. Da aber<lb/>
ein &#x017F;olcher Beweis nicht aus der allgemeinen Form<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">des</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0102] III. Hauptſtuͤck, 3. Da ferner nicht alle B, A ſind, ſo laͤßt ſich auch ſagen: etliche B ſind nicht A. Folg- lich da auch dieſer Satz wahr iſt, ſo iſt der Begriff eines particular verneinenden Satzes ein wahrer und richtiger Begriff. 4. Endlich da B auſſer A noch andre Arten un- ter ſich hat, welche von der Art A verſchie- den und derſelben entgegen geſetzt ſind, ſo ſey eine dieſer Arten C. Nun haben B und C kein gleiches, ſondern lauter verſchiedene Indiuidua unter ſich; folglich kann man ſa- gen: Kein B iſt C, und hinwiederum: Kein C iſt B. Demnach iſt auch der Be- griff eines allgemein verneinenden Satzes ein wahrer und richtiger Begriff. §. 124 Aus dieſen Beweiſen erhellet nur die Richtigkeit der Begriffe der vorhin durch Combination heraus- gebrachten vier Arten von Saͤtzen. Wir haben noch ihren Umfang zu beſtimmen. Jn den allgemein be- jahenden Saͤtzen, alle A ſind B, ſtellt B immer eine Gattung oder Klaſſe von Dingen vor, und der Satz zeigt an, daß alle A, oder alle Dinge, die A ſind, un- ter dieſe Klaſſe oder Gattung gehoͤren. Nun aber koͤnnen, uͤberhaupt betrachtet, noch mehrere Dinge unter dieſe Gattung oder Klaſſe gehoͤren. Daher laͤßt ſich B nicht von A allein bejahen, es ſey denn, daß man beweiſen koͤnne, A allein ſey B. Jn dieſen Faͤl- len bekoͤmmt der Satz den Namen eines identiſchen Satzes, und B iſt ein eigenes Merkmaal von A, und A und B heiſſen Wechſelbegriffe. Man kann da- her auch ſagen, alle B ſind A, weil in dieſem Fall A und B von gleicher Ausdehnung ſind. Da aber ein ſolcher Beweis nicht aus der allgemeinen Form des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/102
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/102>, abgerufen am 21.12.2024.