Es war mir ein ausnehmendes Vergnügen, aus Ihrem geschätztesten Schreiben zu sehen, wie Sie, mein Herr, alles anwenden, um neuen Stoff zu unsern astronomischen Betrachtungen zu sammeln, und dieselben nicht nur in allen Absichten gewisser, sondern auch in jeden einzeln Theilen be- stimmter zu machen. Ich gestehe Ihnen gerne, daß ich mich am Ende meiner Einfälle zu seyn glaubte, und es bald auf künftige Umstände verschoben hätte, weiter zu gehen. So wenig können wir unsern Gedanken gebieten, wenn wir Glieder zu einer langen und zusam- menhängenden Reihe von Schlüssen finden sollen. Bald verlieren wir die zu neuen Sätzen fruchtbare Seite der Sache aus dem Gesichte, bald bemerken wir nicht gleich, was uns daran dienlich seyn kann, und bald fehlen uns die Vordersätze, die wir damit verbinden sollten, um neue Schlüsse heraus zu brin- [g]en. Das meiste hierinn hängt von Zeit und Umstän- den ab, und läßt uns warten, bis sich die Auflösung der Fragen etwan von selbsten darbeut. So gelegent- lich geht es mit unsern Untersuchungen, und so aufge- legt müssen wir seyn, die dienlichen Gelegenheiten und Anlässe gleich zu erkennen, und anzuwenden.
Wie sehr wünschte ich, die Nachricht über die nun ausser Zweifel gesetzte Verrückung der Fixsterne so glücklich gebrauchen zu können, die Sie mir mitge-
theilt
O 3
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
Sechzehnter Brief.
Es war mir ein ausnehmendes Vergnuͤgen, aus Ihrem geſchaͤtzteſten Schreiben zu ſehen, wie Sie, mein Herr, alles anwenden, um neuen Stoff zu unſern aſtronomiſchen Betrachtungen zu ſammeln, und dieſelben nicht nur in allen Abſichten gewiſſer, ſondern auch in jeden einzeln Theilen be- ſtimmter zu machen. Ich geſtehe Ihnen gerne, daß ich mich am Ende meiner Einfaͤlle zu ſeyn glaubte, und es bald auf kuͤnftige Umſtaͤnde verſchoben haͤtte, weiter zu gehen. So wenig koͤnnen wir unſern Gedanken gebieten, wenn wir Glieder zu einer langen und zuſam- menhaͤngenden Reihe von Schluͤſſen finden ſollen. Bald verlieren wir die zu neuen Saͤtzen fruchtbare Seite der Sache aus dem Geſichte, bald bemerken wir nicht gleich, was uns daran dienlich ſeyn kann, und bald fehlen uns die Vorderſaͤtze, die wir damit verbinden ſollten, um neue Schluͤſſe heraus zu brin- [g]en. Das meiſte hierinn haͤngt von Zeit und Umſtaͤn- den ab, und laͤßt uns warten, bis ſich die Aufloͤſung der Fragen etwan von ſelbſten darbeut. So gelegent- lich geht es mit unſern Unterſuchungen, und ſo aufge- legt muͤſſen wir ſeyn, die dienlichen Gelegenheiten und Anlaͤſſe gleich zu erkennen, und anzuwenden.
Wie ſehr wuͤnſchte ich, die Nachricht uͤber die nun auſſer Zweifel geſetzte Verruͤckung der Fixſterne ſo gluͤcklich gebrauchen zu koͤnnen, die Sie mir mitge-
theilt
O 3
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0246"n="213"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">uͤber die Einrichtung des Weltbaues.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Sechzehnter Brief.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s war mir ein ausnehmendes Vergnuͤgen, aus<lb/><hirendition="#et">Ihrem geſchaͤtzteſten Schreiben zu ſehen, wie<lb/>
Sie, mein Herr, alles anwenden, um neuen</hi><lb/>
Stoff zu unſern aſtronomiſchen Betrachtungen zu<lb/>ſammeln, und dieſelben nicht nur in allen Abſichten<lb/>
gewiſſer, ſondern auch in jeden einzeln Theilen be-<lb/>ſtimmter zu machen. Ich geſtehe Ihnen gerne, daß<lb/>
ich mich am Ende meiner Einfaͤlle zu ſeyn glaubte,<lb/>
und es bald auf kuͤnftige Umſtaͤnde verſchoben haͤtte,<lb/>
weiter zu gehen. So wenig koͤnnen wir unſern Gedanken<lb/>
gebieten, wenn wir Glieder zu einer langen und zuſam-<lb/>
menhaͤngenden Reihe von Schluͤſſen finden ſollen.<lb/>
Bald verlieren wir die zu neuen Saͤtzen fruchtbare<lb/>
Seite der Sache aus dem Geſichte, bald bemerken<lb/>
wir nicht gleich, was uns daran dienlich ſeyn kann,<lb/>
und bald fehlen uns die Vorderſaͤtze, die wir damit<lb/>
verbinden ſollten, um neue Schluͤſſe heraus zu brin-<lb/><supplied>g</supplied>en. Das meiſte hierinn haͤngt von Zeit und Umſtaͤn-<lb/>
den ab, und laͤßt uns warten, bis ſich die Aufloͤſung<lb/>
der Fragen etwan von ſelbſten darbeut. So gelegent-<lb/>
lich geht es mit unſern Unterſuchungen, und ſo aufge-<lb/>
legt muͤſſen wir ſeyn, die dienlichen Gelegenheiten und<lb/>
Anlaͤſſe gleich zu erkennen, und anzuwenden.</p><lb/><p>Wie ſehr wuͤnſchte ich, die Nachricht uͤber die<lb/>
nun auſſer Zweifel geſetzte Verruͤckung der Fixſterne<lb/>ſo gluͤcklich gebrauchen zu koͤnnen, die Sie mir mitge-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">theilt</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[213/0246]
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
Sechzehnter Brief.
Es war mir ein ausnehmendes Vergnuͤgen, aus
Ihrem geſchaͤtzteſten Schreiben zu ſehen, wie
Sie, mein Herr, alles anwenden, um neuen
Stoff zu unſern aſtronomiſchen Betrachtungen zu
ſammeln, und dieſelben nicht nur in allen Abſichten
gewiſſer, ſondern auch in jeden einzeln Theilen be-
ſtimmter zu machen. Ich geſtehe Ihnen gerne, daß
ich mich am Ende meiner Einfaͤlle zu ſeyn glaubte,
und es bald auf kuͤnftige Umſtaͤnde verſchoben haͤtte,
weiter zu gehen. So wenig koͤnnen wir unſern Gedanken
gebieten, wenn wir Glieder zu einer langen und zuſam-
menhaͤngenden Reihe von Schluͤſſen finden ſollen.
Bald verlieren wir die zu neuen Saͤtzen fruchtbare
Seite der Sache aus dem Geſichte, bald bemerken
wir nicht gleich, was uns daran dienlich ſeyn kann,
und bald fehlen uns die Vorderſaͤtze, die wir damit
verbinden ſollten, um neue Schluͤſſe heraus zu brin-
gen. Das meiſte hierinn haͤngt von Zeit und Umſtaͤn-
den ab, und laͤßt uns warten, bis ſich die Aufloͤſung
der Fragen etwan von ſelbſten darbeut. So gelegent-
lich geht es mit unſern Unterſuchungen, und ſo aufge-
legt muͤſſen wir ſeyn, die dienlichen Gelegenheiten und
Anlaͤſſe gleich zu erkennen, und anzuwenden.
Wie ſehr wuͤnſchte ich, die Nachricht uͤber die
nun auſſer Zweifel geſetzte Verruͤckung der Fixſterne
ſo gluͤcklich gebrauchen zu koͤnnen, die Sie mir mitge-
theilt
O 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/246>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.