Wie angenehm würde es mir seyn, wenn ich Ih- nen, mein Herr, Anlaß geben könnte, Ihre Betrachtungen über den Grundriß der Welt zu aller Vollständigkeit zu bringen. Ich hoffe, Sie werden aus allen meinen Schreiben sehen, daß diese Sache mich immer mehr aufmerksam macht, und zu einem ernstlichen Nachdenken verleitet. Ich empfinde alles Vergnügen bey der Betrachtung des gestirnten Himmels, welches Sie mir so lebhaft schildern, und wünschte nun, daß ich früher angefangen hätte, diese prächtige Schaubühne mit astronomischen Augen anzu- sehen. Allein desto eifriger werde ich diese Versäum- nis einholen, und mich wenigstens in Stand zu setzen suchen, Ihnen geschickte Fragen vorzulegen. Denn diese Fragen beunruhigen mich nun nicht mehr, weil ich wohl einsehe, daß sie nicht so fürchterlich sind, als die, so man über die Wirkungen der Cometen, mehr für die lange Weile, als aus erträglichen Gründen ge- macht hatte.
Sie haben mich, mein Herr, durch die Beschrei- bung, wie Sie zu Ihrem Lehrgebäude gekommen, sehr verpflichtet. So sehr Sie Ihre ersten Einfälle hier- über als ein Cahos ansehen wollen, so muß ich Ihnen doch sagen, daß sie sehr natürlich waren, und ich finde nichts darinn, welches von Ihren übrigen glücklichen Einfällen unterschieden wäre. Ich weiß, daß Sie
doch
Coſmologiſche Briefe
Dreyzehnter Brief.
Wie angenehm wuͤrde es mir ſeyn, wenn ich Ih- nen, mein Herr, Anlaß geben koͤnnte, Ihre Betrachtungen uͤber den Grundriß der Welt zu aller Vollſtaͤndigkeit zu bringen. Ich hoffe, Sie werden aus allen meinen Schreiben ſehen, daß dieſe Sache mich immer mehr aufmerkſam macht, und zu einem ernſtlichen Nachdenken verleitet. Ich empfinde alles Vergnuͤgen bey der Betrachtung des geſtirnten Himmels, welches Sie mir ſo lebhaft ſchildern, und wuͤnſchte nun, daß ich fruͤher angefangen haͤtte, dieſe praͤchtige Schaubuͤhne mit aſtronomiſchen Augen anzu- ſehen. Allein deſto eifriger werde ich dieſe Verſaͤum- nis einholen, und mich wenigſtens in Stand zu ſetzen ſuchen, Ihnen geſchickte Fragen vorzulegen. Denn dieſe Fragen beunruhigen mich nun nicht mehr, weil ich wohl einſehe, daß ſie nicht ſo fuͤrchterlich ſind, als die, ſo man uͤber die Wirkungen der Cometen, mehr fuͤr die lange Weile, als aus ertraͤglichen Gruͤnden ge- macht hatte.
Sie haben mich, mein Herr, durch die Beſchrei- bung, wie Sie zu Ihrem Lehrgebaͤude gekommen, ſehr verpflichtet. So ſehr Sie Ihre erſten Einfaͤlle hier- uͤber als ein Cahos anſehen wollen, ſo muß ich Ihnen doch ſagen, daß ſie ſehr natuͤrlich waren, und ich finde nichts darinn, welches von Ihren uͤbrigen gluͤcklichen Einfaͤllen unterſchieden waͤre. Ich weiß, daß Sie
doch
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Coſmologiſche Briefe
Dreyzehnter Brief.
Wie angenehm wuͤrde es mir ſeyn, wenn ich Ih-
nen, mein Herr, Anlaß geben koͤnnte, Ihre
Betrachtungen uͤber den Grundriß der Welt
zu aller Vollſtaͤndigkeit zu bringen. Ich hoffe, Sie
werden aus allen meinen Schreiben ſehen, daß dieſe
Sache mich immer mehr aufmerkſam macht, und zu
einem ernſtlichen Nachdenken verleitet. Ich empfinde
alles Vergnuͤgen bey der Betrachtung des geſtirnten
Himmels, welches Sie mir ſo lebhaft ſchildern, und
wuͤnſchte nun, daß ich fruͤher angefangen haͤtte, dieſe
praͤchtige Schaubuͤhne mit aſtronomiſchen Augen anzu-
ſehen. Allein deſto eifriger werde ich dieſe Verſaͤum-
nis einholen, und mich wenigſtens in Stand zu ſetzen
ſuchen, Ihnen geſchickte Fragen vorzulegen. Denn
dieſe Fragen beunruhigen mich nun nicht mehr, weil ich
wohl einſehe, daß ſie nicht ſo fuͤrchterlich ſind, als die,
ſo man uͤber die Wirkungen der Cometen, mehr fuͤr
die lange Weile, als aus ertraͤglichen Gruͤnden ge-
macht hatte.
Sie haben mich, mein Herr, durch die Beſchrei-
bung, wie Sie zu Ihrem Lehrgebaͤude gekommen, ſehr
verpflichtet. So ſehr Sie Ihre erſten Einfaͤlle hier-
uͤber als ein Cahos anſehen wollen, ſo muß ich Ihnen
doch ſagen, daß ſie ſehr natuͤrlich waren, und ich finde
nichts darinn, welches von Ihren uͤbrigen gluͤcklichen
Einfaͤllen unterſchieden waͤre. Ich weiß, daß Sie
doch
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/197>, abgerufen am 03.12.2024.
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