Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Zusammenhang.
Nothwendigkeit eines durch sich existirenden denken-
den Wesens gesaget haben: so wird man finden, daß
ein Wesen existire, ohne welches logische und meta-
physische Wahrheit schlechthin nichts wäre.

§. 474.

Wir merken nun ferner an, daß die Art, wie wir
vorhin (§. 468.) herausgebracht haben, daß in einem
Ganzen sich ein Theil auf den andern gründen
müsse,
zugleich anzeiget, wie es sich darauf gründe,
weil nämlich eines das andere erfordert, voraussetzet,
oder nach sich zieht, und weil dieses nothwendig ist,
so bald die Sache ein Ganzes seyn, und mit der Mög-
lichkeit zu existiren die Möglichkeit zu dauern und im
Beharrungsstande zu seyn, haben soll. Nun hat das,
was das übrige erfordert und nach sich zieht, oder
die wesentliche Stücke, den Grund von dem übrigen
in sich, und dieses setzet jenes voraus. Demnach
haben wir hier in Absicht auf die Priorität der Grün-
de allemal einen Anfang, und die Art, wie alles,
was dabey willkührlich scheinen kann, wegfalle, ha-
ben wir in dem §. 229. gewiesen.

§. 475.

Es ist ferner der Satz des zureichenden Grundes,
auch wenn er uneingeschränkt wäre, von keinem gro-
ßen und sichern Gebrauche, zumal wenn man aus
dem Mangel des Grundes auf das Nicht - seyn
oder Unmöglich - seyn der Sache schließen will, weil
man dabey gar leicht verleitet wird, das Nicht -
finden
mit dem Nicht - daseyn des Grundes zu
verwechseln. Wo aber wirklich kein Grund ist, da
fällt allerdings das Gegründete, als ein correlatum,

weg.

Der Zuſammenhang.
Nothwendigkeit eines durch ſich exiſtirenden denken-
den Weſens geſaget haben: ſo wird man finden, daß
ein Weſen exiſtire, ohne welches logiſche und meta-
phyſiſche Wahrheit ſchlechthin nichts waͤre.

§. 474.

Wir merken nun ferner an, daß die Art, wie wir
vorhin (§. 468.) herausgebracht haben, daß in einem
Ganzen ſich ein Theil auf den andern gruͤnden
muͤſſe,
zugleich anzeiget, wie es ſich darauf gruͤnde,
weil naͤmlich eines das andere erfordert, vorausſetzet,
oder nach ſich zieht, und weil dieſes nothwendig iſt,
ſo bald die Sache ein Ganzes ſeyn, und mit der Moͤg-
lichkeit zu exiſtiren die Moͤglichkeit zu dauern und im
Beharrungsſtande zu ſeyn, haben ſoll. Nun hat das,
was das uͤbrige erfordert und nach ſich zieht, oder
die weſentliche Stuͤcke, den Grund von dem uͤbrigen
in ſich, und dieſes ſetzet jenes voraus. Demnach
haben wir hier in Abſicht auf die Prioritaͤt der Gruͤn-
de allemal einen Anfang, und die Art, wie alles,
was dabey willkuͤhrlich ſcheinen kann, wegfalle, ha-
ben wir in dem §. 229. gewieſen.

§. 475.

Es iſt ferner der Satz des zureichenden Grundes,
auch wenn er uneingeſchraͤnkt waͤre, von keinem gro-
ßen und ſichern Gebrauche, zumal wenn man aus
dem Mangel des Grundes auf das Nicht - ſeyn
oder Unmoͤglich - ſeyn der Sache ſchließen will, weil
man dabey gar leicht verleitet wird, das Nicht -
finden
mit dem Nicht - daſeyn des Grundes zu
verwechſeln. Wo aber wirklich kein Grund iſt, da
faͤllt allerdings das Gegruͤndete, als ein correlatum,

weg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0099" n="91"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Zu&#x017F;ammenhang.</hi></fw><lb/>
Nothwendigkeit eines durch &#x017F;ich exi&#x017F;tirenden denken-<lb/>
den We&#x017F;ens ge&#x017F;aget haben: &#x017F;o wird man finden, daß<lb/>
ein We&#x017F;en exi&#x017F;tire, ohne welches logi&#x017F;che und meta-<lb/>
phy&#x017F;i&#x017F;che Wahrheit &#x017F;chlechthin nichts wa&#x0364;re.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 474.</head><lb/>
            <p>Wir merken nun ferner an, daß die Art, wie wir<lb/>
vorhin (§. 468.) herausgebracht haben, <hi rendition="#fr">daß in einem<lb/>
Ganzen &#x017F;ich ein Theil auf den andern gru&#x0364;nden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,</hi> zugleich anzeiget, wie es &#x017F;ich darauf gru&#x0364;nde,<lb/>
weil na&#x0364;mlich eines das andere erfordert, voraus&#x017F;etzet,<lb/>
oder nach &#x017F;ich zieht, und weil die&#x017F;es nothwendig i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o bald die Sache ein Ganzes &#x017F;eyn, und mit der Mo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit zu exi&#x017F;tiren die Mo&#x0364;glichkeit zu dauern und im<lb/>
Beharrungs&#x017F;tande zu &#x017F;eyn, haben &#x017F;oll. Nun hat das,<lb/>
was das u&#x0364;brige erfordert und nach &#x017F;ich zieht, oder<lb/>
die we&#x017F;entliche Stu&#x0364;cke, den Grund von dem u&#x0364;brigen<lb/>
in &#x017F;ich, und die&#x017F;es &#x017F;etzet jenes voraus. Demnach<lb/>
haben wir hier in Ab&#x017F;icht auf die Priorita&#x0364;t der Gru&#x0364;n-<lb/>
de allemal einen Anfang, und die Art, wie alles,<lb/>
was dabey willku&#x0364;hrlich &#x017F;cheinen kann, wegfalle, ha-<lb/>
ben wir in dem §. 229. gewie&#x017F;en.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 475.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t ferner der Satz des zureichenden Grundes,<lb/>
auch wenn er uneinge&#x017F;chra&#x0364;nkt wa&#x0364;re, von keinem gro-<lb/>
ßen und &#x017F;ichern Gebrauche, zumal wenn man aus<lb/>
dem Mangel des Grundes auf das Nicht - &#x017F;eyn<lb/>
oder Unmo&#x0364;glich - &#x017F;eyn der Sache &#x017F;chließen will, weil<lb/>
man dabey gar leicht verleitet wird, das <hi rendition="#fr">Nicht -<lb/>
finden</hi> mit dem <hi rendition="#fr">Nicht - da&#x017F;eyn</hi> des Grundes zu<lb/>
verwech&#x017F;eln. Wo aber wirklich kein Grund i&#x017F;t, da<lb/>
fa&#x0364;llt allerdings das Gegru&#x0364;ndete, als ein <hi rendition="#aq">correlatum,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weg.</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0099] Der Zuſammenhang. Nothwendigkeit eines durch ſich exiſtirenden denken- den Weſens geſaget haben: ſo wird man finden, daß ein Weſen exiſtire, ohne welches logiſche und meta- phyſiſche Wahrheit ſchlechthin nichts waͤre. §. 474. Wir merken nun ferner an, daß die Art, wie wir vorhin (§. 468.) herausgebracht haben, daß in einem Ganzen ſich ein Theil auf den andern gruͤnden muͤſſe, zugleich anzeiget, wie es ſich darauf gruͤnde, weil naͤmlich eines das andere erfordert, vorausſetzet, oder nach ſich zieht, und weil dieſes nothwendig iſt, ſo bald die Sache ein Ganzes ſeyn, und mit der Moͤg- lichkeit zu exiſtiren die Moͤglichkeit zu dauern und im Beharrungsſtande zu ſeyn, haben ſoll. Nun hat das, was das uͤbrige erfordert und nach ſich zieht, oder die weſentliche Stuͤcke, den Grund von dem uͤbrigen in ſich, und dieſes ſetzet jenes voraus. Demnach haben wir hier in Abſicht auf die Prioritaͤt der Gruͤn- de allemal einen Anfang, und die Art, wie alles, was dabey willkuͤhrlich ſcheinen kann, wegfalle, ha- ben wir in dem §. 229. gewieſen. §. 475. Es iſt ferner der Satz des zureichenden Grundes, auch wenn er uneingeſchraͤnkt waͤre, von keinem gro- ßen und ſichern Gebrauche, zumal wenn man aus dem Mangel des Grundes auf das Nicht - ſeyn oder Unmoͤglich - ſeyn der Sache ſchließen will, weil man dabey gar leicht verleitet wird, das Nicht - finden mit dem Nicht - daſeyn des Grundes zu verwechſeln. Wo aber wirklich kein Grund iſt, da faͤllt allerdings das Gegruͤndete, als ein correlatum, weg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/99
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/99>, abgerufen am 30.12.2024.