sonders rechnet. Diese Schwierigkeit fand sich bey den ersten Urhebern einer Sprache, in Absicht auf jede Verhältnisse, die sie zu benennen hatten, und zwar nicht um sie nur zu benennen, sondern um an- zuzeigen, wie viel oder wie wenig sie unter dem Na- men verstehen. Die Dinge mußten nicht nur von beyden zugleich und auf einerley Art empfunden wer- den, sondern der, so das Verhältniß, das er bemerkte, anzeigen wollte, mußte so lange Proben machen, bis er merken konnte, der andere stelle sich nun dasselbe auch vor. Ungeachtet aber nun die Sprachen bereits eingeführet sind, so kommt diese Schwierigkeit den- noch noch ganz vor, und sie ist der Hauptgrund, warum die Wörter, welche Verhältnisse anzeigen, in ihrer Bedeutung unbestimmter und veränderlicher sind, weil man leicht die Jndividualien von den Em- pfindungen mit einmengt, und weil nicht jeder das Wort in allen Fällen, wo es vorkömmt, gehört, noch auf die Umstände genau Achtung gegeben hat. Man sehe auch §. 153. 154.
§. 433.
Die Meßkunst giebt uns die Verhältnisse, so dar- inn vorkommen, noch am deutlichsten und bestimm- testen an, weil sie zugleich die Operationen angiebt, wodurch aus den Größen ihr Verhältniß, und hin- wiederum eine Größe aus der andern und dem Ver- hältnisse gefunden werden kann. Sie hat nach Anlei- tung dieser Operationen nur zwo Arten von einfachen Verhältnissen. Die eine zeiget an, um wie viel, die andere wie vielmal eine Größe größer oder klei- ner ist, als die andere. Z. E. 6 ist um 4 größer als 2. Und 6 ist 3mal größer als 2. Aus diesen zwo Arten einfacher Verhältnisse werden unzählige andere
zusammen-
XIV. Hauptſtuͤck.
ſonders rechnet. Dieſe Schwierigkeit fand ſich bey den erſten Urhebern einer Sprache, in Abſicht auf jede Verhaͤltniſſe, die ſie zu benennen hatten, und zwar nicht um ſie nur zu benennen, ſondern um an- zuzeigen, wie viel oder wie wenig ſie unter dem Na- men verſtehen. Die Dinge mußten nicht nur von beyden zugleich und auf einerley Art empfunden wer- den, ſondern der, ſo das Verhaͤltniß, das er bemerkte, anzeigen wollte, mußte ſo lange Proben machen, bis er merken konnte, der andere ſtelle ſich nun daſſelbe auch vor. Ungeachtet aber nun die Sprachen bereits eingefuͤhret ſind, ſo kommt dieſe Schwierigkeit den- noch noch ganz vor, und ſie iſt der Hauptgrund, warum die Woͤrter, welche Verhaͤltniſſe anzeigen, in ihrer Bedeutung unbeſtimmter und veraͤnderlicher ſind, weil man leicht die Jndividualien von den Em- pfindungen mit einmengt, und weil nicht jeder das Wort in allen Faͤllen, wo es vorkoͤmmt, gehoͤrt, noch auf die Umſtaͤnde genau Achtung gegeben hat. Man ſehe auch §. 153. 154.
§. 433.
Die Meßkunſt giebt uns die Verhaͤltniſſe, ſo dar- inn vorkommen, noch am deutlichſten und beſtimm- teſten an, weil ſie zugleich die Operationen angiebt, wodurch aus den Groͤßen ihr Verhaͤltniß, und hin- wiederum eine Groͤße aus der andern und dem Ver- haͤltniſſe gefunden werden kann. Sie hat nach Anlei- tung dieſer Operationen nur zwo Arten von einfachen Verhaͤltniſſen. Die eine zeiget an, um wie viel, die andere wie vielmal eine Groͤße groͤßer oder klei- ner iſt, als die andere. Z. E. 6 iſt um 4 groͤßer als 2. Und 6 iſt 3mal groͤßer als 2. Aus dieſen zwo Arten einfacher Verhaͤltniſſe werden unzaͤhlige andere
zuſammen-
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XIV. Hauptſtuͤck.
ſonders rechnet. Dieſe Schwierigkeit fand ſich bey
den erſten Urhebern einer Sprache, in Abſicht auf
jede Verhaͤltniſſe, die ſie zu benennen hatten, und
zwar nicht um ſie nur zu benennen, ſondern um an-
zuzeigen, wie viel oder wie wenig ſie unter dem Na-
men verſtehen. Die Dinge mußten nicht nur von
beyden zugleich und auf einerley Art empfunden wer-
den, ſondern der, ſo das Verhaͤltniß, das er bemerkte,
anzeigen wollte, mußte ſo lange Proben machen, bis
er merken konnte, der andere ſtelle ſich nun daſſelbe
auch vor. Ungeachtet aber nun die Sprachen bereits
eingefuͤhret ſind, ſo kommt dieſe Schwierigkeit den-
noch noch ganz vor, und ſie iſt der Hauptgrund,
warum die Woͤrter, welche Verhaͤltniſſe anzeigen,
in ihrer Bedeutung unbeſtimmter und veraͤnderlicher
ſind, weil man leicht die Jndividualien von den Em-
pfindungen mit einmengt, und weil nicht jeder das
Wort in allen Faͤllen, wo es vorkoͤmmt, gehoͤrt, noch
auf die Umſtaͤnde genau Achtung gegeben hat. Man
ſehe auch §. 153. 154.
§. 433.
Die Meßkunſt giebt uns die Verhaͤltniſſe, ſo dar-
inn vorkommen, noch am deutlichſten und beſtimm-
teſten an, weil ſie zugleich die Operationen angiebt,
wodurch aus den Groͤßen ihr Verhaͤltniß, und hin-
wiederum eine Groͤße aus der andern und dem Ver-
haͤltniſſe gefunden werden kann. Sie hat nach Anlei-
tung dieſer Operationen nur zwo Arten von einfachen
Verhaͤltniſſen. Die eine zeiget an, um wie viel,
die andere wie vielmal eine Groͤße groͤßer oder klei-
ner iſt, als die andere. Z. E. 6 iſt um 4 groͤßer
als 2. Und 6 iſt 3mal groͤßer als 2. Aus dieſen zwo
Arten einfacher Verhaͤltniſſe werden unzaͤhlige andere
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/66>, abgerufen am 21.02.2025.
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