Unendlichen vorerst angegeben werden, von welchen Arten von Größen die Rede seyn kann. Dieses for- dert, daß man die verschiedene Arten von Größen durchgehe, um zu sehen, in Ansehung, welcher man in Form eines Postulatum setzen kann, daß dabey Quantitates data quauis quantitate maioresgedacht werden können, und wie diese gedacht werden müs- sen. Jch sage gedacht. Denn um ordentlich zu verfahren, kann das, so allenfalls bloß ideal ist, zu- erst vorgenommen werden. Das Reale hat mit dem Begriffe des existiren könnens und des wirklichen Existirens eine Verbindung, die aus eigenen Grün- den erörtert werden muß.
§. 912.
Nach diesem Leitfaden läßt sich nun erstlich Nume- rus quouis dato maiorgedenken. Dieses Postula- tum hat man Eucliden immer eingeräumt. Frey- lich versteht es Euclid nur von Zahlen an sich be- trachtet. Daher entsteht die Frage, von welchen gezählten Dingen es ebenfalls angehe. So fern es nun Dinge giebt, die die einigen in ihrer Art sind, so fern läßt sich weder von vielen, und noch weniger von unendlich vielen reden. Es muß daher entweder bey der Anwendung der Euclidischen Forderung auf bestimmte Arten von Dingen für sich klar seyn, oder bewiesen werden, daß sich ihre Anzahl größer, als jede angebliche Anzahl gedenken lasse.
§. 913.
Hievon habe ich nun bereits oben (§. 122.) eine Anwendung auf die unendliche Anzahl zusammen-
gesetzter
XXXIII. Hauptſtuͤck.
Unendlichen vorerſt angegeben werden, von welchen Arten von Groͤßen die Rede ſeyn kann. Dieſes for- dert, daß man die verſchiedene Arten von Groͤßen durchgehe, um zu ſehen, in Anſehung, welcher man in Form eines Poſtulatum ſetzen kann, daß dabey Quantitates data quauis quantitate maioresgedacht werden koͤnnen, und wie dieſe gedacht werden muͤſ- ſen. Jch ſage gedacht. Denn um ordentlich zu verfahren, kann das, ſo allenfalls bloß ideal iſt, zu- erſt vorgenommen werden. Das Reale hat mit dem Begriffe des exiſtiren koͤnnens und des wirklichen Exiſtirens eine Verbindung, die aus eigenen Gruͤn- den eroͤrtert werden muß.
§. 912.
Nach dieſem Leitfaden laͤßt ſich nun erſtlich Nume- rus quouis dato maiorgedenken. Dieſes Poſtula- tum hat man Eucliden immer eingeraͤumt. Frey- lich verſteht es Euclid nur von Zahlen an ſich be- trachtet. Daher entſteht die Frage, von welchen gezaͤhlten Dingen es ebenfalls angehe. So fern es nun Dinge giebt, die die einigen in ihrer Art ſind, ſo fern laͤßt ſich weder von vielen, und noch weniger von unendlich vielen reden. Es muß daher entweder bey der Anwendung der Euclidiſchen Forderung auf beſtimmte Arten von Dingen fuͤr ſich klar ſeyn, oder bewieſen werden, daß ſich ihre Anzahl groͤßer, als jede angebliche Anzahl gedenken laſſe.
§. 913.
Hievon habe ich nun bereits oben (§. 122.) eine Anwendung auf die unendliche Anzahl zuſammen-
geſetzter
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XXXIII. Hauptſtuͤck.
Unendlichen vorerſt angegeben werden, von welchen
Arten von Groͤßen die Rede ſeyn kann. Dieſes for-
dert, daß man die verſchiedene Arten von Groͤßen
durchgehe, um zu ſehen, in Anſehung, welcher man
in Form eines Poſtulatum ſetzen kann, daß dabey
Quantitates data quauis quantitate maiores gedacht
werden koͤnnen, und wie dieſe gedacht werden muͤſ-
ſen. Jch ſage gedacht. Denn um ordentlich zu
verfahren, kann das, ſo allenfalls bloß ideal iſt, zu-
erſt vorgenommen werden. Das Reale hat mit dem
Begriffe des exiſtiren koͤnnens und des wirklichen
Exiſtirens eine Verbindung, die aus eigenen Gruͤn-
den eroͤrtert werden muß.
§. 912.
Nach dieſem Leitfaden laͤßt ſich nun erſtlich Nume-
rus quouis dato maior gedenken. Dieſes Poſtula-
tum hat man Eucliden immer eingeraͤumt. Frey-
lich verſteht es Euclid nur von Zahlen an ſich be-
trachtet. Daher entſteht die Frage, von welchen
gezaͤhlten Dingen es ebenfalls angehe. So fern es
nun Dinge giebt, die die einigen in ihrer Art ſind,
ſo fern laͤßt ſich weder von vielen, und noch weniger
von unendlich vielen reden. Es muß daher entweder
bey der Anwendung der Euclidiſchen Forderung auf
beſtimmte Arten von Dingen fuͤr ſich klar ſeyn, oder
bewieſen werden, daß ſich ihre Anzahl groͤßer, als
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/560>, abgerufen am 22.02.2025.
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