Anzeige der verschiedenen Arten der Verhältnisse um- ständlicher aufzuklären suchen.
§. 412.
Da sich die Verhältnisse, wie wir erst bemerket haben, immer auf ein denkendes Wesen beziehen, welches die Dinge, zwischen welchen ein Verhältniß vorkömmt, mit einander vergleicht und gegen einan- der hält, so ist unstreitig die erste und unmittelbarste Classe von Verhältnissen diejenige, welche zwischen den Dingen und dem denkenden Wesen selbst vor- kommen, und zwar schlechthin nur so fern es ein den- kendes Wesen ist, folglich so fern es sich die Dinge vorstellet, und so fern diese einen Eindruck auf das- selbe machen. Dieses sind demnach die Verhältnisse zwischen den Begriffen und den Sachen, und damit zugleich auch die Verhältnisse zwischen den Begriffen unter sich betrachtet. Wir können diese Classe von Verhältnissen überhaupt logisch nennen, weil sie vor- nehmlich in der Vernunftlehre betrachtet werden. Die erste Anlage dazu ist die Aehnlichkeit und Verschie- denheit der Begriffe, und so auch der Dinge selbst, weil die Begriffe nichts widersprechendes, sondern Dinge vorstellen sollen, in welchen metaphysische Wahrheit ist. Da wir die meisten Dinge nach dem Eindrucke, und so auch nach der Aehnlichkeit des Ein- druckes benennen, den sie in uns machen (§. 81. und Alethiol. §. 46.) so mengt sich hier das Symbolische in unserer Erkenntniß mit ein, und es kann daher kommen, daß wir durch die Benennungen verleitet werden, etwas als eine in den Dingen selbst vorkom- mende Eigenschaft anzusehen, ungeachtet es eigent- lich nur der Eindruck ist, den sie in uns macht. Dieses Blendwerk des Scheins haben wir in der
Phäno-
XIV. Hauptſtuͤck.
Anzeige der verſchiedenen Arten der Verhaͤltniſſe um- ſtaͤndlicher aufzuklaͤren ſuchen.
§. 412.
Da ſich die Verhaͤltniſſe, wie wir erſt bemerket haben, immer auf ein denkendes Weſen beziehen, welches die Dinge, zwiſchen welchen ein Verhaͤltniß vorkoͤmmt, mit einander vergleicht und gegen einan- der haͤlt, ſo iſt unſtreitig die erſte und unmittelbarſte Claſſe von Verhaͤltniſſen diejenige, welche zwiſchen den Dingen und dem denkenden Weſen ſelbſt vor- kommen, und zwar ſchlechthin nur ſo fern es ein den- kendes Weſen iſt, folglich ſo fern es ſich die Dinge vorſtellet, und ſo fern dieſe einen Eindruck auf daſ- ſelbe machen. Dieſes ſind demnach die Verhaͤltniſſe zwiſchen den Begriffen und den Sachen, und damit zugleich auch die Verhaͤltniſſe zwiſchen den Begriffen unter ſich betrachtet. Wir koͤnnen dieſe Claſſe von Verhaͤltniſſen uͤberhaupt logiſch nennen, weil ſie vor- nehmlich in der Vernunftlehre betrachtet werden. Die erſte Anlage dazu iſt die Aehnlichkeit und Verſchie- denheit der Begriffe, und ſo auch der Dinge ſelbſt, weil die Begriffe nichts widerſprechendes, ſondern Dinge vorſtellen ſollen, in welchen metaphyſiſche Wahrheit iſt. Da wir die meiſten Dinge nach dem Eindrucke, und ſo auch nach der Aehnlichkeit des Ein- druckes benennen, den ſie in uns machen (§. 81. und Alethiol. §. 46.) ſo mengt ſich hier das Symboliſche in unſerer Erkenntniß mit ein, und es kann daher kommen, daß wir durch die Benennungen verleitet werden, etwas als eine in den Dingen ſelbſt vorkom- mende Eigenſchaft anzuſehen, ungeachtet es eigent- lich nur der Eindruck iſt, den ſie in uns macht. Dieſes Blendwerk des Scheins haben wir in der
Phaͤno-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0050"n="42"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XIV.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/>
Anzeige der verſchiedenen Arten der Verhaͤltniſſe um-<lb/>ſtaͤndlicher aufzuklaͤren ſuchen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 412.</head><lb/><p>Da ſich die Verhaͤltniſſe, wie wir erſt bemerket<lb/>
haben, immer auf ein denkendes Weſen beziehen,<lb/>
welches die Dinge, zwiſchen welchen ein Verhaͤltniß<lb/>
vorkoͤmmt, mit einander vergleicht und gegen einan-<lb/>
der haͤlt, ſo iſt unſtreitig die erſte und unmittelbarſte<lb/>
Claſſe von Verhaͤltniſſen diejenige, welche zwiſchen<lb/>
den Dingen und dem denkenden Weſen ſelbſt vor-<lb/>
kommen, und zwar ſchlechthin nur ſo fern es ein den-<lb/>
kendes Weſen iſt, folglich ſo fern es ſich die Dinge<lb/>
vorſtellet, und ſo fern dieſe einen <hirendition="#fr">Eindruck</hi> auf daſ-<lb/>ſelbe machen. Dieſes ſind demnach die Verhaͤltniſſe<lb/>
zwiſchen den Begriffen und den Sachen, und damit<lb/>
zugleich auch die Verhaͤltniſſe zwiſchen den Begriffen<lb/>
unter ſich betrachtet. Wir koͤnnen dieſe Claſſe von<lb/>
Verhaͤltniſſen uͤberhaupt <hirendition="#fr">logiſch</hi> nennen, weil ſie vor-<lb/>
nehmlich in der Vernunftlehre betrachtet werden. Die<lb/>
erſte Anlage dazu iſt die <hirendition="#fr">Aehnlichkeit</hi> und <hirendition="#fr">Verſchie-<lb/>
denheit</hi> der Begriffe, und ſo auch der Dinge ſelbſt,<lb/>
weil die Begriffe nichts widerſprechendes, ſondern<lb/>
Dinge vorſtellen ſollen, in welchen metaphyſiſche<lb/>
Wahrheit iſt. Da wir die meiſten Dinge nach dem<lb/>
Eindrucke, und ſo auch nach der Aehnlichkeit des Ein-<lb/>
druckes benennen, den ſie in uns machen (§. 81. und<lb/>
Alethiol. §. 46.) ſo mengt ſich hier das Symboliſche<lb/>
in unſerer Erkenntniß mit ein, und es kann daher<lb/>
kommen, daß wir durch die Benennungen verleitet<lb/>
werden, etwas als eine in den Dingen ſelbſt vorkom-<lb/>
mende <hirendition="#fr">Eigenſchaft</hi> anzuſehen, ungeachtet es eigent-<lb/>
lich nur der <hirendition="#fr">Eindruck</hi> iſt, den ſie in uns macht.<lb/>
Dieſes Blendwerk des Scheins haben wir in der<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Phaͤno-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[42/0050]
XIV. Hauptſtuͤck.
Anzeige der verſchiedenen Arten der Verhaͤltniſſe um-
ſtaͤndlicher aufzuklaͤren ſuchen.
§. 412.
Da ſich die Verhaͤltniſſe, wie wir erſt bemerket
haben, immer auf ein denkendes Weſen beziehen,
welches die Dinge, zwiſchen welchen ein Verhaͤltniß
vorkoͤmmt, mit einander vergleicht und gegen einan-
der haͤlt, ſo iſt unſtreitig die erſte und unmittelbarſte
Claſſe von Verhaͤltniſſen diejenige, welche zwiſchen
den Dingen und dem denkenden Weſen ſelbſt vor-
kommen, und zwar ſchlechthin nur ſo fern es ein den-
kendes Weſen iſt, folglich ſo fern es ſich die Dinge
vorſtellet, und ſo fern dieſe einen Eindruck auf daſ-
ſelbe machen. Dieſes ſind demnach die Verhaͤltniſſe
zwiſchen den Begriffen und den Sachen, und damit
zugleich auch die Verhaͤltniſſe zwiſchen den Begriffen
unter ſich betrachtet. Wir koͤnnen dieſe Claſſe von
Verhaͤltniſſen uͤberhaupt logiſch nennen, weil ſie vor-
nehmlich in der Vernunftlehre betrachtet werden. Die
erſte Anlage dazu iſt die Aehnlichkeit und Verſchie-
denheit der Begriffe, und ſo auch der Dinge ſelbſt,
weil die Begriffe nichts widerſprechendes, ſondern
Dinge vorſtellen ſollen, in welchen metaphyſiſche
Wahrheit iſt. Da wir die meiſten Dinge nach dem
Eindrucke, und ſo auch nach der Aehnlichkeit des Ein-
druckes benennen, den ſie in uns machen (§. 81. und
Alethiol. §. 46.) ſo mengt ſich hier das Symboliſche
in unſerer Erkenntniß mit ein, und es kann daher
kommen, daß wir durch die Benennungen verleitet
werden, etwas als eine in den Dingen ſelbſt vorkom-
mende Eigenſchaft anzuſehen, ungeachtet es eigent-
lich nur der Eindruck iſt, den ſie in uns macht.
Dieſes Blendwerk des Scheins haben wir in der
Phaͤno-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/50>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.